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Nach der Fed: Sind das noch Märkte?

13.12.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.00 Uhr) bei 1.3097, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.2996 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 83.61. In der Folge notiert EUR-JPY bei109.50, während EUR-CHF bei 1.2125 oszilliert.

Heute morgen drängte sich mir bei der Vorbereitung des Forex Reports der lateinische Ausspruch "Quod licet jovi, non licet bovi" auf - frei übersetzt "Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Rindvieh noch längst nicht erlaubt".

Wir schauen auf die Marktreaktion hinsichtlich der Ankündigungen der Fed, die wir im Anschluss kommentieren:

  • Der Euro schafft mit Mühe und Not einen Anstieg von weniger als einem Cent.
  • Der USD gewinnt aggressiv gegenüber Gold und Silber, den Währungen ohne Fehl und Tadel.


Exkurs:

Gut, bei Gold und Silber sind diejenigen "Player“ (US/UK Finanzaristokratie und Anhängsel), die die Future- und Optionsmärkte oligopolistisch bis monopolistisch (Marktanteile) kontrollieren (Wie konnte das zugelassen werden?), bemüht, zu den Optionsfälligkeiten wenig Eigentümer con Call- oder Longpositionen (Future) glücklich zu machen. Das kennen wir schon seit Jahren.

Für die gestrige Preisbewegung bedarf es jedoch einer aggressiven Ambition und einer denkbaren "besonderen Rückendeckung“. Die Bewegung steht im diametralen Widerspruch zu sachlicher und quantitativer Analyse. Derartige aggressive Aktionen sind auch nicht ansatzweise Ausdruck eines freien Marktes!

Wir sind sehr erstaunt, wie "determiniert“ diese seit Jahren offensichtliche Anomalie von Kontroll-, Aufsichts- als auch Kartellbehörden toleriert wird.Dieses willfährige Verhalten wirft mehr Fragen auf, als dass Fragen beantwortet werden.

Das wäre doch mal ein Thema, dass die EZB und Bundesbank gegenüber den Kollegen in den USA oder UK aufnehmen sollten, denn diese Latenz der Manipulation wirkt sich auf die unterhaltenen Goldreserven bezüglich der Bewertung negativ aus. Mehr noch wird damit ein freier Marktpreis unterbunden und damit Verwerfungen bei den Produzenten als auch den Produzentenländern verursacht, die mittel- und langfristig das anzustrebende Marktgleichgewicht stören.

Ansonsten könnten auch europäische Kontroll- Aufsichts- oder Kartellbehörden aktiv werden, denn sie sind doch der Sache verpflichtet und nicht einem Oligopol mit zum Teil monopolistischen Zügen. Falls das doch der Fall wäre, handelte es sich um ein Kartell wider den freien Markt. Das wollen wir doch nicht wirklich glauben, oder? Ergo, es gibt etwas zu tun!

Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche wirft die Federal Reserve zum Jahreswechsel die Notenpresse an. Zugleich bindet die US-Zentralbank sich in ihrer Zinspolitik an feste Zielmarken für Inflation und Beschäftigung.

Das ist neu. Hier liefert die Zentralbank einen Autopiloten und beraubt sich der Möglichkeit unerwarteter Handelsoptionen. Die Fed erfüllt damitdie Funktion einer Vollkaskoversicherung für den Finanzsektor. Fakt ist, dass sie ja auch im Eigentum des Finanzsektors ist. "Food for thought!“ Wir diskutieren intern den Begriff des Seifenspenders …

Ihren eigenen Prognosen zufolge dürften die Notenbanker um Fed-Chef Ben Bernanke jedenfalls vor 2015 nicht mehr an der Zinsschraube drehen.

So scheint es. Wir fragen uns, was die Märkte und Medien gemacht hätten, wenn die EZB derartige Beschlüsse gefasst hätte. "Quod licet jovi, non licet bovi“.

Wie die US-Notenbank am Mittwoch nach der letzten Sitzung ihres Offenmarktausschusses 2012 mitteilte, wird sie ab Januar monatlich für 45 Milliarden Dollar Staatsanleihen kaufen.

Das sind pro Jahr 540 Mrd. USD oder circa 40% - 50%der US-Neuverschuldung. So lassen sich trefflich politische Preise diktieren. Wir diskutieren intern die Grundpfeiler der freien Märkte im Rahmen des Kapitalismus und ziehen Vergleiche zu Systemen der Unfreiheit.

Zusätzlich setzt sie den im September begonnen Aufkauf bestimmter Immobilienpapiere in einem Volumen von 40 Milliarden Dollar pro Monat fort.

Die Erholung der US-Wohnimmobilienmärkte und der US-Bauwirtschaft sind damit ein nachhaltig subventioniertes Projekt oder anders ausgedrückt sind die Immobilienpreise politisch gefärbt.

Die US-Notenbanker setzen auch konkrete Zielmarken,die sie mit ihrer Geldpolitik anpeilen. So soll der Leitzins, der seit vier Jahren bei 0,00% -0,25% Prozent liegt, so lange nicht steigen, bis die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent sinkt und auf Sicht von ein bis zwei Jahren eine Inflationsrate von höchstens 2,5 Prozent erwartet wird. Erst im Jahr 2015 erwartet der Fed-Chef, dass die Arbeitslosenquote auf Werte zwischen 6,0 und 6,5 Prozent fällt. Er betonte, dass die Zentralbank ernsthafte Fortschritte erkennen müsse, bevor eine Rücknahme der Maßnahmen in Betracht käme: "Wir erwarten, dass wir mit dem Wertpapierkäufen solange weiter machen, bis wir tatsächlich eine substanzielle Aufhellung des Ausblicks für den Arbeitsmarkt erkennen können - und das in einem Umfeld niedriger Inflation."

Hier haben wir die Umschreibung des Autopiloten.

Mit den neu beschlossenen Staatsanleihekäufen ersetzen die Notenbanker ein Ende Dezember auslaufendes Programm - die "Operation Twist". Zusammen mit dem neuen Staatsanleihen-Kaufprogramm über monatlich 45 Milliarden Dollar wird sich die Bilanz der Zentralbank durch beide Maßnahmen zusammen bis Ende 2013 um gut 1 Billion USD auf vier Billionen Dollar aufblähen.

Also Ankaufprogramme im Volumen von 85 Mrd. USD proMonat sind zukünftige Realität in den USA. Die EZB hat während der gesamten Krise lediglich insgesamt 217 Mrd. Euro an Staatsanleihen angekauft (seit Monaten inaktiv) ausGründen der monetären Traktion der EZB-Maßnahmen und wird von Marktteilnehmern ob dieser Tatsache heftig gescholten. Das nehmen wir zur Kenntnis und wir nehmen die EZB umfänglichst inSchutz. Mehr gibt es hier nicht zu sagen.

Finanzielle Repression wird derzeit maßgeblich auf den Sektor Geld- und Kapitalmarktzins thematisiert. Diese Repression umfasst aus anekdotischer Evidenz heraus (z.B. Edelmetalle) wohl weitaus mehr. Anzumerken ist, dass im Bereich Geld-und Kapitalmarkt ein offenes Visier der Zentralbanken gewährleistet ist. Kritisch zu bemerken ist, dass das in allen anderen Fällen im Finanzmarkt jedoch nicht der Fall wäre. Das würfe ordnungspolitische und rechtliche Fragen auf.

Welche Banken hätten einen Vorteil aus denkbaren Interventionen? Was bedeutete das hinsichtlich der Themen Kartell und Konspiration?

Auch hier gilt heute: "Food for thought!“

Wir freuen uns sehr, dass die politische Integration in der Eurozone voran schreitet. Der Bankensektor ist hinsichtlich der Transmissionsfunktionen für die Realwirtschaft ein sensibles Gut. Mithin ist dieser jetzt ermöglichte Integrationsschritt sicher nur einer von noch vielen folgenden Schritten. Er ist aber sehr bedeutend.

Noch besser ist, dass sich unser Finanzminister durchgesetzt hat. Die großen systemrelevanten Banken werden von der EZB begleitet. Hinsichtlich der heterogenen Struktur der Eurozone und selbst Deutschlands ist die vereinbarte Subsidarität der Überwachung in Deutschland als auch in Europa durch die nationalen Zentralbanken sachlich angemessen und Ziel führend für die Erhaltung der regionalen Strukturen. Zentralismus wäre hier mehr als kontraproduktiv.


Hoppla, einen haben wir noch.

Das Treasury Budget der USA lieferte per Berichtsmonat November einen Fehlbetrag in Höhe von -172,11 Mrd. USD nach zuvor -120,0 Mrd. USD perOktober. Die Prognose lag bei -150 Mrd. USD. Im Vorjahr stellte sich dieser Wert auf -137,3Mrd. USD. Wir nehmen die Gleichgültigkeit der Finanzmärkte obdieser Entwicklung zur Kenntnis und erinnern uns an: "Quod licet jovi, non licet bovi".

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Wir verzichten heute aus Zeitgründen auf die Kommentierung der übrigen Konjunkturdaten, die gestern veröffentlicht wurden.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2820 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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