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Hohe Ölpreise beginnen die Nachfrage zu bremsen

29.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis handelt am Morgen bei 125 USD je Barrel, nachdem gestern in der Spitze 126,5 USD je Barrel erreicht wurden. Die Ölpreise dürften im April den achten Monat in Folge gestiegen sein. Das ist der längste Zeitraum seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1983. Es gibt Anzeichen dafür, dass das hohe Preisniveau die Ölnachfrage zu beeinträchtigen beginnt. Gestern hat die US-Energiebehörde EIA die Schätzung für die US-Ölnachfrage im Februar um 3,9% oder 762 Tsd. Barrel pro Tag auf 18,869 Mio. Barrel pro Tag nach unten revidiert. Aus dem bislang vermeldeten Nachfrageanstieg um 4,1% gegenüber dem Vorjahr ist nur noch ein minimales Plus verblieben.

Die Abwärtsrevision ist hauptsächlich auf eine schwächere Benzinnachfrage zurückzuführen, welche um 3,9% niedriger ausfällt als bislang erwartet. Angesichts der mittlerweile auf knapp 4 USD je Gallone gestiegenen Tankstellenpreise dürfte sich die Benzinnachfrage seither kaum nennenswert erholt haben. Diese Entwicklung spricht gegen einen weiteren Ölpreisanstieg. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe in Libyen, den Unruhen im Nahen Osten und der Schwäche des US-Dollar bleibt der Ölpreis allerdings gut unterstützt, so dass wir auch nicht von einem deutlichen Preisrückgang ausgehen. Damit ist erst zu rechnen, wenn die Risikoprämie schwindet.

Aber selbst dann dürfte sich der Ölpreis auf einem höheren Niveau etablieren. Zum einen dürfte die Risikoprämie nach den Ereignissen in den arabischen Ländern nicht vollständig verschwinden. Zum anderen sind die OPEC-Länder auf höhere Ölpreise angewiesen, um die Sozialprogramme zu finanzieren, welche im Zuge der Unruhen in Aussicht gestellt wurden. Die Beratungsfirma PFC Energy schätzt, dass die OPEC in Zukunft ein Preisniveau von 90 USD je Barrel als Untergrenze erachtet, unterhalb derer mit Angebotskürzungen zu rechnen ist.


Edelmetalle

Gold und Silber stehen weiter im Fokus der Marktteilnehmer. Insbesondere Gold profitiert erneut von einem schwachen US-Dollar und markiert heute Morgen bei über 1.540 USD je Feinunze den dritten Tag in Folge ein Rekordhoch. Dass der Anstieg des Goldpreises derzeit zum Großteil durch den US-Dollar getrieben wird, zeigt auch die Entwicklung des Preises in Euro, welcher sich nahezu unverändert bei gut 1.030 EUR je Feinunze bewegt. Zudem verzeichnete der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, in dieser Woche bislang keine Zuflüsse.

Neben dem US-Dollar müssen daher andere Faktoren beim Preisanstieg eine Rolle gespielt haben. So könnte Indien im Vorfeld des wichtigen religiösen Feiertages Akshaya Tritiya am kommenden Freitag mehr Gold nachfragen. An diesem Tag wird wie auch an Diwali im Herbst viel Gold verschenkt. Dies geht in der Regel mit steigenden Goldimporten einher.

Silber stieg gestern zwischenzeitlich über die Marke von 49 USD je Feinunze und handelte damit wieder in der Nähe des Hochs zu Wochenbeginn. Die Gewinne konnten jedoch nicht gehalten werden, so dass das weiße Edelmetall heute Morgen bei gut 48 USD je Feinunze handelt. Es deutet vieles darauf hin, dass sich die Preisrallye bei Silber dem Ende nähert. So haben beispielsweise Anleger in den letzten 3 Tagen knapp 340 Tonnen Silber aus dem iShares Silver Trust abgezogen.


Industriemetalle

Gemäß Erwartungen des chinesischen Eisen- und Stahlverbands schwächt sich die chinesische Stahlnachfrage bis 2015 bedingt durch ein geringeres Wirtschaftswachstum auf jährlich 2,6-4,6% ab. Zwischen 2006 und 2010 betrug das Wachstum der impliziten Stahlnachfrage noch durchschnittlich 17% pro Jahr. Dies erhöht zusätzlich den Druck auf die chinesischen Stahlhersteller, die bereits unter hohen Rohmaterialkosten und Überkapazitäten leiden. Laut Angaben des Verbands summierten sich die lokalen Produktionskapazitäten per Ende letzten Jahres auf 768 Mio. Tonnen.

Selbst bei den täglichen Rekordproduktionsraten von 1,94 Mio. Tonnen (706 Mio. Tonnen annualisiert), die im Januar und Februar erzielt wurden, klafft zur Nachfrage eine große Lücke. Dies könnte sich in den kommenden Monaten in niedrigeren Stahlpreisen niederschlagen. Bereits jetzt schon bieten manche Stahlhersteller in China ihre Produkte unter den Marktpreisen an, um die Nachfrage anzukurbeln.

Die Lage könnte sich etwas "entspannen", sollte es im Sommer zu Stromrationierungen kommen. Der Verband der chinesischen Stromproduzenten hat aufgrund ungenügender Kapazitäten vor Stromkürzungen von bis zu 30 Mio. Kilowatt gewarnt. In einigen Regionen des Landes könnten die Stromrationierungen größer ausfallen und früher einsetzen als im letzten Jahr. Dies könnte wiederum über eine niedrigere lokale Produktion die Preise von Stahl und Metallen unterstützen.


Agrarrohstoffe

Die Sorgen vor Frostschäden in Brasilien haben den Preis für Kaffee-Arabica gestern erstmals seit 14 Jahren über die Marke von 3 USD je Pfund steigen lassen. Gleichzeitig wurde mit knapp 3 USD der höchste Schlussstand seit 34 Jahren erreicht. Wetterprognosen zufolge besteht das Risiko, dass nach dem Ende von La Nina kalte Luftmassen vom Südpol die Kaffeeanbaugebiete in Brasilien erreichen könnten. Die Preisspitzen in den Jahren 1977 und 1997 wurden von Frostperioden ausgelöst. Als dies im Jahr 1994 letztmals der Fall war, gingen in den folgenden drei Jahren 35% der brasilianischen Kaffeeernte verloren. Da das Kaffeeangebot nach einer enttäuschenden Ernte in Kolumbien bereits angespannt ist und in Brasilien ohnehin ein ertragsschwaches Erntejahr bevorsteht, hätten zusätzliche Ernteausfälle schwerwiegende Auswirkungen auf die Marktbilanz und die Kaffeepreise.

Ansonsten sind die Witterungsverhältnisse eigentlich günstig. In den kommenden drei Monaten sind normale bis unterdurchschnittliche Regenfälle vorhergesagt, was sich positiv auf die Ernte auswirken sollte. Kommt es also nicht zu den befürchteten Frostperioden, sollten die Kaffeepreise die letzten Gewinne wieder abgeben. Zudem dürfte auch die Nachfrage auf das höhere Preisniveau reagieren. Zum einen dürfte der Kaffeekonsum eingeschränkt werden, zum anderen könnte auf preiswertere Kaffeesorten wie Robusta umgestiegen werden. Dies kann auch erklären, warum die Robusta-Preise trotz ausreichendem Angebot zuletzt ebenfalls gestiegen sind.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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