Von Griechenland zum Ermächtigungsgesetz
Die Staatsausgaben steigen, die Einnahmen sinken. Die Staatsschulden seien "außer Kontrolle", hat das griechische Parlament jetzt festgestellt. Europäische "Rettungsmilliarden" verschwinden in der Tonne des Diogenes. Jean Quatremer hat in Griechenland Urlaub gemacht und ist tief desillusioniert zurückgekehrt. Er berichtet ansonsten aus Brüssel für die französische Zeitung "Libération" (siehe im Blog der TimePatternAnalysis).
Der IWF rechnet bei europäischen Banken offenbar mit einer Kapitallücke von bis zu 200 Mrd. Euro. Die Analyse wird in seinem regelmäßig erscheinenden Finanzstabilitätsbericht vor den Herbsttreffen von IWF und Weltbank Ende September veröffentlicht. Es wurde untersucht, welche Auswirkungen eine Neubewertung von Staatsanleihen hätte. Bei solchen mit Höchstrating muss kein Eigenkapital vorgehalten werden. Bei einer Abstufung entsteht hingegen Kapitalbedarf. Die droht jetzt auch Frankreich. Zudem hat der kürzlich erfolgte Bankenstresstest der EU bei 90 europäischen Banken ergeben, dass sie innerhalb der nächsten 24 Monate 5,4 Bill. Euro refinanzieren müssen.
Gut möglich, dass es noch vor einer "offiziellen" Staatspleite eine Krise von Banken und Versicherungen gibt.
Was ziehen die Staats- und Regierungschefs in Europa als Schluss aus dem Scheitern in Griechenland? Sie verdoppeln den Euro-Krisenfonds, gackern über verschärfte Haushaltsregeln und Sanktionen, gleichzeitig laden Banken und andere "Private" immer mehr schlechte Schulden ab, bei der EZB oder anderen Institutionen der öffentlichen Hand. Die EZB wird zur EBB (Europäische Bad Bank).
Eurobonds sind die Lösung, sagen die einen. Die anderen sagen, damit ist die Pleite der gesamten Eurozone sicher.
Die Befürworter von Eurobonds stellen heraus, dass dadurch der Anleihemarkt in Europa für große Investoren, etwa aus den USA oder aus China oder aus Nahost interessant wird. Und es wäre keineswegs sicher, dass am Ende wegen der erhöhten Nachfrage die Zinsen über dem aktuellen Niveau für deutsche Staatsanleihen liegen, sagen sie. Vor allem mahnen sie, die Eurobonds müssten schnell kommen, damit zur Verschuldungskrise nicht auch noch eine Rezession kommt, wenn die Banken die Realwirtschaft nicht mehr ausreichend finanzieren. Dem Argument, Eurobonds seien eine Einladung an die bisherigen Schuldensünder mit ihren laschen Haushaltspolitik weiter zu machen, halten sie entgegen, dass man dann eben strenge Auflagen für die Sanierung der Staatsfinanzen festschreiben muss.
Die Gegner von Eurobonds bezweifeln genau das. Sie argumentieren, in den Maastrichter Verträgen und Zusatzabkommen wären bereits ausreichend harte Regeln vorgesehen gewesen (Merke: In den Maastrichter Verträgen ist z.B. "No Bailout" verankert). Gegen die wurde aber angelegentlich verstoßen, ohne dass Konsequenzen zogen. Nur wenn zumindest die "sündigen" Mitglieder der Eurozone ihre Finanzhoheit verlören, könnten Eurobonds überhaupt in Betracht kommen. Dazu ist der politische Wille bisher nicht vorhanden, abgesehen davon stehen dem nationale Verfassungen entgegen. Die Gegner von Eurobonds sagen daher, dass es das Disziplinierungsmittel der Zinsunterschiede weiter geben muss.
Nun, das Disziplinierungsmittel, dass die Verzinsung von Schulden zweifelsohne darstellt, ist mit der Salami-Rettung in der Eurozone längst ad absurdum geführt. Das beste Beispiel ist Griechenland - siehe oben. Zunächst haben die Banken gut verdient an den hohen Renditen der notleidenden Staaten. Dann wurden die Staaten "gerettet" und jetzt die Banken, die die Schrott-Bonds der öffentlichen Hand hinkippen.