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Aktienmärkte und Wetterrisiken treiben Ölpreis

08.09.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis ist in der Nacht auf ein 5-Wochenhoch von 116,5 USD je Barrel gestiegen. Preistreibend sind vor allem freundliche Aktienmärkte, Wetterrisiken und ein Abbau der US-Lagerbestände. Inzwischen hat sich mit Nate ein weiterer Tropensturm entwickelt, welcher zu fortdauernden Produktionsunterbrechungen im Golf von Mexiko führen könnte. Bis gestern waren noch immer 37% der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko geschlossen. Dies entspricht einem Produktionsausfall von gut 500 Tsd. Barrel pro Tag.

In der vergangenen Woche kam es nach Angaben des American Petroleum Institute zu einem Lagerabbau von 3,0 Mio. Barrel, u.a. weil Tropensturm Lee die Ölproduktion im Golf von Mexiko lahmgelegt hatte und die Importe deutlich zurückgingen. Auch für die am Nachmittag zu veröffentlichenden offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums wird mit einem Lagerabbau von 2,0 Mio. Barrel gerechnet. Die neue Chefin der IEA, van der Hoeven, hat unterdessen betont, dass die strategischen Reserven nur im Falle von Angebotsunterbrechungen angetastet werden sollen und nicht zur Senkung der Preise.

Der jüngste Preisanstieg ist vor allem von externen oder vorübergehenden Faktoren getrieben. Mit der tatsächlichen Lage hat das derzeitige Preisniveau nur noch wenig zu tun. So hat die US-Energiebehörde EIA die Prognose für die weltweite Ölnachfrage im Jahr 2012 um 250 Tsd. Barrel pro Tag nach unten revidiert und erwartet für dieses und nächstes Jahr einen Anstieg um jeweils 1,4 Mio. Barrel pro Tag. Wir gehen daher weiter davon aus, dass der Ölpreis bis zum Jahresende in Richtung 100 USD sinken wird, sobald die temporär unterstützenden Faktoren auslaufen.

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Edelmetalle

Der Preisverfall bei Gold scheint vorbei. Nachdem der Preis gestern kurzzeitig unter die Marke von 1.800 USD je Feinunze gefallen ist, hat er sich mittlerweile bereits wieder um mehr als 40 USD von diesem Niveau nach oben entfernt. Rückblickend betrachtet fiel die Korrektur der letzten beiden Tage – Gold verlor fast 130 USD – im Einklang mit den beiden im August zu beobachtenden Preisrückgängen aus. Damals ist Gold binnen zwei bzw. drei Tagen um knapp 100 USD bzw. mehr als 200 USD gefallen.

Die Faktoren, die zuvor zum Preisanstieg von Gold beigetragen haben, bestehen unseres Erachtens weiter. Neben der fortdauernden Schuldenproblematik in den Ländern der Eurozone und der Gefahr, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abrutscht, bleiben die Zinsen langfristig auf einem sehr niedrigen Niveau. Daran dürfte sich auch mit der heutigen Zinsentscheidung der EZB nichts ändern. Im Gegenteil: EZB-Präsident Trichet dürfte in der Pressekonferenz signalisieren, dass zunächst keine weiteren Zinserhöhungen mehr geplant sind.

Die Opportunitätskosten der Goldhaltung bleiben damit weiter sehr gering. Eine Fortsetzung der Anleihekäufe hochverschuldeter Euro-Länder dürfte den Goldpreis ebenso stützen. Mit der Ende September /Anfang Oktober beginnenden Feiertagssaison in Indien steht zudem eine der stärksten Nachfrageperioden des Jahres bevor. Auffallend ist außerdem, dass die ETFs während der letzten Korrektur kaum Gold verkauft haben. Unserer Meinung nach dürfte der Goldpreis gut unterstützt und es nur eine Frage der Zeit sein, bis neue Rekordhochs erreicht werden.


Industriemetalle

Nickel zeigte gestern von allen Industriemetallen die beste Preisentwicklung und stieg um 5,3% auf knapp 22.000 USD je Tonne. Der staatliche chinesische Analysedienst Antaike erwartet, dass die chinesische Edelstahlnachfrage in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 11% auf 11,5 Mio. Tonnen zunehmen wird. Das Wachstum der Nachfrage soll dabei überwiegend in den Eisenbahn-, Transport- und Bau-Sektoren generiert werden. Da die Edelstahlindustrie mit einem Anteil von ungefähr 70% der mit Abstand größte Nickelkonsument ist, geht Antaike auch von einem deutlichen Anstieg der Nickelnachfrage in China aus.

Diese soll im Vorjahresvergleich ebenfalls um 11% auf 600 Tsd. Tonnen steigen. Dies würde bedeuten, dass China im weiteren Jahresverlauf mehr Nickel importieren muss, um die heimische Nachfrage zu decken. In den ersten sieben Monaten des Jahres hat China laut Daten der Zollbehörde gut 115 Tsd. Tonnen Nickel eingeführt, bei einer lokalen Produktion von über 162 Tsd. Tonnen. Dies dürfte unseres Erachtens den Nickelpreis stützen, zumal das Angebot aufgrund der Verschiebung von neuen Projekten kurzfristig nicht wesentlich ausgeweitet werden kann. Darüber hinaus sind die Nickelvorräte in den Lagerhäusern der LME gestern auf 100,5 Tsd. Tonnen und damit den niedrigsten Stand seit März 2009 gefallen. Seit Jahresbeginn beläuft sich der Lagerabbau somit auf über 35 Tsd. Tonnen bzw. 26%.


Agrarrohstoffe

Die Schätzungen für den US-Flächenertrag bei Mais werden von den privaten Marktbeobachtern angesichts der schlechten Pflanzenqualität nach unten revidiert. Informa Economics ist mit einer Ertragsschätzung von 151 Scheffel je Morgen noch am optimistischsten. Andere Beobachter wie der Agrarwetterdienst CropCast sind mit 145,2 Scheffel je Morgen deutlich pessimistischer. Dies würde auf eine US-Maisernte von knapp 12 Mrd. Scheffel hinauslaufen. Das US-Landwirtschaftsministerium geht derzeit von einem Ertrag von 153 Scheffel je Morgen und einer Ernte von 12,9 Mrd. Scheffel aus, dürfte seine Schätzungen am kommenden Montag aber ebenfalls nach unten revidieren. Das sich abzeichnende knappere Angebot dürfte den Maispreis weiter gut unterstützt halten.

Der Baumwollpreis hat gestern mit dem maximal erlaubten Tagesgewinn auf einem 2-Monatshoch von 110 US-Cents je Pfund geschlossen. Heute Morgen kann der Preis weiter zulegen. Wir hatten bereits seit längerem die Ansicht vertreten, dass der Preis zuvor zu stark gefallen war und mit einem Preisanstieg gerechnet. Diese Erkenntnis scheint sich nun angesichts der zu erwartenden Ernteeinbußen in den USA allmählich durchzusetzen. Hinzu kommt, dass China wie geplant mit dem Aufbau der nationalen Baumwollreserve beginnen will. Dazu soll in den kommenden Monaten Baumwolle zu umgerechnet 140 US-Cents je Pfund von den einheimischen Produzenten abgekauft werden, was angesichts der niedrigeren Weltmarktpreise höhere Importe nach sich ziehen dürfte.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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