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Überraschender Lagerabbau unterstützt Ölpreis

05.10.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis handelt am Morgen wieder bei 101,5 USD je Barrel, WTI bei knapp 78 USD je Barrel. Gestern fiel Brent zwischenzeitlich unter die Marke von 100 USD je Barrel, ohne allerdings das August-Tief zu unterschreiten. Der WTI-Preis war sogar auf 75 USD je Barrel gefallen, den niedrigsten Stand seit September 2010. Zum anschließenden Preisanstieg dürfte die späte Erholung der Wall Street beigetragen haben, welche zu einer Aufhellung der allgemeinen Marktstimmung führte. Zudem stellte der Fed-Vorsitzende Bernanke angesichts der schwachen Wirtschaft weitere Stimulierungsmaßnahmen in Aussicht, was Hoffnungen auf weitere Liquiditätsspritzen schürte.

Auch von fundamentaler Seite gab es unterstützende Nachrichten. So berichtetet das American Petroleum Institute am Abend einen unerwarteten Lagerabbau bei Rohöl um 3,1 Mio. Barrel für die vergangene Woche. Auch die Lagerbestände von Ölprodukten verzeichneten deutliche Rückgänge. Die Benzinvorräte fielen um 5 Mio. Barrel, die Destillatebestände um 3 Mio. Barrel. Somit könnte die Erwartung eines Lageraufbaus um 1,5 Mio. Barrel bei Rohöl und von 1,5 Mio. Barrel bei Benzin zu optimistisch sein. Das US-Energieministerium veröffentlicht die offiziellen Lagerdaten am Nachmittag.

Der vom API berichtete Lagerabbau kann dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nachfragesituation in den USA weiterhin gedämpft ist. Laut Mastercard lag die US-Benzinnachfrage in den vergangenen vier Wochen durchschnittlich 2,5% niedriger als im Vorjahr. Sie sind mittlerweile seit 28 Wochen ununterbrochen gegenüber dem Vorjahr gefallen. Eine fortgesetzte Preiserholung ist daher unwahrscheinlich.


Edelmetalle

Der Goldpreis ist gestern erneut unter Druck geraten und ist kurzzeitig unter die Marke von 1.600 USD je Feinunze gefallen. Erneut waren Zwangsverkäufe am Futuresmarkt für den Preisrückgang verantwortlich. Wir hatten gestern darauf hingewiesen, dass die spekulativen Netto-Long-Positionen trotz des deutlichen Rückgangs in den vergangenen drei Wochen noch immer deutlich über dem Niveau von Herbst 2008 liegen. Somit dürften Preisanstiege wie Anfang der Woche von spekulativen Finanzanlegern zum Ausstieg genutzt werden. Solange die Zwangsliquidationen anhalten, bestehen beim Goldpreis Abwärtsrisiken. Die robuste physische Nachfrage dürfte einem stärkeren Preisrückgang entgegenstehen.

Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete gestern ebenfalls Abflüsse von 2,7 Tonnen. Die Abflüsse aus den Gold-ETFs summieren sich seit Mitte September auf gut 24 Tonnen, was angesichts des kräftigen Preisrückgangs in diesem Zeitraum als moderat zu bezeichnen ist. ETF-Anleger spielen beim jüngsten Preisrückgang somit keine große Rolle.

Die Goldproduzenten haben im zweiten Quartal laut GFMS per Saldo erneut 6 Tonnen Gold auf Termin verkauft (Hedging). Erstmals seit zehn Jahren wurde somit von den Produzenten an zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mehr Gold auf Termin verkauft als zurückgekauft. GFMS rechnet für das Gesamtjahr erstmals seit 1999 mit Netto-Termin-Verkäufen. Die Goldrückkäufe der Produzenten (De-hedging) waren in den vergangenen Jahren ein wichtiger angebotsreduzierender Faktor. An deren Stelle sind mittlerweile die Zentralbanken getreten.

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Industriemetalle

Ungeachtet der sich aktuell eintrübenden Konjunkturaussichten erwartet die International Copper Study Group ICSG nun ein Angebotsdefizit von 250 Tsd. Tonnen für das nächste Jahr. Dieses Jahr rechnet die ICSG jedoch mit einem Defizit von "lediglich" 200 Tsd. Tonnen. "Lediglich", weil noch im April ein Defizit von 377 Tsd. Tonnen für dieses Jahr prognostiziert worden war. Dies könnte teilweise den zuletzt starken Preisrückgang erklären, weil diese positive Einschätzung bereits zuvor in den Preisen berücksichtigt war. Zudem bleiben Risiken für weitere Abwärtsrevisionen für die Nachfrage.

Nicht nur, dass die Wirtschaft insbesondere in den OECD-Ländern zurzeit stark an Dynamik verliert, auch könnten die vergleichbar hohen Kupferpreise bereits starke Substitutionseffekte herbeigerufen haben. Die Research-Gruppe CRU erwartet, dass die Nachfrage nach Kupfer in diesem Jahr um bis zu 500 Tsd. Tonnen bzw. 2,5% geringer ausfällt, weil Kunststoff, Aluminium und Glasfaser Kupfer ersetzen würden. Angesichts der weiterhin starken Wirtschaftsdynamik Chinas und einer geringeren Verfügbarkeit von Schrott, welche den Anstieg der Sekundärproduktion bremst, rechnen wir jedoch weiterhin mit einem strukturellen Defizit am Kupfermarkt in diesem und im nächsten Jahr.

Deshalb dürften sich aus fundamentaler Sicht die Kupferpreise bald stabilisieren, obgleich die Warenterminmärkte oft zu Übertreibungen tendieren. Auch das zunehmende Interesse der chinesischen Händler stützt. Die Verdreifachung der gekündigten LME-Lagerscheine in nur einer Woche hat ausschließlich in Südkorea und Singapur stattgefunden.


Agrarrohstoffe

Die Internationale Kaffeeorganisation hat inzwischen ihre Annahme eines Marktdefizits in der laufenden Saison 2011/12 konkretisiert. Bei einer erwarteten weltweiten Produktion von 129,5 Mio. Sack à 60 kg und einer prognostizierten Nachfrage von 134 Mio. Sack ergäbe sich ein Defizit von 4,5 Mio. Sack. Ein Defizit dieser Größenordnung wird auch von anderen Marktbeobachtern für wahrscheinlich gehalten. Die Situation ist angesichts niedriger Lagerbestände dazu geeignet, die Kaffeepreise auf hohem Niveau zu halten. Allerdings sind auch diese nicht vor den Turbulenzen an den Finanzmärkten gefeit, zumal darunter auch die physische Nachfrage leiden könnte. In den letzten Tagen kam dazu, dass für wichtige Anbaugebiete Brasiliens die dringend benötigten Niederschläge vorhergesagt werden.

Angesichts der bevorstehenden Rekordernte im Haupterzeugerland Vietnam, hatte der Robusta-Preis sich in der letzten Zeit anders als der Arabica-Preis nicht mehr dem hohen Niveau vom Frühjahr nähern können. Am 3. Oktober wurden erstmals Daten zur Marktpositionierung an der LIFFE veröffentlicht. Diese zeigen, dass die spekulativen Finanzanleger in den vier Wochen zum 27. September die Long-Positionen bei Robusta kontinuierlich reduziert, die Short-Positionen dagegen aufgestockt haben. Im Saldo bleibt allerdings eine Netto-Long-Position von knapp 9.000 Kontrakten, d.h. die Mehrheit setzt weiter auf steigende Preise.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst


Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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