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Kurzes Durchatmen an den Märkten

16.12.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Dass sich der Brentölpreis gestern deutlich besser als WTI behaupten konnte, war dem bevorstehenden Kontraktwechsel und dem dementsprechend niedrigen Handelsvolumen geschuldet. Heute hat sich die Preisdifferenz zwischen den beiden wichtigsten Benchmarks wieder auf rund 10 USD je Barrel angenähert. In den kommenden Tagen könnte sie sich erneut kurzfristig ausweiten. Die bevorstehende Neugewichtung des Dow Jones-UBS Indexes dürfte dies begünstigen. Demnach verliert WTI ab Januar 2012 über 40% an Gewicht (von 17% gegenwärtig auf 9,7%), während Brentöl erstmals mit einer Gewichtung von 5,3% aufgenommen wird.

Laut dem Beratungsunternehmen Oil Movements werden die OPEC-Länder nach einem deutlichen Anstieg der Exporte im November ihre Lieferungen in den vier Wochen bis Ende Dezember um weitere 0,6% auf 23,65 Mio. Barrel täglich ausweiten. Die Verfügbarkeit von Rohöl bleibt also gut. Nachdem der US-Senat und Korea weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran beschlossen haben, kommt es nun darauf an, ob die EU ein Verbot für iranische Ölimporte verhängt. Dies könnte die Versorgungssituation bei den Ölraffinerien in den südeuropäischen Ländern verschlechtern.

Noch scheint aber der europäische Markt mit Ölprodukten gut versorgt - die Gasöllagerbestände in Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen sind laut PJK zuletzt wieder um knapp 1% auf über 2 Mio. Tonnen gestiegen - im Gegensatz zu China, wo sich die Dieselknappheit trotz der Produktionsausweitung und der geringeren Exporte offensichtlich immer noch nicht aufgelöst hat. Die starke Nachfrage Chinas ist einer der wichtigsten fundamentalen Unterstützungsfaktoren für den Ölpreis zurzeit.


Edelmetalle

Zum ersten Mal seit Ende September kam es bei den Gold-ETFs zu nennenswerten Abflüssen. Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete gestern einen Abbau seiner Bestände von 15 Tonnen. Bislang zeigten sich die ETF-Anleger, die als mittel- bis langfristig orientiert gelten, vom starken Preisverfall von Gold unbeeindruckt und hatten sogar weiter stetig in Gold-ETFs investiert. Wir denken nicht, dass der gestern ersichtliche Abfluss den Beginn einer Verkaufswelle darstellt. Vielmehr erachten wir das aktuell niedrige Preisniveau als attraktive Kaufgelegenheit und gehen mittel- bis langfristig von steigenden Goldpreisen aus.

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Die sonst eher volatilen Silber-ETFs zeigen sich in den letzten Wochen und Monaten ebenfalls relativ robust. Die Bestände der von Bloomberg erfassten Silber-ETFs liegen aktuell nur rund 30 Tonnen unter dem Niveau von Mitte September, als der Silberpreis zum ersten Mal in den letzten Monaten stark abgerutscht war. Ähnlich wie bei Gold dürften daher auch bei Silber die Finanzinvestoren am Futures-Markt einen wesentlichen Einfluss auf den Preis gehabt haben. Die neue CFTC-Statistik, die heute Abend nach Handelsschluss veröffentlicht wird, dürfte hier mehr Licht ins Dunkel bringen. In der Woche zum 6. Dezember lagen die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger an der COMEX lediglich bei 11,4 Tsd. Kontrakten.


Industriemetalle

Gemäß Daten der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) befand sich der globale Zinkmarkt in den ersten zehn Monaten des Jahres mit 308 Tsd. Tonnen im Angebotsüberschuss. Am Bleimarkt übertraf das Angebot die Nachfrage im selben Zeitraum um 159 Tsd. Tonnen. In beiden Fällen wurden die Überschüsse im Vergleich zum Vorjahr deutlich ausgeweitet. Sowohl bei Zink als auch bei Blei stieg zwar die Nachfrage, diese wurde aber durch einen jeweils noch stärkeren Anstieg des Angebots überkompensiert. Ein ähnliches Bild zeichnet das World Bureau of Metal Statistics (WBMS) in seiner gestern veröffentlichten Monatsstatistik. Demnach wies der Zinkmarkt von Januar bis Oktober sogar einen Angebotsüberschuss von 500 Tsd. Tonnen auf. Der Überschuss am Bleimarkt wird mit 51,4 Tsd. Tonnen hingegen etwas niedriger beziffert.

Laut Einschätzung der ILZSG dürften die hohen Angebotsüberschüsse bald schon der Vergangenheit angehören. Vor allem bedingt durch die Schließung von erschöpften Minen und veralteten Produktionsanlagen soll es im nächsten Jahr zu einem niedrigeren Überschuss von 135 Tsd. Tonnen (Zink) bzw. 97 Tsd. Tonnen (Blei) kommen. Dies dürfte eine Erholung der Zink- und Bleipreise begünstigen. Im Zuge des Preisverfalls war Zink gestern auf ein 2-Monatstief von 1.832 USD und Blei auf ein 3-Wochentief von 1.970 USD je Tonne gefallen.


Agrarrohstoffe

Der Baumwollpreis an der NYBOT ist auf den tiefsten Stand seit August 2010 gefallen. Zwischen August 2010 und März 2011 hatten sich die Baumwollpreise wegen einer starken Nachfrage und einer unzureichenden Produktion fast verdreifacht. Ausschlaggebend für den Anstieg war der starke Importsog Chinas, hat doch China in den ersten elf Monaten des Jahres seine Exporte für Textilwaren und Kleidung um über 21% auf einen Rekordwert von 226,15 Mrd. USD ausgeweitet. Wir gehen davon aus, dass bei den jetzigen Preisen die Anbauflächen für Baumwolle in den wichtigsten Produzentenländern wie China und den USA zurückgehen werden.

Beijing Cotton Outlook, der in Zusammenarbeit zwischen Cotlook, dem Chinesischen Baumwollverband und der Baumwollbörse erstellt wird, erwartet, dass die Anbaufläche für Baumwolle in China in 2012 um 10,5% reduziert wird. Den Baumwollpreis dürfte die Kombination aus einer starken Nachfrage und geringerer Produktion unterstützen.

Die schlechten Kaffeeernten in Kolumbien, dem weltweit zweitgrößten Exporteur für den qualitativ hochwertigen Arabica-Kaffee, waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich die Arabica-Preise zwischen Anfang 2009 und Mai dieses Jahres auf über 3 USD je Pfund verdreifacht haben. Deshalb dürften die anhaltenden Ernteprobleme in Kolumbien in diesem Jahr den jüngsten starken Rückgang der Kaffeepreise an der NYBOT bremsen. Die Kaffeeernte in Kolumbien ist im November zum achten Mal in Folge um 13,7% im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Dennoch ist der Arabica-Preis auf ein 12-Monatstief bei 2,13 USD je Pfund gefallen und hat sich damit seit Anfang September um mehr als ein Viertel verbilligt.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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