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Hoppla, bei Gold geht was … Klartext!

20.05.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.40 Uhr) bei 1.4325, nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4337 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 117.00, während EUR-CHF bei 1.2630 oszilliert.


Fokussieren wir uns heute auf die "de facto" Währung Gold, der Währung ohne Fehl und Tadel.

Keine Leistungsbilanzdefizite, keine Staatsdefizite, keine Arbeitslosigkeit, keine Bilanzierungstricks und keine falsche Politik, sondern nur eine natürliche Knappheit sind die "Hallmarks" dieser Währung, die seit mehr als 5.000 Jahren Bestand hat und immer dann ihre Leistungskraft entfacht, wenn sie in Krisen wirklich gebraucht wird.

Vor diesem Hintergrund ist die Ignoranz vieler Marktteilnehmer in den letzten 10 Jahren der Edelmetallhausse Ausdruck gelebter Arroganz, die dem Anspruch gelebter Partikularinteressen sehr wohl nahekommt. Diese Partikularinteressen sind verbunden mit den Opportunitäten des "Fiat-Währungssystems" (Währungen nur durch Vertrauen gedeckt - Geldmehrung nach Gutsherrenart möglich).

Das Modell "Fiat-Währung" ist mit seiner Begründung Anfang der 70er Jahre (Nixon löste die Goldbindung des USD wegen Schuldenproblematik Vietnamkrieg) noch nicht einmal als pubertär zu bezeichnen. Mehr noch sind die Krisen in der circa 40-jährigen Geschichte dieses Feldversuchs einschneidend und belegen einen wenig disziplinierten Umgang insbesondere seitens der USA seit dem Antritt Alan Greenspans. Die Bundesbank und auch die EZB excludieren wir bei dieser Kritik bewusst.

Schauen wir auf die aktuellen Fakten des Goldmarkts. Greift die immer wieder wiederholte These, dass Spekulanten die Treiber am Goldmarkt sind? Die Goldnachfrage nahm im ersten Quartal 2011 im Jahresvergleich um 11% zu. Die Nachfrage aus China alleine legte im Jahresvergleich um 47% zu. Zentralbanken verdoppelten im Jahresvergleich ihre Käufe auf 129 Tonnen, die höher lagen als alle Gesamtkäufe der ersten drei Quartale 2010 (Quelle: World Gold Council).

Was die smarten Zentralbanken und was China macht, hat nichts mit Spekulation zu tun, sondern ist ein bewusster Diversifikations- und Investmentprozess, der im kausalen Zusammenhang mit dem "Debasement" des USD steht!

China kaufte darüber hinaus die Rohstoffe der Welt billig vom Westen per 2009 in der Krise im "Deleverage-Prozess" auf. Sie kaufen Bonds peripherer Eurostaaten bei Renditen zwischen 6% - 25% von westlichen Investoren, die sich diese Papiere bei 2% - 5% geleistet haben. Sie kaufen griechische Häfen zu Ausverkaufspreisen. Offensichtlich verstehen die Chinesen etwas von Markt, Wirtschaft und dem Kapitalismus.

Wir mögen in London, Frankfurt und New York Nadelstreifen und eine gegeelte Locke tragen und glauben, dass wir smart sind. Die Fakten belegen etwas anderes.

China kauft Gold auf Zentralbankebene und ermutigt die eigene Bevölkerung zu Edelmetallkäufen. Das sollte einige Damen und Herren in Frankfurt, London und New York nachdenklich machen. China hat strategische Assets in Afrika und Südamerika seit mehr als 10 Jahren aufgebaut. Das hat der Westen auch verschlafen und reibt sich aktuell die Augen und regt sich über seltene Erden auf, die weder selten noch Erde sind. Es handelt sich um mannigfaltig vorkommende Oxide. Wir waren einmal mehr zu gierig und haben wegen geringer EK-Rendite unseren Abbau gestoppt. Strategische ökonomische Ziele sind für die Spezialisten in den Finanzzentren offensichtlich wenig wesentlich …

Fakt ist, dass Wirtschaft Marathon ist. Unsere "Spezialisten" aus der Finanzszene in London und New York haben seit Anfang der 90er Jahre sukzessive Bilanzierungsvorschriften auf die Agenda gebracht, die die Unternehmen zu Kurzfristigkeit und damit zum Sprint zwingen. Bezüglich Boni und Aktienoptionen ist das menschlich durchaus verständlich. Es ist auch verständlich, weil die Kurzfristigkeit schnellere Aktivitäten und damit höhere Umsätze im Finanzsektor erzwingt. Was mikroökonomisch für einige Banken der Bankenaristokratie mit hohem Investmentbankanteil und wenig Kreditgeschäft gut ist, muss aber noch lange nicht makroökonomisch Ziel führend sein.

Ergo stehen kurzfristige Ziele latent im Mittelpunkt. Nachhaltige Wirtschaft bedarf jedoch einer Ausrichtung auf langfristige Ziele. Genau dieser Punkt ist unsere westliche Achillesferse.

Den Chinesen und auch anderen Teilnehmern ist dieses Problem sehr wohl bewusst. Diese westliche Ineffizienz ist eine der größten Schwächen, die von der Politik nicht erkannt wird, von der Finanzlobby gepflegt wird und von den Medien ignoriert wird.

Die Phase 2009 -2011 brachte einen gigantischen Vermögenstransfer zu Lasten der Industrieländer und zu Gunsten smart agierender Schwellenländer. Wenn wir im Westen nicht die Bilanzierungsstandards in Richtung Marathon anpassen, verspielen wir den Wohlstand und die Zukunft unserer Kinder. Mehr gibt es hier nicht zu sagen.

Übrigens die Rallye im Gold ist längst nicht vorbei. Wir halten an 1.650 USD pro Unze per Jahresende fest. Es kommt jedoch noch deutlich mehr auf uns zu … Wer den Chinesen in der Strategie der letzten Jahre folgte, hat keine wesentlichen Fehler gemacht, oder?

Die Zahlen aus den USA waren gestern wenig erbaulich:

Positiv stach die Entwicklung der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe per 14.5.2011 hervor. Es kam zu einem Rückgang von zuvor 438.000 (revidiert von 434.000) auf 409.000. Die Prognose lag bei 420.000.

Damit bewegt sich der aktuelle Wert nach dem Ausflug auf 478.000 per 30.April 2011 wieder in einem Fahrwasser, dass soliden Aufbau der Beschäftigung in den USA signalisiert.

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Die weiteren Daten enttäuschten auf voller Linie:

Der Absatz bereits zuvor genutzter Wohnimmobilien sank in der annualisierten Fassung von zuvor 5,09 auf 5,05 Mio. Objekte. Die Prognose lag bei 5,20 Mio. Immobilien. Der Chart offenbart das unverändert prekäre Umsatzbild.

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Die Frühindikatoren sanken unerwartet per Berichtsmonat April um -0,3%. Analysten hatten einen Anstieg um 0,1% unterstellt. Bei dem aktuellen Rückgang bleibt zu berücksichtigen, dass dieser Index neun Monate in Folge zulegte. Ergo macht es keinen Sinn, das konjunkturelle Kind mit dem Bade auszuschütten. Der Chart unterstreicht den Sinn dieser Aussage ….

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Den Abschluss machte der "Philadelphia Fed Business Index" per Berichtsmonat Mai. Hier stellte sich vollkommen überraschend ein Einbruch von zuvor 18,5 auf 3,9 Punkte ein. Marktbeobachter erwarteten einen Anstieg auf 20,0 Zähler. Positiv anzumerken ist, dass ein Wert oberhalb von 0 Wachstum impliziert. Der Dynamikverlust ist jedoch auf ersten Blick beachtlich.

Der zweite Blick auf die Subindices lieferte jedoch ein entspannteres Bild. Ja, der Auftragsindex brach heftig von 18,8 auf 5,4 Zähler ein. Der Beschäftigungsindex legte jedoch von 12,3 auf 22,1 Punkte zu. Auch der Index, der Aussagen über Investitionspläne gibt, verbesserte sich von 20,0 auf 23,1 Punkte.

Ergo nehmen wir diesen Geräusch des "Headline Index" zur Kenntnis, mehr nicht …

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.4420-50 verändert die Situation.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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