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Konsolidierung am Finanzmarkt - Troika wieder in Athen

28.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.05 Uhr) bei 1.3565, nachdem gestern im US-Geschäft Höchstkurse bei 1.3668 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.55. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.85, während EUR-CHF bei 1.2195 oszilliert.

Der Finanzmarkt konsolidiert, nachdem gestern zum Teil äußerst dynamische Bewegungen zu Gunsten der Risikoaktiva zu verzeichnen waren. Derartige Konsolidierungen sind grundsätzlich gesund. Weder Depression noch Euphorie ist an Märkten im Hinblick auf ihre eigentliche Funktionalität Sinn stiftend.

Gestern ergaben sich im Tagesverlauf sehr viele Mutmaßungen über den EFSF und einen möglichen Ausbau des EFSF. Der Phantasie waren kaum Grenzen gesetzt. Wir kennen den Finanzmarkt zur Genüge. Bisweilen erinnert er an Kinder, die von einer Sache nicht genug bekommen können. Erst waren die Negativschlagzeilen über Europa begehrt - gestern waren es Positivmeldungen (asymmetrische Wahrnehmung), die gesucht waren.

Wenn es darum geht, dem Finanzmarkt Opportunismus, Unsachlichkeit, Mangel an Professionalität oder zu großen Spieltrieb, aber auch den Versuch der bewussten Manipulation (Gerüchte Frankreich) zu bescheinigen, liefern die letzten Wochen anschauliche Belege im Stundentakt. Wer vor diesem Hintergrund noch den Begriff der Markteffizienztheorie bemüht, verdient sich das Prädikat des "ewig Gestrigen". Dieses Thema sollte an den Universitäten im Bereich VWL vom Lehrplan genommen werden
….
Die deutsche Bundesregierung hat klar gemacht, dass es zunächst keine Veränderungen bezüglich der Größe des EFSF geben wird. Diese Position ist richtig. Erst einmal gilt es, die Beschlüsse des 21. Juli umzusetzen. Dabei ist die Eurozone auf einem guten Weg. Gleichwohl mahnt die EZB latent, in diesem Prozess das höchstmögliche Tempo vorzulegen. Schlussendlich geht es darum Handlungsfähigkeit zu generieren und die EZB aus einer atypischen Verpflichtung der Bondkäufe zu entbinden.

Das slowenische Parlament hat am Dienstag für eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms ESFS gestimmt. Das Gesetz wurde mit Hilfe der Opposition abgesegnet. Bislang haben die Parlamente in Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Luxemburg sowie in den beiden von Rettungspaketen gestützten Staaten Griechenland und Irland zugestimmt. Neun weitere Länder müssen nun noch grünes Licht geben. Für Mittwoch ist die Abstimmung in Finnland angesetzt.

In Deutschland sollen Bundestag und Bundesrat diese Woche abschließend zustimmen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Abstimmung in der Slowakei. Eine der vier Koalitionsparteien, die SAS, lehnt den Rettungsschirm ab. Um sie noch zum Einlenken zu bewegen, will die Slowakei als letztes Land über den Rettungsschirm abstimmen. Auch die Politik in der Slowakei sollte sich darüber bewusst sein, dass man sich mindestens zweimal im Leben sieht und Hybris hinsichtlich der Größe und der Potenz der Slowakei sich grundsätzlich nicht auszahlt ...

Die Nachrichtenlage des gestrigen Tages offenbart, dass der internationale Druck auf Europa zugenommen hat, nachhaltig zu agieren. Sie legt offen, dass Griechenland seine Hausaufgaben macht. Sie zeigt, dass es um inhaltliche Lösungen für die griechische Wirtschaft und die Verwaltung geht. Sie belegt, dass damit die Reformprozesse der weiteren Defizitländer nicht gefährdet werden sollen. Sie impliziert, dass es zu einer zügigeren Adaption des ESM kommen kann.

Zusammenfassend darf gesagt werden, dass Europa und die Eurozone handlungsfähiger erscheinen als zuvor. Ja, und die Troika ist wieder in Athen. Das ist gut! Das wird am Finanzmarkt honoriert. Jetzt gilt es für alle Beteiligten, am Ball zu bleiben und Disziplin zu wahren.

Die Geldmenge M3 der Eurozone setzte mit einem Anstieg im Jahresvergleich um 2,8% nach zuvor 2,1% (Prognose 1,9%) positive Akzente. Das gilt auch für die private Kreditvergabe. Hier stellte sich im Jahresvergleich eine Zunahme um 2,6% (Prognose 2,4%) nach 2,4% ein.

Der Chart zeigt, dass es für M3 ein mühsamer Weg ist. Die Richtung stimmt!

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Der S&P Case/Shiller Hauspreisindex verzeichnete per Juli im 20 Städtevergleich einen Rückgang im Jahresvergleich um -4,1% nach -4,6% (revidiert von -4,5%). Analysten hatten ein Minus in Höhe von -4,4% erwartet. Ergo gab es per Juli etwas mehr Stabilität. Die zeitliche Nähe fehlt ein Stück weit. Jüngste Umsatzdaten am Wohnimmobilienmarkt deuten an, dass diesem Juliwert nicht zu viel Bedeutung zugemessen werden sollte.

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart des "Conference Board" legte leicht von sklerotischen 45,2 (revidiert von 44,5) auf 45,4 Punkte zu. die Prognose bei 46,0 Zählern wurde damit verfehlt. Der Blick auf den Chart verdeutlicht das ernüchternde Bild.

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Die Daten aus den USA bleiben insgesamt in hohem Maße unbefriedigend. Sie sind schlussendlich Ausdruck dafür, dass die USA unverändert auf Kosmetik und nicht Strukturmaßnahmen setzen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.3350 - 1.3800 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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