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Gold - wie ein Igel im Winterschlaf

04.07.2013  |  Ralf Flierl
...Oder: Warum der Mainstream das gelbe Metall ganz grundsätzlich nicht verstehen will.

Bens Weckruf

Wenn man die Publikationen des Mainstreams betrachtet, dann fällt vor allem die Haltung zum dramatischen Goldpreiseinbruch der letzten Monate ins Auge. Während fallende Preise in fast allen anderen Bereichen - Aktien, Immobilien, Renten, Konsumgüter - regelmäßig Anlass zu wortreicher Besorgnis geben, sind fallende Edelmetallnotierungen dort in der Regel der Auslöser ungetrübter Heiterkeit. Ben Bernanke - so der Tenor - habe mit seiner Ankündigung eines Endes der ultralockeren Geldpolitik den Schlussstrich unter die irrationale Goldrally des vergangenen Jahrzehnts gezogen.

Handelsblatt Online widmete dem Thema sogar ganze 99 Sekunden in denen sich Online-Chefredakteur Oliver Stock zu der Formulierung verstieg, dass Gold so unproduktiv sei, "wie ein Igel im Winterschlaf". Was von derartigen Analogien zu halten ist und dass der Winterschlaf für Igel mindestens ebenso wichtig ist wie der Goldbesitz in Zeiten eines sich auflösenden Papiergeldsystems, können Sie in unserer Online-Kolumne "Löcher in der Matrix" nachlesen. Bernankes Aussage könnte sich letztlich in ungeahnter Weise als Weckruf entpuppen.


Die Rolle der Banken

Auch internationale Großbanken geben sich gegenüber Gold & Co. gerne skeptisch. So reduzierte Goldman Sachs am 23.6. den Ausblick für Gold drastisch und erwartet für das Jahresende 2014 nur noch einen Kurs von 1.050 USD. Bemerkenswert in der Studie sind Sätze wie dieser: "Die jüngsten Bewegungen des Goldpreises haben die Risiken für weitere Verluste erhöht." Die Baisse nährt die Baisse?!

Kurz und prägnant lautet die Botschaft also: "Finger weg!". Auch eine Umfrage der Schweizer Großbank UBS schlägt in die gleiche Kerbe. Wiederum Handelsblatt Online sah sich zu folgender Überschrift veranlasst: "Gold: UBS-Umfrage verheißt weitere Verluste". Versuchen Sie sich doch spaßeshalber einmal das Wort "Verheißung" im Zusammenhang mit Kursverlusten bei Aktien oder Staatsanleihen vorzustellen: "Neue Studie verheißt Kursverluste bei Bundesanleihen".

Was im Umfeld des Goldpreisabsturzes betrieben wird, hat relativ wenig mit Berichterstattung und noch weniger mit Aufklärungsarbeit zu tun, es ist im wesentlichen Stimmungsmache und es scheint, als wollte der Mainstream nach einem Jahrzehnt der Schieflage in Sachen Edelmetalle auch ein paar aufgelaufene Rechnungen begleichen. Dass Großbanken wie Goldman Sachs und UBS nicht neutrale Forschungs- und Prognosearbeit leisten, sondern gewinnorientiert – wohl gemerkt am eigenen Gewinn orientiert – handeln, sollte man dabei vielleicht auch nicht ganz aus den Augen verlieren.

Die Commitment-of-Traders-Daten liefern zumindest deutliche Hinweise darauf, was gespielt wird: Rekordniedrig sind aktuell die Short-Positionen der sogenannten Commercials, wozu bei den Edelmetallen auch Bankhäuser wie J.P.Morgan gehören, die sich durch ihre aggressiven Silbershorts in der Vergangenheit einen gewissen Ruf erworben haben. Die „großen Jungs“ lassen zwar weiter gegen die Edelmetalle anschreiben, sind aktuell aber nicht mehr aggressiv für einen erneuten Kurssturz positioniert. Eine wichtige Information.

Überhaupt ist die Berichterstattung zu Gold in den letzten Tagen etwas zurückhaltender geworden, nachdem in den Wochen zuvor regelmäßig Krokodilstränen über fallende Kurse vergossen wurden. Möglicherweise hängt dies mit der deutlichen technischen Reaktion zusammen, die am Freitag stattfand und durchaus bereits Teil einer Bodenbildung sein kann. Mit solchen Überlegungen will man das Publikum aber wohl nicht beunruhigen.


Häme statt Fakten

Schon statistisch waren Ausmaß und Geschwindigkeit des Absturzes der Gold- und Silberpreise ausgesprochen unwahrscheinliche Ereignisse - sogenannte schwarze Schwäne. Sieht man diese vor dem Hintergrund der nach wie vor dramatischen, in Teilen sogar weiter verschärften internationalen Schuldenkrise, wird der Absturz gleich noch mysteriöser.

Wer nun glaubt, der Mainstream würde sich über die lapidare Bernanke-Erklärung hinaus - gar investigativ - auf die Suche nach den Ursachen des Kursdesasters machen, der wurde enttäuscht - die "Analyse" bestand im Wesentlichen aus Häme für diejenigen, die nicht auf den "guten Rat" gehört hatten, die Finger vom Gold zu lassen.

Ansonsten muss der Absturz des Goldpreises vor allem als Beleg dafür herhalten, dass die Krise im Wesentlichen überwunden sei und deshalb niemand mehr Edelmetalle benötige. Wie allerdings eine überwundene Schuldenkrise angesichts weiter anschwellender Schuldenpegel konkret aussehen soll, darüber herrscht Schweigen.

Eine erhebliche Entlastung gibt es sicher durch das im Rahmen der Finanziellen Repression absurd heruntermanipulierte Zinsniveau. Zinsen die sich aufgrund der Geldentwertung nicht rechnen und die zweifelhafte Bonität vieler Schuldner aus dem Staaten- und Bankenbereich nicht annähernd widerspiegeln.


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