Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Operation Twist bringt keinen Umschwung

22.09.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Rohstoffmärkte reagierten mit Enttäuschung auf die Entscheidung der US-Notenbank Fed, lediglich die Laufzeiten der US-Staatsanleihen in ihrem Portfolio zu verlängern ("Operation Twist"). Für Verstimmung sorgte insbesondere der Begleitkommentar, wonach erhebliche Abwärtsrisiken für die US-Wirtschaft bestehen. Der Brentölpreis fällt daraufhin am Morgen auf ein Monatstief von weniger als 108 USD je Barrel und hat somit sämtliche Gewinne vom Vortag wieder abgegeben.

Der stärkste Rückgang der US-Rohöllagerbestände seit neun Monaten hatte keine bleibende Wirkung. Wie das US-Energieministerium berichtete, sind die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche um 7,3 Mio. Barrel zurückgegangen und damit deutlich stärker als erwartet. In den letzten drei Wochen sind die Ölvorräte um 18 Mio. Barrel gesunken. Das DOE führt den starken Lagerabbau auf niedrigere Importe als Folge der Freigabe der strategischen Reserven, eine höhere Rohölverarbeitung durch die Raffinerien und verzögerte Effekte der Produktions¬unterbrechungen im Golf von Mexiko infolge der Tropenstürme Lee und Nate von Anfang September zurück.

In der Tat fand der Lagerabbau in erster Linie im Golf-Distrikt statt. Die niedrigeren Importe und die höhere Raffinerieauslastung können den kräftigen Lagerabbau aber nur zur Hälfte erklären. Die US-Ölproduktion ist in der vergangenen Woche sogar deutlich gestiegen und hätte somit eher für einen Lageraufbau gesprochen. Offensichtlich ist ein beträchtliches Volumen an Rohöl in der Statistik nicht erfasst worden, was im kommenden Lagerbericht nachgeholt werden könnte. Insofern würde es nicht überraschen, wenn es dann zu einem kräftigen Lageraufbau kommt. Die Antwort darauf wird es erst in einer Woche geben.

Open in new window


Edelmetalle

Im Zuge eines deutlich festeren US-Dollar im Nachgang der Fed-Sitzung gibt Gold im Einklang mit den anderen Rohstoffen nach und handelt heute Morgen unter 1.770 USD je Feinunze. Wir erachten die aktuelle Preisschwäche als vorübergehend und nicht nachhaltig. Denn die Fed hat beschlossen, bis Juni kürzerlaufende Staatsanleihen im Volumen von 400 Mrd. USD in langlaufende zu tauschen.

Damit sollen auch die langfristigen Zinsen nach unten gedrückt werden. Bereits im August hatte die Fed angekündigt, die Leitzinsen bis Mitte 2013 nicht anzuheben. Das heißt, sowohl im kurzfristigen als auch im langfristigen Laufzeitenbereich wird es nun für längere Zeite sehr niedrige bzw. derzeit sogar negative Realzinsen geben, wodurch die Opportunitätskosten der Goldhaltung äußerst gering bleiben werden. Dies ist eigentlich sehr positiv für Gold. Die Marktteilnehmer dürften sich nun wieder auf die Schuldenkrise in der Eurozone fokussieren. Im aktuellen Marktumfeld sollte Gold als sicherer Hafen stark nachgefragt bleiben.

Deutlich stärker unter Druck stehen derzeit Silber, Platin und Palladium. Aufgrund deren industriellen Charakters werden diese Edelmetalle in den Abwärtssog der zyklischen Rohstoffe eingezogen. Solange sich das Umfeld nicht merklich aufhellt, dürfte der Abwärtstrend andauern.


Industriemetalle

Unter den Marktteilnehmern herrscht Enttäuschung, nachdem die US-Notenbank Fed nicht wie von einigen erhofft im großen Umfang weitere Maßnahmen zur quantitativen Lockerung der Geldpolitik angekündigt hat. Außerdem - und für die Metallmärkte noch wichtiger - sprach die Fed von signifikanten Abwärtsrisiken für die US-Wirtschaft. Dies könnte sich negativ auf die Nachfrage nach Metallen auswirken. Die USA ist nach China der weltweit zweitgrößte Konsument von Metallen. Darüber hinaus ist der von der Großbank HSBC errechnete vorläufige Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China im September weiter gefallen und bleibt damit unter der Marke von 50, die Expansion anzeigt.

Des Weiteren veröffentlichte gestern das World Bureau of Metal Statistics (WBMS) seine monatlichen Daten zu Angebot und Nachfrage. Demnach befanden sich in den ersten sieben Monaten des Jahres alle Metallmärkte nur mit Ausnahme von Zinn im Überschuss. An den meisten Märkten hat sich der Angebotsüberschuss im Vergleich zum Vorjahr ausgeweitet. Im Zuge dieser zahlreichen negativen Nachrichten und der weiter steigenden Risikoaversion ist es nicht verwunderlich, dass die Metallpreise heute Morgen stark unter Druck stehen. Kupfer z.B. fällt um fast 5% unter die Marke von 7.900 USD je Tonne und damit auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Im aktuellen Marktumfeld bleiben die Risiken klar nach unten gerichtet.


Agrarrohstoffe

Die Preise für Weizen und Mais können sich dem negativen Trend an den anderen Rohstoffmärkten derzeit nicht entziehen. Der an der CBOT gehandelte Weizenkontrakt fällt am Morgen auf ein 10-Wochentief von 6,50 USD je Scheffel. Nachrichten, wonach das anhaltend trockene Wetter im Mittleren Westen der USA die Aussaat von Winterweizen erschwert, finden im gegenwärtigen Marktumfeld kein Gehör bzw. können den Preisrückgang lediglich bremsen. Der festere US-Dollar verschlechtert die preisliche Wettbewerbsfähigkeit für US-Weizen, was sich in den kommenden Wochen in niedrigeren US-Exporten niederschlagen könnte.

Das USDA veröffentlicht die Exportzahlen für die vergangene Woche am Nachmittag. Der Maiskontrakt notiert mit 6,68 USD je Scheffel auf einem 6-Wochentief. Derzeit wird in den USA die Maisernte eingebracht, was saisonal üblich mit schwächeren Preisen einhergeht. Zusätzlich belastend wirkt die Aussage eines nicht genannten staatlichen chinesischen Getreidehändlers, wonach China in den letzten Wochen kein US-Mais gekauft habe. Derartige Gerüchte hatten in den vergangenen Tagen den Maispreis unterstützt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass China in den kommenden Monaten beträchtliche Mengen an Mais wird importieren müssen, um die Nachfragelücke zu schließen. Dem staatlichen chinesischen Getreidehändler COFCO zufolge wird das Angebotswachstum in diesem Jahr um gut 7 Mio. Tonnen hinter dem Nachfragewachstum zurückbleiben.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

Open in new window


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

Open in new window

Open in new window


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"