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Crash an den Aktienmärkten - Offenmarktausschuss im Fokus!

09.08.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen bei 1.4235 (07.05 Uhr), nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4130 im europäischen Markt markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.25. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.00, während EUR-CHF bei 1.0700 oszilliert.

Gestern war eine deutliche Verschärfung der Krise an den Finanzmärkten messbar. Der Abwärtsdruck an den Aktienmärkten nahm im Tagesverlauf zunächst sukzessiv zu, um dann aggressiv auszulaufen. Der Bund Future legte im Tagesverlauf nachhaltig zu. Der CHF war gesucht und markierte heute im asiatischen Geschäft neue historische Tiefstwerte bei 1.0609.

Aktuell ergibt sich innerhalb der seit 2007 andauernden globalen Krise die größte Herausforderung seit der virulenten Phase Herbst 2008 bis Frühjahr 2009. Es handelt sich um eine Vertrauenskrise in die Politik.
  • Es sind nicht wie 2008 Fehlbewertungen der Aktien oder Immobilien

  • oder die Tatsache, dass das Wachstum "opportunistische" Qualitäten aufweist, beispielsweise durch extrem hohen Lageraufbau oder Überinvestition und Konsum auf Pump.

  • Es ist diesmal auch keine kreative Finanzierung von überbewerteten Immobilien.

  • Auch sind es nicht toxische Konstrukte von unseren Freunden aus der Bankenaristokratie.

Nein, hier handelt es sich um offene Flanken, die die Politik angeboten hat. Das gilt einerseits für die US-Politik, die ein Drama der Uneinigkeit in der US-Schuldenfrage offerierte und damit belegte, dass man derzeit nicht im erforderlichen Maße die Rolle des Hüters der Weltleitwährung spielen will oder kann.

Es ist aber auch die europäische Politik, die seit 18 Monaten in der Defizitkrise der Eurozone vielstimmig und zum Teil mit Vorfestlegungen schlussendlich minimalistische Lösungsansätze verfolgte und damit den spekulativen Kräften am Finanzmarkt ein Skript lieferte, wie man die europäische Politik vor sich her treibt.

Offensichtlich sind die Lernkurven aus der EWS-Krise 1992 in der deutschen und der europäischen Politik nicht gegeben. Das ist sehr bedauerlich, da sich das Verfahren sehr ähnelt. Mehr noch sind die Protagonisten zu Teilen identisch. Sie haben nur andere Mäntel an. Es sind nicht mehr in erster Linie die Investmentbanken selbst, die seinerzeit in kartellerechtlich anfechtbarer Art und Weise mit militärischer Disziplin die Länder Europas einzeln zerlegten. Wer glaubt, dass George Soros der Mittelpunkt war, der fraglos prominent das GBP zerlegte, irrt sich übrigens gewaltig.

Mit anderen Worten ist die aktuelle Verschärfung der Lage qualitativ nicht vergleichbar mit der Situation nach Lehman 2008. Es handelt sich heute um unsensibles politisches Verhalten als auch um das Problem hoher Staatsdefizite.

Die Defizitlagen der öffentlichen Haushalte sollen nicht beschönigt werden. Der Staat hat in der Krise interveniert und damit sind schlussendlich private Schuldverhältnisse auf den Staat übergegangen. Entscheidend ist die Frage der Reformtiefe. Die ist in der Eurozone gegeben. Sie wird unverändert nicht gewürdigt, weder von Ratingagenturen noch von einigen Blogs.

Hinsichtlich nicht gegebener Übertreibungen im globalen Wirtschaftszyklus ist die Fallhöhe der Realwirtschaft nicht vergleichbar mit 2008/2009. Grund für Panik besteht im jetzigen Umfeld realwirtschaftlich nicht. Grund zur Sorge liefert der Zustand der politischen Eliten in den USA und in Europa. Die Kritik der Chinesen ist diesbezüglich an Sachlichkeit nicht zu übertreffen.

Heute steht die Sitzung des Offenmarktausschusses an. Bernanke hat sich alle Optionen offen gelassen. Die Situation ist definitiv prekärer als bei der Beschlussfassung für QE2. Kommt heute QE3?

Gestern stand die Veröffentlichung des "OECD Composite Leading Indicators" per Juni 2011 auf der Agenda. der Index sank von zuvor 102,5 auf 102,2 Punkte. Die Abkühlung seit März ist erkennbar. Diese Abkühlung wird sich vor dem Hintergrund der aktuellen Turbulenzen in den kommenden Monaten weiter fortsetzen. Erst Richtung viertes Quartal (Berichtsmonate!) kann sich hier eine positive Neuausrichtung ergeben.

Der Blick auf den Chart verdeutlicht, dass das aktuelle Indexniveau nicht als prekär eingestuft werden kann.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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