IWF liefert Klartext - USA nähern sich Kompromiss - China mit Fiskalpower!
20.07.2011 | Folker Hellmeyer
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Wir nähern uns dem kritischen Zeitpunkt für die politische Entscheidung seitens der europäischen Regierungen über das Wohl und die Zukunftsfähigkeit der Eurozone, für das Wohl der deutschen Wirtschaft, für das Wachstum des deutschen Steueraufkommens, für das Potential der Weltwirtschaft und für die Fortsetzung der Genesung der globalen Finanzsystems. Nein, um mehr geht es nicht bei der anstehenden Sitzung am Donnerstag.
Der IWF erkennt ein großes Potential an möglichen globalen Konsequenzen bezüglich der weiteren Entwicklung in der Eurozone. Es gäbe ein hohes Risiko hinsichtlich der Ansteckungseffekte in der Eurozone. Genau das ist richtig.
Hier ist es zwingend erforderlich, die Lehre aus den Fehlern (Egozentrik der Nationalstaaten) von 1929/32 und dem richtigen Handeln 2008/2009 (homogene und massive globale Intervention auf G-30 Ebene) zu ziehen. Gemeinschaftlich und nachhaltig muss reagiert werden, wenn Erfolge erzwungen werden sollen. Minimalismus ist der Tod des Erfolgs!
Bezüglich der Erfolge der Eurozone, die fiskalisch im Vergleich zu den USA, Japan und dem Vereinigten Königreich in der Entwicklung der Neuverschuldung als auch der Reformpolitik offensichtlich sind, wäre es ein Treppenwitz der Geschichte, dass der Erfolg der globalen Intervention 2008/2009 durch das eigentliche Paradepferd, die Eurozone, zerstört würde.
Deutschland kommt dabei eine tragende Rolle zu. Das Land, das bezüglich seiner engen Verknüpfung mit der Weltwirtschaft am stärksten von der globalen Wiederbelebung und damit der internationalen Solidarität in einem Volumen von 33.500 Mrd. USD oder 60% der Weltwirtschaftsleistung des Jahres 2009 profitiert hat, das an der Krise bisher durch niedrigere Kapitalmarktzinsen und deren Folgen einen Nutzen von mehr als 20 Mrd. Euro in den Büchern hat, ist gefordert.
Um so mehr erstaunt es, dass die deutsche Kanzlerin Frau Merkel auch gestern bemüht war, Hoffnungen auf einen großen Wurf zu neutralisieren. Es ist mehr als irritierend, dass Frau Merkel und ihre Regierung offensichtlich gut sind, die globalen Geschenke anzunehmen, aber halsstarrig sind, sich daraus ergebende Verantwortung in angemessener Form zu leben. Die Katastrophe von 1929/1932 war nicht nur eine finanzielle und ökonomische Krise größten Ausmaßes. Sie war eine Katalysator massivster politischer Missgeschicke. Das wissen wir in Deutschland am besten!
Auch hier in dieser Krise gilt es, die finanziellen, ökonomischen, aber auch die potentiellen politischen Konsequenzen zu erfassen, um angemessen zu handeln.
Es wäre einfach einmal erfrischend, wenn aus Geschichte gelernt würde! Es steht in diesen Tagen mehr auf dem Spiel, als vordergründig medial getitelt wird.
Laut US-Präsident Obama ergeben sich ernst zu nehmende Fortschritte in den Budgetverhandlungen. Es kristallisiert sich ein Kompromiss ("Gang of six proposal" - mittelfristige Defizitreduzierung 3,7 Billionen USD) heraus, in dem Steuererhöhungen mit Ausgabenkürzungen
kombiniert werden.
Wir freuen uns über diese Entwicklung aus zwei Gründen. Einerseits gilt es, die Handlungsfähigkeit der US-Regierung zu erhalten, andererseits ist es allerhöchste Zeit, dass die USA sich Reformen zuwenden, um auch hier die Weichen in Richtung einer fiskalischen Konsolidierung zu stellen.
Die USA sind so sehr systemisch wie die Eurozone. Es ist an der Zeit, dass sowohl in den USA als auch in der Eurozone und vor allen Dingen in Berlin das Thema der kurzfristigen Egozentrik auf ein erträgliches Maß zurückgestutzt wird.
Werfen wir einen Blick nach China, der zweitgrößten Ökonomie der Welt mit einem Anteil von circa 12%. Wie üblich sind die Daten aus dem Reich der Mitte einmal mehr erfrischend. Nach dem zuvor thematisierten Problempotpourri tut so eine Erfrischung gut. Die chinesischen Steuereinnahmen erhöhten sich laut dem Finanzministerium im zweiten Quartal 2011 gegenüber dem Vorjahr um 29,6% nach 32,4% im 1. Quartal 2011. China erfährt also eine massive fiskalische Genesung. Die ist noch sehr viel ausgeprägter als die deutsche fiskalische Genesung. Damit stellt sich die Staatsverschuldung in China auf eine Größenordnung um die 16%
der Wirtschaftsleistung.
Auch die chinesische "Performance" ist übrigens korreliert mit der Integrität der Eurozone. Alles hängt mit allem zusammen in einer arbeitsteiligen globalisierten Welt. Die uns von China zukommende Unterstützung, die fraglos nicht uneigennützig ist, verdient ein angemessenes Echo!
Der deutsche ZEW-Index lieferte gestern per Berichtsmonat Juli zwei Erkenntnisse:
- Die befragten Finanzinvestoren sind bezüglich der weiteren Entwicklung sehr besorgt.
- Das aktuelle Umfeld ist aber schlicht weg und ergreifend klasse.
Beginnen wir bei der Sorge. Der Sentimentindex sank von zuvor -9,0 auf -15,1 Zähler. Die Konsensusprognose war bei -12,4 Punkten angesiedelt. Damit wurde der niedrigste Wert seit Januar 2009 markiert. Das macht ein wenig nachdenklich. Januar 2009 war eine Phase, in der von professioneller Seite Weltuntergangsstimmung herrschte. Nun denn, wir nehmen diese Sichtweise der Profis am Finanzmarkt zur Kenntnis. Es ist wohl weniger ein ökonomisches als ein politisches „Assessment“! „Food for thought“ für Berlin!
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Die Bewertung der aktuellen Lage lieferte dagegen mit 90,6 nach 87,6 Punkten zuvor den zweithöchsten Wert seit den letzten 10 Jahren.
Auch das sollte die Politik mahnen. Es geht genau um die Fortsetzung des besten Aufschwungs seit der Koreakrise Anfang der 50er Jahre. Ist eine Staatsverschuldung (ungleich der Ausfallsumme!) Griechenlands in Höhe von circa 350 Mrd. Euro diesen Preis wert?
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Die USA lieferten gestern einen Datensatz, der besser als erwartet ausfiel. Neubaubeginne stellten sich in der annualisierten Fassung auf 629.000 nach zuvor 549.000 (revidiert von 560.000) per Berichtsmonat Juni. Die Prognose war bei 575.000 angesiedelt. Baugenehmigungen verzeichneten einen Anstieg von zuvor 609.000 auf 624.000.
Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht die Tendenz einer Bodenbildung auf historisch tiefem Niveau. Abgebildet sind Quartalswerte, ergo ist der aktuelle Monatswert in dem Chart nicht erkennbar.
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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
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