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EZB-Zinssenkung gibt Rohstoffpreisen Auftrieb

04.11.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise bleiben hauptsächlich getrieben von externen Faktoren. Gestern sorgte die Absage des geplanten Referendums zu den Sparmaßnahmen für Preisauftrieb. Auch die überraschende Zinssenkung der EZB trug zur positiven Stimmung bei, weil diese von den Marktteilnehmern als wachstumsfördernd interpretiert wurde. Insgesamt lässt sich allerdings festhalten, dass sich die Ölpreise in Anbetracht der überwiegend negativen Nachrichten der vergangenen Wochen erstaunlich gut halten konnten.

Angesichts der offensichtlichen Kehrtwende der EZB hin zu einer stärker wachstumsorientierten Geldpolitik und der geringer gewordenen Wahrscheinlichkeit eines kurzfristigen Zahlungsausfalls Griechenlands dürften die Ölpreise zunächst unterstützt bleiben. Heute dürfte sich der Fokus erneut auf Griechenland richten, wo eine Vertrauensabstimmung im Parlament ansteht, deren Ausgang völlig offen ist. Zudem werden in den USA die Arbeitsmarktdaten für Oktober veröffentlicht. Ein enttäuschender Stellenaufbau und eine anhaltend hohe Arbeitslosenquote könnte die Risikoaversion wieder steigen lassen und die Ölpreise belasten.

Der Indexanbieter S&P Indices wird den Anteil von Brent im S&P GSCI Rohstoffindex im Jahr 2012 um 2,3 Prozentpunkte erhöhen und den von WTI um 1,4 Prozentpunkte senken. Dies könnte zu Umschichtungen seitens von Finanzanlegern führen und einer weiteren Einengung des Preisspreads zwischen diesen beiden Ölsorten entgegenstehen. Vor einem Monat hatten die Indexanbieter DJ/UBS eine ähnliche Anpassung ihres Rohstoffindex bekanntgegeben. Der Preisspread stieg kurz darauf auf ein Rekordniveau von knapp 30 USD je Barrel.


Edelmetalle

Mit einem Paukenschlag begann der neue EZB-Präsident Draghi gestern seine Amtszeit: In einem überraschenden Schritt senkte die EZB die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 1,25%. Der anfänglichen Euphorie an den Rohstoffmärkten wich jedoch bald Ernüchterung. Denn Draghi sprach von einer drohenden milden Rezession im Euroraum. Der Konjunkturausblick für die Eurozone hat sich der EZB zufolge zuletzt merklich verschlechtert. Der Hauptprofiteur dieser Maßnahme ist Gold, das sowohl in US-Dollar als auch in Euro gerechnet zwischenzeitlich auf ein 6-Wochenhoch von 1.770 USD bzw. über 1.280 EUR je Feinunze stieg. Denn die Opportunitätskosten der Goldhaltung werden bei den niedrigen Zinsen längerfristig ebenfalls niedrig bleiben.

Auch aufgrund der vielen Kehrtwenden in der Griechenland-Krise dürfte Gold als wertstabile Anlage und sicherer Hafen weiter stark nachgefragt bleiben. Im griechischen Parlament findet heute die Vertrauensabstimmung statt, welche Ministerpräsident Papandreou zu verlieren droht, so dass es bald zu Neuwahlen kommen könnte. Das Chaos in Griechenland ist daher noch nicht beendet. Allerdings gab es in den vergangenen zwei Tagen kaum Zuflüsse in die Gold-ETFs. Der Preisanstieg von Gold dürfte daher überwiegend durch den Futures-Markt getrieben worden sein. In der heute Abend zur Veröffentlichung anstehenden Statistik zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger an der COMEX wird dies jedoch noch nicht sichtbar sein. Zudem dürfte die physische Goldnachfrage in Asien im Vorfeld der indischen Hochzeitssaison hoch sein.

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Industriemetalle

In einem volatilen Handelsverlauf mit vielen Aufs und Abs scheint mittlerweile die Erleichterung darüber Oberhand zu gewinnen, dass es in Griechenland nicht zu einem Referendum kommt. Die Gefahr eines ungeordneten Zahlungsausfalls scheint damit vorerst gebannt, allerdings dürfte die Krise weiter schwelen. Die Metallpreise zieht es, u.a. unterstützt durch feste asiatische Aktienmärkte, dennoch nach oben. Auch die überraschende Zinssenkung der EZB wurde zu Käufen im Metallsektor genutzt.

Die chinesische Edelstahlproduktion hat laut Daten des Verbands der lokalen Edelstahlhersteller im dritten Quartal einen neuen Rekordwert von 3,17 Mio. Tonnen erreicht, 11% mehr als im Vorjahr. Aufgrund der aktuell schwachen Nachfrage und der fallenden Edelstahlpreise werden derzeit jedoch Kapazitäten reduziert. Im Zuge dessen geht auch die Nachfrage nach sogenanntem Nickelroheisen, einem Ersatz für verarbeitetes Nickel, merklich zurück.

Gleichzeitig greifen die chinesischen Edelstahlhersteller derzeit wieder verstärkt auf ebendieses verarbeitete Nickel zurück, nachdem die Preise hierfür stark gefallen sind und aktuell in China in etwa auf dem Niveau mit den Preisen für Nickelroheisen liegen. Der schon seit Jahresanfang zu beobachtende Lagerabbau der Nickelvorräte an der LME - diese liegen mit knapp 86 Tsd. Tonnen 37% niedriger als zu Beginn des Jahres - dürfte sich fortsetzen. Der Nickelpreis sollte daher im Moment gut unterstützt sein.


Agrarrohstoffe

Die weltweiten Nahrungsmittelpreise sind im Oktober den vierten Monat in Folge gesunken. Der von der Welternährungsorganisation FAO erhobene Preisindex fiel im vergangenen Monat um 4% auf 216 Punkte. Dies war der stärkste Rückgang seit 19 Monaten. Im Februar hatte der Index mit 238 Punkten ein Rekordniveau erreicht. Die FAO führt den Preisrückgang auf den scharfen Verfall der Rohstoffpreise zurück. Zudem hätten sich die Aussichten für das Angebot verbessert, während sich die Nachfrage angesichts des geringeren Wirtschaftswachstums schwächer entwickeln würde. Die FAO rechnet in diesem Jahr mit einem Anstieg der Weltgetreideproduktion um 3,7% auf ein Rekordniveau von 2,325 Mrd. Tonnen.

Die weltweiten Getreidelagerbestände sollen am Ende des Erntejahres 2011/12 bei 506 Mio. Tonnen und damit um 3,3% höher liegen als im Vorjahr. Hierfür ist insbesondere eine um 6% höhere globale Weizenproduktion verantwortlich. Aber auch bei Mais und Reis wurden die Angebotsschätzungen nach oben revidiert, bei Reis sogar auf ein Rekordniveau, was angesichts der Überflutungen in Thailand überraschen muss. Die merkliche Entspannung des Angebots macht sich insbesondere in den Weizenpreisen bemerkbar. Mit einem Minus von 26% seit Jahresbeginn weist CBOT-Weizen mit die schlechteste Preisentwicklung unter allen Rohstoffen in diesem Jahr auf. LIFFE-Weizen hat sich in diesem Jahr bislang um 17% ermäßigt.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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