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Fed und Griechenland sorgen für Verdruss

03.11.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise bewegen sich weiter im Einklang mit der Risikowahrnehmung an den Finanzmärkten. Die Unsicherheit über den Ausgang des griechischen Schuldenreferendums Anfang Dezember, der pessimistische Konjunkturausblick der US-Notenbank Fed und der Umstand, dass die Fed dennoch keine weiteren Stimulierungsmaßnahmen angekündigt hat, belasten die Stimmung und damit auch die Ölpreise. Wir erachten das Ölpreisniveau angesichts der Fundamentaldaten und der zahlreichen Risikofaktoren als zu hoch und rechnen mit einem Rückgang des Brentpreises auf 100 USD je Barrel in den kommenden Wochen.

Für niedrigere Preise sprechen auch die gestern vom US-Energieministerium veröffentlichten Lagerdaten. Demnach sind die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche unerwartet deutlich um 1,8 Mio. Barrel gestiegen. Die Lagerbestände liegen damit wieder 2% über dem langjährigen Durchschnitt. Noch vor zwei Wochen war der Lagerüberhang nahezu vollständig abgebaut worden, was zum deutlichen Rückgang der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI beitrug und die WTI-Terminkurve in Backwardation drehen ließ.

Die US-Benzinlagerbestände stiegen ebenfalls entgegen den Erwartungen um 1,4 Mio. Barrel. Hier macht sich die weiterhin schwache Benzinnachfrage bemerkbar, welche in den vergangenen vier Wochen 4% unter dem Vorjahresniveau lag. Einziger Lichtblick war der kräftige Abbau der US-Destillatebestände um 3,6 Mio. Barrel. Diese befinden sich aktuell 3,4% unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Destillatenachfrage liegt derzeit 9% über dem Vorjahresniveau und entwickelt sich damit sehr dynamisch.

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Edelmetalle

Die Staatsschuldenkrise in der Eurozone spitzt sich zu: Die Auszahlung der nächsten Hilfstranche an Griechenland wird auf Eis gelegt und erst ausgezahlt, wenn es keine Zweifel über den Ausgang des Referendums in Griechenland gibt. Entgegen ersten Meldungen soll die Volksabstimmung nun am 4. oder 5. Dezember stattfinden. Sollte das Referendum negativ ausfallen, würde Griechenland Mitte Dezember der Bankrott drohen. Dies dürfte auch Thema beim heute beginnenden G20-Treffen in Cannes sein. Die Unsicherheit bzgl. Griechenland bleibt damit einen weiteren Monat bestehen, wovon Gold als wertstabile Anlage und sicherer Hafen profitieren sollte.

Darüber hinaus steht die EZB-Sitzung im Mittelpunkt des Interesses. Diese wird zum ersten Mal vom neuen EZB-Präsidenten Draghi geleitet. Zu einer Zinssenkung, die bereits auf der letzten Ratssitzung diskutiert wurde, dürfte es allerdings noch nicht kommen. Aber auch ohne einen solchen Schritt bleiben die Zinsen und damit die Opportunitätskosten der Goldhaltung sehr niedrig, auch in den USA. Denn die US-Notenbank Fed geht weiter davon aus, dass die wirtschaftlichen Bedingungen außerordentlich niedrige Zinsen mindestens bis Mitte 2013 erfordern würden. Darüber hinaus wurden die Wachstumsprognosen für die US-Wirtschaft erneut reduziert und die Projektionen für die Arbeitslosenquote angehoben. Allerdings kam es entgegen mancher Erwartungen nicht zu einer klaren Ankündigung von "QE3".


Industriemetalle

Wie gewonnen, so zerronnen - diese Redewendung gilt erneut für die Metalle. Im Zuge der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in der Eurozone stehen die Preise wieder unter Druck und die zwischenzeitliche Erholung scheint zum Erliegen gekommen zu sein.

Auch die Stahlpreise in China stehen nach einer kurzen Phase der Erholung wieder unter Druck. Die Tonne warm gewalzter Stahl kostet laut Angaben von Antaike aktuell 4.217 CNY und damit 8,6% weniger als Anfang Oktober. Die chinesischen Stahlhersteller reduzieren verstärkt ihre Kapazitäten, indem sie z.B. Wartungsarbeiten vorziehen, um noch weiter fallenden Stahlpreisen entgegenzuwirken. Industriekreisen zufolge könnten daher im November über 1,5 Mio. Tonnen an Produktion aus dem Markt genommen werden. Dies entspricht knapp 3% der Monatsproduktion von September, was zuwenig sein dürfte, um nachhaltige Auswirkungen auf die Marktbilanz zu haben.

Zudem geben die stark gefallenen Eisenerzpreise - diese liegen aktuell 30% niedriger als Anfang Oktober - eher neuen Anreiz zur Ausweitung der Produktion. Die Stahlpreise dürften sich daher kurzfristig nicht wesentlich erholen können. Der Preisverfall von Eisenerz hat laut Angaben von „The Steel Index“ dazu geführt, dass weltweit im Oktober Eisenerzswaps im Volumen von mehr als 9 Mio. Tonnen abgewickelt wurden - ein neuer Rekordwert auf Monatsbasis.


Agrarrohstoffe

Der US-Maispreis ist gestern unter Druck geraten. Der Agraranalysedienst Informa hat seine Prognose für die US-Maisernte in diesem Jahr um 30 Mio. auf 12,549 Mrd. Scheffel nach oben revidiert. Damit ist Informa deutlich optimistischer als das US-Landwirtschaftsministerium, welches bislang von 12,433 Mrd. Scheffel ausgeht. Da Informa von unveränderten Flächenerträgen ausgeht, kann die Aufwärtsrevision nur auf eine höhere abgeerntete Fläche zurückzuführen sein. Laut USDA-Erntefortschrittsbericht liegt die US-Maisernte ca. eine Woche vor dem Plan. Allerdings sollen sich die Wetterbedingungen in den US-Anbaugebieten im Mittleren Westen in den kommenden Tagen verschlechtern, weshalb mit Ernteverzögerungen zu rechnen ist. Dies dürfte einem weiteren Preisrückgang entgegenstehen.

Der Verband der indischen Zuckerfabriken hat den Druck auf die Regierung erhöht, Zucker für den Export freizugeben. Demnach sollen eine Millionen Tonnen unverzüglich und bis März jeden Monat jeweils eine weitere Millionen Tonnen zum Export freigegeben werden. Die Regierung ist derzeit in Beratungen und wollte eine Entscheidung noch Anfang des Monats bekanntgeben. Die Welternährungsorganisation FAO rechnet mit einem Anstieg der weltweiten Zuckerproduktion in diesem Erntejahr um 4,1% auf 173,1 Mio. Tonnen. Angesichts dessen und einer schwächeren Nachfrage soll der weltweite Zuckermarkt das zweite Jahr in Folge einen Angebotsüberschuss aufweisen. Dies spricht für fallende Zuckerpreise in den kommenden Monaten.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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