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Moody’s und Fitch im US AAA Ratingrausch - Italien und Spanien angegriffen!

03.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4210 (07.50 Uhr), nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4152 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.15. In der Folge notiert EUR/JPY bei 109.65, während EUR-CHF bei 1.0885 oszilliert.

Die Ratingagentur Moody’s bestätigt das AAA Rating der USA und setzt den Ausblick auf negativ. Die Entscheidung, das Schuldenlimit anzuheben und damit den Zahlungsausfall zu verhindern, war Auslöser, das Rating nicht herabzusetzen. Auch die Agentur Fitch bestätigte das AAA-Rating der USA. Moody’s und Fitch befinden sich offenbar im US AAA Ratingrausch.

Standard & Poors hatte im Vorwege gesagt, dass Sparanstrengungen von weniger als 4 Billionen USD das AAA-Rating gefährden würden. Na, dann mal "Butter bei die Fische", denn dieses Ziel wurde sportlich verfehlt. Wir sind sehr gespannt auf die Lieferung!

Die USA können mit dem Zahlungsausfall spielen, sie können sich weiter in Höhe von 10% des BIP jährlich sportlich verschulden, eine Staatsverschuldung bei 100% des BIP stört nicht wirklich (Spanien bei 60%), sie können wirkliche Reformen aufschieben - das spielt für Fitch und Moody’s keine Rolle. Ob die USA ein veritables Geschäftsmodell haben, wird gar nicht erst hinterfragt. Aber alle diese Fragen sind elementar bei anderen Ländern, vor allen Dingen europäischen Ländern, die sich sportlich reformieren und als Replik von Seite der Agenturen mit der größtmöglichen kritischen Lupe betrachtet werden und vor allen Dingen sportlich herabgestuft werden. Damit wird der Reformprozess dieser Länder massiv erschwert, da Kapitalzuflüsse gestört und Kapitalabflüsse aus diesen Ländern forciert werden.

Natürlich können sich die Agenturen dahinter verstecken, dass die Neuverschuldung oder auch Monetarisierung der Staatsschuld unter den Voraussetzungen erhöhter Limite beliebig fortgesetzt werden könnte und damit kein nominaler Zahlungsausfall zustande kommen würde. Dieser Ansatz ist eine Farce. Eine solche Politik ist nichts anderes, als eine sukzessive Entwertung über Inflationierung und entspricht einem Schuldenschnitt in der Kaufkraft. Es handelt sich um einen impliziten Schuldenschnitt. Sind die Agenturen nur Nominalisten?

Es ist verstörend, dass die europäische Politik, die europäischen Banken und die europäische Wirtschaft diese Asymmetrie zu Lasten der Eurozone in der jetzigen Form tolerieren. Wir spielen hier mit der Zukunft der kommenden Generationen. Fakt ist und bleibt, dass Europa stringente Reformen umsetzt und in der Neuverschuldungsdynamik dramatisch besser aufgestellt ist als USA, Japan oder das Vereinigte Königreich. Auch bei dem Gesamtschuldenstand ist die Lage der Eurozone nicht prekär.

Wollen wir wirklich eine Desintegration der fundamental am stärksten aufgestellten Wirtschaftsregion der Industrienationen zulassen?

Aus deutscher Sicht sei angemerkt, dass die Integrität der Eurozone für uns von elementarer Bedeutung ist. Laut KfW gehen knapp 70% der Exporte des deutschen Mittelstands in die Eurozone. Unser jetziger Erfolg, ökonomisch, arbeitsmarkttechnisch und fiskalisch, steht und fällt mit der Integrität der Eurozone.

Hier kommen wir zum nächsten Thema. Nachdem in Brüssel das europäische Thema nachhaltig beordnet wurde, kamen die Risikoaufschläge für Italien und Spanien im Zuge der US-Defizitkrise deutlich unter Aufwärtsdruck. Das ist kurzfristig bezüglich der Rolle der USA verständlich. Aber nach der Erhöhung des US-Schuldenlimits setzt sich diese Tendenz sportlich fort. Das wirft Fragen auf. Sukzessive drängt sich der Eindruck auf, dass es hier nicht um sachliche Diskontierung der aggressiven Reformpolitik oder der Verschuldungsfakten beider Länder dreht. Wir haben diese Themen hier zuvor aufgearbeitet.

Spaniens Staatsverschuldung bewegt sich im Umfeld von 60% des BIP. Die Reformpolitik ist aggressiv. Die Ziele wurden laut IWF erreicht. Italien startete in die Eurozone mit 114% Staatsverschuldung, aktuell sind es 119%. In der Krise nahm die Verschuldung im europäischen Vergleich unterproportional zu. Eine Reformagenda in Höhe von 79 Mrd. Euro ist verabschiedet worden. Welche Motivationen hinter den Angriffen auf Italien und Spanien stehen, sei dahin gestellt. Wir sind für Anregungen dankbar …

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Die Erzeugerpreise der Eurozone waren per Juni im Monatsvergleich unverändert (Prognose +0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 5,9% nach zuvor 6,2%.

In den USA legten persönliche Einkommen im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose 0,2%) zu. Der private Konsum war auf realer Basis im Monatsvergleich unverändert.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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