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Fokus weiter auf Athen - "so far, so good!"

30.06.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (06.30 Uhr) gegenüber dem USD bei 1.4510, nachdem Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden im asiatischen Geschäft bei 1.4518 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 80.40. In der Folge stellt sich EUR-JPY auf 116.65, während EUR-CHF bei 1.2055 oszilliert.

Die erste Abstimmung über das Reformpaket im griechischen Parlament hat die Regierung mit einer Mehrheit von 155 gegen 138 Stimmen gemeistert.

Das war gestern die gute Nachricht bezüglich der potentiellen Probleme eines ansonsten akuten Staatsbankrotts mit dramatischen Folgen für die griechische Wirtschaft und Bevölkerung, mit massivsten Ansteckungseffekten in die Eurozone, mit systemischen Risiken für das Finanzsystem und einer Ausbremsung der globalen Wachstumskräfte.

Die von uns hier seit Monaten vertretene Position, dass eine Pleite Griechenlands problematischer wäre, als die Lehmann Pleite 2008, ist heute weitgehend unwidersprochen. Selbst Herr Ackermann schloss sich gestern dieser Sichtweise an.

Die schlechte Nachricht war die Unruhe, die gestern um das griechische Parlament äußerst ausgeprägt und vor allen Dingen anhaltender als in der Vergangenheit war.

Die gute Nachricht war wiederum, dass diese Unruhe nur an diesem Platz in Griechenland anzutreffen war. Wenn man dann bedenkt, dass alle TV-Medien mit diesen Bildern gespickt waren, dann könnte rein theoretisch bei den Zuschauern ein falscher Eindruck entstehen. Um so mehr erfreute es, im gestrigen "heute journal" genau diese Tatsache sachlich präsentiert zu bekommen. Ergo steht Griechenland nicht vor dem "Sturm auf die Bastille".

Heute steht die zweite Abstimmung an. Erst dann ist dieses politische Risiko für Griechenland und die Weltgemeinschaft gebannt.

In der Frage des zweiten Reformpakets ist bezüglich der Beteiligung privater Gläubiger Bewegung gekommen. Die bisher geführten Gespräche und Verlautbarungen implizieren, dass es zu einer Beteiligung kommt.

Die Spezifikationen sind nicht vollständig geklärt. Das französische Modell gibt die Richtung vor. Die privaten Gläubiger bemühen sich um eine verdeckte 100% Vollkaskohaftung der öffentlichen Hand, die nicht auf ersten Blick erkennbar ist, sondern über die Besicherung auf die Beine gestellt werden soll. Die Politik wehrt sich aus guten Gründen dagegen. Am Ende wird es einen Kompromiss geben.

Die Ratingagenturen beginnen, sich in der Frage der Bewertung der USA reagibler zu zeigen. Dabei prescht insbesondere S&P vor. S&P hat angekündigt, die Einstufung der Bonität der USA für den Fall, dass das Schuldenlimit nicht angehoben wird, von bisher AAA auf die niedrigste Stufe D zu setzen. Das ist Klartext und sachlich verantwortlich.

Moody’s ziert sich ein wenig. Offensichtlich ist ein möglicher Zahlungsausfall Griechenlands für Moody’s trotz Abschirmung klar ein Grund für übelste Ratings, ein realer Zahlungsausfall der USA würde anders begleitet. Moody’s will für diesen Fall die bisherige Einstufung um bis zu drei Stufen von dem bisherigen Toplevel zurücknehmen.

Fakt ist, dass die Budgetthematik belegt, dass die USA ihre Reformhausaufgaben noch nicht einmal angepackt haben. Was für ein grandioser Unterschied zu der Eurozone, die hier seit November 2009 nachhaltig unterwegs ist.

Auch dieser Aspekt, der zuletzt nicht im Fokus stand, wird in den kommenden Monaten aller Voraussicht nach mehr Beachtung finden und sich grundsätzlich belastend auf den USD auswirken.

Der "Economic Sentiment" Index der Eurozone sank per Juni von zuvor 105,5 auf 105,1 Punkte. Die Konsensusprognose war bei 105,0 Zählern angesiedelt. Seit vier Monaten ergibt sich hier ausgehend von 108 Punkten ein leichter Rückgang. Im Hinblick auf die Belastungen, die in dieser Phase im Raum standen, ob Nordafrika, Fukushima oder die Defizitkrise, muss dieses Niveau als mindestens widerstandsfähig definiert werden. Das Glas ist aus unserer Sichtweise halbvoll.

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In den USA kam es bei den anhängigen Hausverkäufen per Berichtsmonat Mai zu einer positiven Entwicklung. Der Index legte im Mai um 8,2% zu. Mehr noch wurde der Vormonatswert von 81,9 auf 82,1 revidiert.

Der Blick auf den Jahresvergleich ist ermutigend. Hier liegt der Anstieg bei augenfälligen +13,4% nach zuvor -26,4% per Berichtsmonat Mai. Bei dieser Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass im Mai 2010 die aggressive Steuerbegünstigung auslief und damit im Jahresvergleich aktuell "Brüche" zu berücksichtigen sind. Nach dem Auslaufen der Subvention kam es zu einem Einbruch im Absatz. Ergo ist bei der Interpretation der Jahresvergleichsraten derzeit Vorsicht geboten. Auch der Blick auf den Chart offenbart, dass von einer Trendwende nicht gesprochen werden kann. Stabilisierung auf mäßigem Niveau ist der angemessene Begriff.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.4050 - 80 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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