Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Woher stammt die extrem gestiegene Bilanzaufblähung bei der Bundesbank per 31.12.2010?

21.06.2011  |  Dr. Dietmar Siebholz
- Seite 3 -
Noch schlimmer ist der Gedanke daran, was passiert, wenn das ganze Eurosystem kollabiert? Die Antwort ist einfach: Es gibt dann keinen übergeordneten Garanten mehr und jede "nationale Notenbank" hat sich dann mit den Risiken aus seiner ureigenen Position nach dem "Target-2-Programm" auseinanderzusetzen. Ich vermute einmal schlicht, dass unter den aktuell 335 Mrd € sicherlich nicht nur "Refinanzierungsgeschäfte" deutscher Institute befinden, sondern auch von anderen im Eurosystem beheimateten. Eine Statistik darüber habe ich nicht gefunden und ich bin sicher, die werde ich auch nicht finden können. Denn dann würde uns klar werden, dass wir wieder einmal "das Bummerl" (wie es unsere österreichischen Nachbarn so schön zum ‚Ausdruck bringen) halten. Wir Deutschen nennen das Spiel "der schwarze Peter".

In diesem Falle hätte die Bundesbank - sagen wir einmal zum Beispiel - einem italienischen Bankhaus gegen die von dem angebotenen Sicherheiten (und das unter Beachtung der "Ausbietungsgarantie" der EZB sicherlich etwas großzügiger) Liquiditätshilfe geleistet, also der nationalen italienischen Notenbank das Risiko genommen und darf dann für die Ausfälle selbst zu 100% haften.

Wenn wir diese kritische Betrachtung zu Ende bringen, dann müssen wir auch die Problematik bis zum bitteren Ende durchdenken. In der Pressenotiz der Bundesbank wird darauf verwiesen, dass die Risiken und die Erträge der ReFi-Geschäfte nach dem "Target-2-Programm" auf alle Notenbanken nach deren Anteilsschlüssel verteilt werden. Das könnte dazu führen, dass die positiv abgewickelten Geschäfte nach eben diesem Schlüssel verteilt werden, aber dann bei einem Scheitern der EZB die Rückerstattungsansprüche in den Wind geschrieben werden können. Ich selbst habe dies einmal völlig erstaunt bei einem Immobilienfonds bei einem Partner erleben/erdulden müssen, der einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung hatte, aber seine eigenen Verpflichtungen nicht erfüllen konnte. Wir andern Partner mussten die Gewinnbeteiligung voll leisten, aber unsere Ansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Bei einer Quote von 10% verloren wir daher die 90%. Eine Aufrechnung war nicht möglich. Dieses Risiko sehe ich hier auch und das überdeutlich.

Mir hat es damals schon genügt, dass der vorausschauende Herr Kohl die Verteilung des Gewinns der EZB nach Köpfen der Bevölkerung der beteiligten Länder aushandelte, was eine Umverteilung in Milliardenhöhe darstellte. Wo bitte werden Gewinne nach den Köpfen der Mitarbeiter (=Einwohner) verteilt und nicht nach der Höhe des vom Instituts erwirtschafteten Ergebnisses - also für Deutschland auf der Basis des auf DM lautenden Bilanzvolumens?

Ich bin sicher, dass es keine formalen Abtretungen der Sicherungshinterlegungen bei der EZB an die Bundesbank gibt. Wenn die EZB total ausfallen sollte, dann stellt sich für unsere Interessenvertretung die Frage, wie der Anspruch auf Verwertung der Sicherheiten für "Target-2-Transaktionen" formal belegt werden kann und wenn nur noch wenige nationale Notenbanken übrig bleiben, dann garantieren wir dann nach den neuen Schlüsseln den verbliebenen und uns die Ausfälle.

Nur so nebenbei: Der englische "Telegraph" wirft uns ja in einer Kolumne aus der letzten Woche vor, wir wären die wahrlich Schuldigen am EURO-Debakel und nur ein Austritt aus dem EURO würde diesen Fehler, mit dem wir die anderen gängeln, rückgängig machen. Dem stimme ich zu. "So schnell wie möglich raus aus diesem Augiasstall" wäre meine Devise. Aber so werden unsere Volksvertreter noch eine Weile die Leidensfähigkeit und die Geduld ihrer Wähler testen, zum Wohle Europas.

Sie sehen allen schon aus diesen Gründen, dass der Ausdruck "Bad Bank" eher schon in den Bereich der Verniedlichung gehört und jeder Partner in diesem Konzept sich darüber im Klaren sein muss, dass seine Rechtsposition mit den bei den Lottoanstalten üblichen Einreden "ohne jede Gewähr" zu betrachten ist.

Für mich wäre es jetzt die wichtigste Forderung, zu erfahren, welche Institute welche ReFi-Geschäfte mit der Bundesbank geschlossen haben, und dies lediglich verteilt auf die Herkunftsländer der Institute. Dann werden wir wissen, ob wir nicht nur die deutschen, sondern auch die Bankrisiken aus anderen Ländern tragen dürfen. Was dann das Ende des Eurosystems für uns angeht, bleibt einem mit Galgenhumor nur noch Wilhelm Busch ("Max und Moritz"): "Doch wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe…"

Uns Bürgern kann das nun fast schon gleich sein. Ob nun das Vermögen der Bundesbank dahin ist und wegen der wohl unvermeidlichen Verluste aus diesen Transaktionen als verloren anzusehen sein dürfte oder ob wir qua Eigenkapitalerhöhung bei der EZB deren Überleben verlängern und dazuzahlen dürfen, damit nochmals andere Länder und auch die Banken vorübergehend saniert werden können, dürfte für uns unerheblich sein. Und angesichts des geschätzten Verlust- und Abschreibungsvolumens ändert auch eine positivere Einschätzung eventuell noch verwertbarer Forderungen nicht viel, es sei denn, man verfährt wie in den USA, wo dann die Schrottanleihen in einem neuen Mantel verpackt und wieder umstrukturiert (ReReMix-Bonds) werden. Aber mit Verlaub, gültig bleibt die Regel „Schrott bleibt Schrott“. Nur muss man dafür dann einen funktionsfähigen Markt und Käufer herbeischaffen und das sehe ich für sehr problematisch an. Schrott bleibt eben Schrott, auch mit neuem Etikett, alles andere ist Verpackungsschwindel.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"