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Troika kommt zurück nach Athen ...

21.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Troika kommt zurück nach Athen - Offenmarktausschusssitzung im Fokus - Fed und BoE auf dem Weg zu neuen quantitativen Maßnahmen?

Der Euro eröffnet heute Morgen (07.30 Uhr) bei 1.3700, nachdem im europäischen Geschäft Höchstkurse bei 1.3744 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 104.60, während EUR-CHF bei 1.2220 oszilliert.

Kaum ist man auf Reisen (☺), wird Italien herabgestuft. Wir nehmen die Maßnahme von Standard & Poors zur Kenntnis und erlauben uns darauf zu verweisen, dass in Italien ein Reformprogramm in Höhe von 54 Mrd. Euro verabschiedet wurde. Die USA haben noch nicht mal ein Programm, das zustimmungsfähig wäre. Gleiches gilt für Japan.

Der Verweis von S&P auf die Risiken eines konjunkturellen Abschwungs und den daraus resultierenden Risiken nur auf Italien zu kaprizieren ist eine kognitive Meisterleistung! Dafür bekommt S&P ein sportliches "Chapeau".

Montag und Dienstag weilte ich in Berlin bei der konjunkturpolitischen Tagung des IfW. Konjunkturelle Risiken gibt es vor allen Dingen im Vereinigten Königreich, das von Herabstufungen im Reformprozess vollkommen unbeschadet ist und dessen Konjunkturentwicklung weitaus mehr die Erwartungen verfehlt. "Food for thought!"

Mit der Entscheidung von S&P setzt sich eine Entwicklung fort, dass kontinentaleuropäische Länder und Irland (zuvor Griechenland, Irland, Portugal) in der Umsetzung aktiver Reformpolitik mit Herabstufungen begleitet werden. Damit wird die Reformbereitschaft nicht belohnt, sondern es wird der potentielle Reformerfolg erschwert. "Food for thought!"

Die Troika (IWF, EU, EZB) kehrt Anfang kommender Woche zurück nach Athen, um mit der Prüfung der Reformfortschritte fortzufahren. Das Ergebnis der Untersuchung ist entscheidend für die Auszahlung der nächsten Tranche der Hilfszusagen. Die EU-Kommission sieht gute Fortschritte in Athen. Gestern fand eine Telefonkonferenz der Experten der EU, des IWF, der EZB mit dem griechischen Finanzminister Venizelos statt.

Wir freuen uns, dass die griechischen Freunde allen Anschein nach ihre Phase der Bockigkeit hinter sich gelassen haben. Noch mehr freuen wir uns, dass die Anstrengungen offensichtlich die Anforderungen der Troika erfüllen.

Die Einlassungen des portugiesischen Premiers sind Mahnung. Der portugiesische Premier Coelho betonte, dass man sich in einer sehr kritischen von hohen Unsicherheiten geprägten Situation befinde. Ein griechischer Zahlungsausfall könne katastrophale Folgen für Portugal haben. Darauf müsse man sich vorbereiten.

Diese Worte belegen, dass ein griechischer Ausfall nicht isoliert betrachtet werden kann. Er würde die erfolgreichen Reformschritte aller kontinentaleuropäischen Länder adhoc konterkarieren. Unverändert streiten einige Protagonisten ab, dass massive Ansteckungseffekte Raum greifen könnten. Dieses Risiko ist real und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgestattet.

Anders ausgedrückt wäre ein Zahlungsausfall Griechenlands das trojanische Pferd durch das die Eurozone zerfallen könnte. Dann zerfiele übrigens nicht nur die Eurozone, sondern das Finanzsystem und als Folge die Weltwirtschaft. Griechenland mit gut 2% der Wirtschaftsleistung der Eurozone und einer vergleichsweise überschaubaren Staatsverschuldung in Höhe von 370% des BIP spielt eine weitaus größere Rolle, als es diese Zahlen implizieren.

Heute steht die Offenmarktausschusssitzung im Fokus der Märkte. Die Zinspolitik bleibt ja ohnehin bis 2013 nahe der 0% Marke. Der aktuelle Anstieg der Verbraucherpreise auf 3,8% von zuvor 3,5% ("Shadow Government Stats circa 9% nach Berechnungsgrundlagen der frühen 90er Jahre) irritiert nur Realisten und nicht die in Ratingagenturen und der US-Politik angesiedelten "Eliten", die offensichtlich Nominalisten sind.

Die schwächere Verfassung der US-Wirtschaft und die global um sich greifenden Anpassungen der Wachstumsprognosen auf deutlich verringerte Niveaus bieten ein Umfeld, das eine neue Runde für quantitative Maßnahmen liefert. Ob es bereits heute zu Beschlüssen kommt, sei dahingestellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass im laufenden Jahr QE3 geliefert wird, liegt bei mehr als 50%. Was für die USA gilt, gilt auch für das Vereinigte Königreich.

Unsterilisierte Maßnahmen, die natürlich in den Ratingagenturen, deren Eigentümer sich maßgeblich aus der amerikanisch und britisch besetzten Finanzaristokratie zusammensetzen, voraussichtlich auf Zustimmung stoßen werden und keine Veranlassung bieten werden, Herabstufungen der beiden Länder zu forcieren, obwohl es schlussendlich die antiautoritärsten Maßnahmen sind (unsterilisiert!).

Der deutsche ZEW-Sentimentindex sank per Berichtsmonat September von -37,6 auf -43,3 Punkte. Das einzig Positive ist die Tatsache, dass die bei -45,0 angesiedelte Konsensusprognose verfehlt wurde. Damit wurde der niedrigste Stand seit Dezember 2008 markiert. Auch die Bewertung der aktuellen Lage büßte deutlich ein. Der Index sank von 53,5, auf 43,6 Punkte.

Um den Vergleich mit Dezember 2008 rund zu machen, werfen wir einen Blick auf die Bewertung der aktuellen Lage als auch des Sentiments. Der Sentimentindex stand per 12/2008 bei -45,2 Punkten und der Index der Bewertung der aktuellen Lage lag bei -77,1 Zählern. Hier ergibt sich in der Bewertung der aktuellen Lage ein fulminanter Unterschied von mehr als 120 Punkten zu 09/2011.

Diese Divergenz zu 2008 impliziert, dass die Ausgangslage vollständig anders ist. es ist nicht die Wirtschaft, die das Risiko darstellt, sondern die Politik der Eurozone liefert den Risikofaktor!

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Der Absatz neuer Immobilien setzte in den USA negative Akzente. Per Berichtsmonat August ergab sich ein Rückgang von annualisiert 601.000 (revidiert von 604.000) auf 571.000 Objekte. Die Prognose lag bei 590.000 Immobilien.

Positiv ist anzumerken, dass die Anzahl der Baugenehmigungen von zuvor 601.000 auf 620.000 in der annualsierten Darstellung zulegte.

Der Chart belegt, dass die Situation prekär ist und prekär bleibt. Ein Indiz mehr in Richtung weiterer quantitativer Maßnahmen des Offenmarktausschusses.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.3500 - 1.3950 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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