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Woher stammt die extrem gestiegene Bilanzaufblähung bei der Bundesbank per 31.12.2010?

21.06.2011  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Aus der immens gestiegenen Verrechnungsposition ("Target-2") und aus der Tatsache, dass der deutsche Anteil an der Beteiligung an den Stützungs-Maßnahmen innerhalb der EU etwa 27% ausmacht, könnte damit die Erklärung für den Anstieg dieser Bilanzpositionen geliefert werden.

Eine Frage wäre noch zu klären und die ergibt sich aus meinen recht bescheidenen Buchführungskenntnissen. Nun wäre vorauszuschicken, dass ich mich mit diesem Fach in den Jahren zwischen 1960 und 1964 beschäftigen durfte und - wenn man nicht wie es schon bei der amerikanischen FED üblich ist, neue Buchführungs-Gimmicks entwickelt hat – man die Frage nach der Gegenbuchung stellen sollte. Wenn also die "Verteilung" solcher Kredite tatsächlich erfolgt ist (wie sonst sollte denn die Erhöhung der Verrechnungspositionen zustande kommen?), dann müsste es gemäß den von Fra Luca Pacioli - dem "Erfinder der doppelten Buchführung" - definierten Gesetzmäßigkeiten auf der anderen Seite der Bilanz ja eine ebenso große Veränderung gegeben haben. Die Erhöhung der "Target-2-Positionen auf diese unvorstellbare Größe muss ja dann in der Bilanz der Bundesbank zu einer Ausgleichsforderung gegen die EZB führen.

Hier zitiere ich die Pressenotiz der Bundesbank vom 29.01.201 "Hieraus (gemeint sind Aktionen aus dem Programm "target-2") entsteht jedoch kein eigenständiges Risiko über dasjenige der geldpolitischen Refinanzierungsgeschäfte hinaus. Unabhängig davon, bei welcher nationalen Zentralbank eine Eurosystem-Refinanzierungsgeschäft getätigt wird, sind die damit verbundenen Risiken immer vom Eurosystem als Ganzes zu tragen. Die einzelne nationale Zentralbank ist daran immer risiko- und ertragsmäßig nach dem Kapitalschlüssel der EZB beteiligt. Folgerichtig werden die nationalen "Target-2-Salden deshalb auch als Forderungen gegenüber der EZB verbucht. Ein Verlustfall tritt im Übrigen nur dann ein, wenn ein Geschäftspartner des Eurosystems ausfällt und die von ihm hinterlegten Sicherheiten bei ihrer Verwertung trotz der vom Eurosystem angewandten Risikokontrollmaßnahmen nicht den vollen Wert der damit abgesicherten Refinanzierungsgeschäfte einbringen".

Meine Frage lautet: Wer hat denn die Kreditwürdigkeit der Garantin EZB geprüft und wer weiß genau, welche anderen "Target-2-Zahlungen" alle anderen Notenbanken herausgelegt haben?

Nun kommt aber die alles entscheidende Frage: Wie hoch hat die EZB oder noch wichtiger haben die "nationalen Zentralbanken") die oben beschriebenen als Sicherheit eingelieferten Anleihen bewertet und hat die EZB diese Sicherheiten formgerecht an die übernehmenden Notenbanken abgetreten? Und: Was sind diese Sicherheiten wirklich am Markt wert? Hat sie den gleichen Maßstab angewendet, der bei uns wie für private Kreditnehmer angewendet wird, also eine Beleihung von bis zu 75% des Nennwertes bei bonitätsmäßig guten Staatsanleihen und zu 20 bis 30% bei Asset Backed Securities oder "unter uns/Brüdern" – also unter Notenbanken eine höhere Bewertung vorgenommen? Ich gehe mindestens von einer realen Ausfallquote von 25% bis 33% bei den von der EZB verauslagten Positionen aus. Auch hierzu liefert der Bericht des englischen Think Tanks ausreichende Informationen. Daher ist die Lektüre dieses Berichts ein absolutes Muss.

Ich gehe einen Schritt weiter. Glaubt wirklich irgendjemand, der die Verhaltensmuster der Zentralbanken (ausgenommen Austria, Finnland, Niederlande und Bundesbank) kennt, wirklich an eine Bewertung mit der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn sich ein "nationaler Refinanzierungspartner" an seine "nationale Zentralbank" wendet? Wenn schon auf höchster Ebene beim Eintritt in die Euro-Zone getrickst wurde auf "Teufelkommraus", werden dann die Akteure bei Notsituationen von nationalen Banken Hemmungen haben, bei der Bewertung der Sicherheiten zu schludern? Ich glaube nicht, denn es gibt ja den Risikoausgleich durch die anderen Mitgliedsnotenbanken, hinter denen man sich verstecken kann.

Für mich ist dies noch viel schlimmer, es gleicht der Konzeption der US-Aktivitäten wie ABS, ReMix und ReReMix-Titeln. Zum Schluss weiß keiner mehr, wer gegen welche Sicherheiten was ausgereicht hat und wer dann die rechtliche und auch die faktische Chance hat, aus der Asche die noch eventuell werthaltigen Sicherheiten zu seinen Gunsten herausnehmen zu können.

Wenn man die Kette der Konsequenzen weiter verfolgt, dann drängen sich weitere wichtige Fragen auf z.B. was passiert, wenn einige Partner aus dem Eurosystem ausscheiden sollten, weil sie nun ja illiquide oder bankrott sind (das ist ja denkbar)? Die Folge ist klar: Die anderen müssen dann die Garantieansprüche unter sich ausmachen. Die Physik hilft uns bei der Bewertung dieser Konsequenzen weiter: Druck ist Gewicht pro Fläche; wenn sich also die Basis der Garantiegeber verringert, das Gewicht/die Menge der ReFi-Geschäfte aber nahezu unverändert bleibt, dann erhöht sich der Druck auf die Verbleibenden in überquadratischer Weise. Wer wird wohl übrigbleiben? Richtig, die Bundesbank.




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