Suche
 
Folgen Sie uns auf:

BoE und EZB ohne Zinssenkungen, aber mit starken Unterstützungsmaßnahmen!

07.10.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.20 Uhr) bei 1.3430, nachdem im US-Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3451 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei 102.85, während EUR-CHF bei 1.2360 oszilliert.

Sowohl die Bank of England als auch die EZB und die Bank of Japan haben ihre Zinspolitiken nicht verändert. Gleichwohl belegt der Blick auf die Verbraucherpreise deutliche Unterschiede in der Qualität der Zinspolitik.
  • Der Leitzins Japans bei 0,00% - 0,10% korrespondiert mit dem Preisniveau bei 0,2%.

  • Das gilt für die EZB weitaus weniger. Hier bietet sich eine "solide" "Kaufkraft-Burnrate". Der Zins bei 1,5% und das Preisniveau bei 3% liefern eine historische Anomalie einer "Kaufkraft-Burnrate" in Höhe von 1,5%.

  • Diese Anomalie ist in Großbritannien deutlich ausgeprägter. Der Leitzins bei 0,50% steht hier einem Preisniveau von 4,5% gegenüber. Ergo steht die "Kaufkraft-Burnrate" hier bei beachtlichen 4%.

  • Werfen wir auch noch einen Blick auf die USA. Der Leitzins bei 0,00% steht einem offiziellen Verbraucherpreisanstieg von 3,8% gegenüber. Offiziell ergibt sich hier damit eine "Kaufkraft-Brunrate" von 3,8%. Da die Messung der Verbraucherpreise seit Anfang der 90er Jahre (Boskin-Kommission) als kreativ gelten muss, bedienen wir uns der Berechnung von John Williams von Shadow Goverment Statistics, der die Verbraucherpreise nach Berechnungsart von 1990 anbietet (Verarmung der US-Mittelschicht impliziter Beleg der Kreativität). Demnach liegt das Preisniveau bei mehr als 7% (siehe Chart). Entsprechend stellt sich die "Kaufkraft-Burnrate" auf massive 7%!

Open in new window


"Kaufkraft-Burnrates" sind nichts anderes als eine elegante Art der Abwertung oder des Schuldenschnitts. Die Tatsache, dass unsere Freunde in den Ratingagenturen diese Umstände, die im UK und in den USA aggressiv ausfallen, ungewürdigt lassen, darf als impliziter Beleg einer politischen Agenda interpretiert werden.

Fakt ist, dass aber auch die Eurozone von der "Burnrate" erfasst ist. Der Status der "Burnrate" ist im Vergleich zu den USA und dem UK jedoch als "frühpubertär" zu klassifizieren.

Die europäischen Zentralbanken treffen Vorsorgemaßnahmen, um die Virulenz der Defizitkrise zeitig zu nivellieren oder zu neutralisieren.

Das britische QE2 wurde mit einer neuen Runde in Höhe von 75 Mrd. GBP (zuvor bereits 200 Mrd. GBP) ins Leben gerufen. Der EZB-Rat teilte mit, dass ein Ankaufprogramm der EZB in Höhe von 40 Mrd. Euro zum Ankauf von Pfandbriefen und gedeckten Anleihen aufgelegt werde (Juni 2009 Programm über 60 Mrd. Euro). Das Programm sei temporär. Weiterhin wird zusätzliche langfristige Liquidität (12 und 13 Monate) den Banken in der Höhe unlimitiert zur Verfügung gestellt, da es zuletzt an den Geldmärkten zu Versteifungen gekommen ist.

Damit ergibt sich ein deutlicher qualitativer Unterschied zu der Situation 2007-2009. Damals lief man den Situationen hinterher. Jetzt steht Prophylaxe auf dem Plan. Das ist richtig. Zuversicht ist hier angebracht.

Es war aber falsch, diese Situation überhaupt erst zuzulassen. Die Eurozone ist "Champion" der Reformpolitik und Paradepferd der Stabilität im Sektor Neuverschuldung seit 2009 im Vergleich zu USA, Japan und UK.

Das "Spiel" um hegemoniale Macht (u.a. ordnungspolitischer Rahmen, Determinierungsmacht via Finanzmärkte und Medien) wurde in der Europa zu spät erkannt, wenn es überhaupt erkannt wird! Naivität wird am Finanzmarkt und in der Politik grundsätzlich bestraft. Wenn die Eurozone an der Krise zerbräche, bedeutete es nichts weiter, als dass sich Europa den Kräften unterordnen würde, die für die Krisen der letzten 15 Jahre maßgeblich verantwortlich zeigen und weitaus weniger fundamentale Qualität bieten als die Eurozone!

Die durch Spekulation unserer Freunde hervorgerufene Krise wird in den Geschichtsbüchern einmal als die überflüssigste Krise der Neuzeit definiert werden. Das falsche "Pferd" wird/würde hier geschlachtet. Mit dieser Sichtweise stehe ich nicht alleine. Ich bedanke mich an dieser Stelle für das gestern ausführlich geführte Gespräch mit Chris Zwermann.

Das niederländische Parlament hat den Beschlüssen vom 21. Juli bezüglich des EFSF mit breiter Mehrheit zugestimmt. Damit fehlen noch die Parlamente Maltas und der Slowakei. Die Nachrichten aus der Slowakei sind unverändert ambivalent. Herr Sulik gibt sich jede Mühe, Spaltpilz der Eurozone zu sein. Wir nehmen das zur Kenntnis. Man sieht sich meistens zweimal im Leben. Bisher hat die Slowakei nach unserem Kenntnisstand im Rahmen von EU-Mitteln massiv profitiert. Egoismus ist nicht schlecht - Egozentrik wird schlussendlich zumeist nicht belohnt ...


Die Datenfront lieferte unterschiedliche Signale:

Der deutsche Auftragseingang sank unerwartet per August um -1,4%. Erwartet war ein Anstieg um 0,3%. Der Vormonatswert wurde von -2,8% auf -2,6% revidiert. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 3,6% nach zuvor 8,9% ein. Die politischen Risiken ausgehend von der Eurozone fordern ihren konjunkturellen Preis.

Open in new window


Die US-Arbeitslosenerstanträge legten von 395.000 (revidiert von 391.000) auf 401.000 zu. Die Prognose war bei 410.000 angesiedelt. Hier ergeben sich keine wirklich neuen Erkenntnisse. Der beigefügte Chart unterstreicht die Entspannung im Verlauf der letzten Quartale. Das Niveau der letzten zwei Wochen impliziert für den Arbeitsmarktbericht einen leichten Stellenaufbau im Rahmen der Konsensusprognose.

Open in new window


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3120 - 50 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"