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Bernanke erwägt QE3 - Moody’s sendet Warnschüsschen an die USA - Fitch ist auch aktiv

14.07.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4210 (07.30 Uhr), nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4282 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 111.75, während EUR-CHF bei 1.1535 oszilliert.

Der JPY steht unter hohem Aufwärtsdruck. Gegenüber dem USD wurden Tiefstwerte bei 78,47 markiert. Das ruft das politische Establishment in Tokio auf den Plan. Finanzminister Noda betonte, dass die jüngste Befestigung des JPY mit Fundamentaldaten nicht ansatzweise im Einklang stehe. Es wäre problematisch, wenn dieser Trend anhalten würde. Diese Einlassung ist eine unmissverständliche Interventionswarnung.

Die Einlassungen von Herrn Bernanke vor dem US-Repräsentantenhaus setzten den USD nachhaltig unter Druck und führten in der Parität EUR-USD zum Überwinden des wesentlichen Widerstands bei 1.4200 - 30. Ben Bernanke sagte gestern, dass die US-Zentralbank vorbereitet sei, sofern die Wirtschaft weitere Unterstützung benötige (QE3). Die Federal Reserve müsse sich alle Optionen offen halten. Das impliziert einerseits eine unterschiedliche Grundausrichtung im Vergleich zur EZB, die vergleichsweise einen Stabilitätskurs steuert. Dieser qualitative, aber auch quantitative Unterschied in der Zentralbankpolitik zwischen den USA und der Eurozone sagt andererseits auch etwas über die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Lage aus.

Die Qualität des Wachstums der Eurozone inklusive der Belastungen durch die Reformländer ist schlicht weg und ergreifend erheblich höher als in den USA. Das hat schlussendlich auch etwas mit der Komposition der Gesamtwirtschaft zu tun. Die Struktur der US-Wirtschaft ist eines der Kernprobleme, das von der Politik noch nicht einmal erkannt wird und nicht ansatzweise adressiert ist. Langfristig stellt dieses Problem eine der größten Schwächen der USA und damit des USD dar. Mehr noch, es ist ein Problem nicht nur der USA, sondern es ist bezüglich der Rolle der USA und des USD ein Problem der Weltwirtschaft und des globalen Finanzsystems.

Den Kontrapunkt zu Herrn Bernanke setzte Herr Fisher von der Fed. Er reüssiert als Falke in der Taubenschar. Dieser Kontrapunkt ist politisch wichtig, um die mediale Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. Fisher (Fed) sagte, dass sich die Gesamtsituation verschlechtern würde, wenn die Fed einfach nur mehr Geld drucke. Es gäbe Grenzen bezüglich dessen, was die US-Zentralbank leisten könne. Da hat er recht. Ist diese Position jedoch mehrheitsfähig? Fisher erwartet per 2. Jahreshälfte Wachstum der US-Wirtschaft zwischen 3%- 4%. Das schließen wir für den Fall nicht aus, als dass die Integrität der Eurozone nicht durch kurzsichtige Politik halbherziger Schritte aufs Spiel gesetzt wird. Er würde der Erste sein, der sich für eine verschärfte Zentralbankpolitik einsetzte, wenn sich Inflationserwartungen verstärken würden. Na, dann hätte er aber schon aktiv werden müssen. So viel zu Herrn Fisher. "Food for thought!"

Die Ratingagentur Moody’s hat das Rating der USA unter Beobachtung gestellt für eine mögliche Herabstufung bezüglich der Problematik um die Erhöhung des verfassungskonformen Schuldenlimits. In Aussicht stünde eine Verschlechterung von Aaa auf Aa. Hoppla für einen "Default" ist das ja mal eine richtige Hausnummer. Von der Bestnote hin zu einem doppelten AA, also besser als Italien mit nur AA-. Wir sind schlicht weg und ergreifend tief beeindruckt. Doppelte Standards sind schon richtig klasse. Mehr ist hier nicht zu sagen, außer das diese Einlassung von Moody’s für den USD nicht hilfreich war.

Dann war da auch nocht Fitch. Erst einmal wollen wir Fitch für die Einwertung Italiens loben. Offensichtlich zählen für diese Agentur auch noch Fakten. Die Ratingagentur Fitch sagte, dass Italiens fiskalische Ziele in Übereinstimmung mit dem aktuellen AA- Rating stünden. Das sehen wir auch so. Dank an Fitch!

Die Ratingagentur Fitch hat die Bewertung Griechenlands von bisher B+ auf CCC herabgestuft und folgt damit den Bewertungen von Moody’s und S&P. Hintergründe dieser Maßnahme sind laut Fitch, dass das zweite Rettungspaket nicht klar sei. Die konjunkturelle Lage in Griechenland hätte sich verschlechtert und die Frage der Beteiligung des privaten Sektors sei nach wie vor unklar. Hinsichtlich der Tatsache, dass alle Optionen laut Schäuble und Co. aktuell auf dem Tisch sind, ist die Haltung von Fitch vertretbar.

Fitch befürwortet mehr finanzielle Unterstützung über die bisherige Abschirmung per 2013 hinaus. Ja, das macht Sinn. Dieses epochale Reformwerk braucht Zeit, um die notwendige Traktion zu gewinnen und nicht alle drei Monate Gezeter am Finanzmarkt, das ultimativ Kapitalabflüsse forciert und Zuflüsse verhindert! Insgesamt hebt sich Fitch gegenüber Moody’s und S&P zumindest aktuell leicht ab. Das freut uns sehr.

Die Industrieproduktion der Eurozone konnte die Erwartungen des Marktes per Berichtsmonat Mai nicht erfüllen. Es kam zu einem Anstieg um lediglich 0,1%. Erwartet war eine Zunahme um 0,5%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 4,0% nach zuvor 5,2% ein. Der Rückgang des Anstiegs im Jahresvergleich hat maßgeblich mit Basiseffekten zu tun.

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Die US-Importpreise sind per Juni im Monatsvergleich um -0,5% gesunken (Prognose -0,6%). Der Vormonatswert wurde von +0,2% auf +0,1% revidiert. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 13,6% nach zuvor 12,8%. Exportpreise verzeichneten per Juni einen Anstieg um 0,1% (Prognose 0,2%). Im Jahresvergleich setzte sich dieses Ergebnis in eine Zunahme um 9,9% nach zuvor 9,0% um. Es stellt sich die Frage, in wie weit diese Preisentwicklungen zu einer quasi Nullzinspolitik der Fed und verankerten Inflationserwartungen in der Bevölkerung passen?

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Das US-Federal Budget, Teilmenge der öffentlichen Verschuldung, lieferte per Juni ein Defizit in Höhe von 43,1 Mrd. USD (Prognose 65,0 Mrd. USD). Gegenüber dem Vorjahr (68,4 Mrd. USD) ist das eine Reduktion um 37%.

In den ersten neun Monaten des laufenden Fiskaljahres fällt das Defizit um 3% geringer als im Vorjahr aus. In wie weit die aktuell angewendeten Bilanzierungstricks "griechischer Art" für diese positive Überraschung per Juni verantwortlich sind, sei aktuell dahin gestellt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass nach dem deutlichen Überwinden des Widerstandsfeld bei 1.4200 - 30 den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse per 12.7. bei 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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