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Bau der Keystone-Pipeline verzögert sich deutlich

11.11.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Erholung der libyschen Ölproduktion setzt sich fort. Laut dem amtierenden libyschen Ministerpräsidenten wird das Land seine Ölproduktion bis zum Ende des Jahres auf mehr als 700 Tsd. Barrel pro Tag steigern können. Somit wäre knapp die Hälfte des Vorkriegsniveaus wieder erreicht. Durch den Wegfall des Ölangebots aus Libyen und der damit verbundenen Knappheit an hochwertigem Öl in Europa war der Brentölpreis in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Die sich immer deutlicher abzeichnende Rückkehr Libyens an den Ölmarkt spricht daher für einen Rückgang des Brentölpreises in den kommenden Wochen. Die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI sollte sich damit ebenfalls einengen.

Ein anderer Grund, welcher für ein Zusammenlaufen der beiden Ölpreise gesprochen hätte, entfällt dagegen zunächst. Der Bau der Keystone-Pipeline in den USA wird sich aller Voraussicht nach verzögern. Die US-Regierung hat die Entscheidung über die Genehmigung der Pipeline bis nach den Wahlen Ende 2012 verschoben. Ursprünglich hätte die Pipeline bereits Ende 2012 fertiggestellt werden sollen. Dann wäre es möglich gewesen, Rohöl von Kanada an die US-Golfküste zu leiten und von dort nach Übersee zu exportieren. Die Pipelines aus den kanadischen Ölsandfeldern enden bislang in Cushing, was in der Vergangenheit zu einem Anschwellen der dortigen Lagerbestände geführt und den WTI-Preis nach unten gedrückt hat. Ohne die Keystone-Pipeline bleiben die Arbitragemöglichkeiten eingeschränkt, was eine Einengung der Preisdifferenz zwischen den beiden Ölsorten erschweren dürfte. Allerdings sind die Lagerbestände in den USA auch so zuletzt deutlich gesunken. Die Entscheidung der US-Regierung steht einem weiteren Zusammenlaufen der Preise für Brent und WTI somit nicht notwendigerweise entgegen.

Edelmetalle

Die zuletzt rückläufigen Goldpreise werden offensichtlich zu weiteren physischen Goldkäufen genutzt. Die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeichneten gestern erneut Zuflüsse von gut 2 Tonnen. Damit haben sie ihre Goldbestände in den letzten 13 Tagen ununterbrochen aufgebaut. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der Preisrückgang ausschließlich durch Futures-Verkäufe getrieben wurde. Dies könnte in der heute Abend nach Handelsschluss von der CFTC veröffentlichten Statistik zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger teilweise sichtbar werden. Kurzfristig scheinen die Märkte etwas zur Ruhe gekommen zu sein, nachdem sowohl in Griechenland als auch in Italien wieder politische Stabilität einzukehren scheint. Zudem konnten sich die Renditen italienischer Staatsanleihen – unter Zutun der EZB – von ihren Rekordhochs vom Vortag erholen.

Der Fokus der Marktteilnehmer dürfte sich nun auf die bevorstehenden Abstimmungen über die Sparbeschlüsse im italienischen Senat und Abgeordnetenhaus richten. Auch wenn die geplanten Reformen nicht blockiert werden dürften, ist weiterhin unklar, ob eine neue Regierung in Italien in der Lage sein wird, den Staatshaushalt ohne externe Hilfen erfolgreich zu sanieren. Gold sollte daher weiter von der anhaltend hohen Unsicherheit profitieren.

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Industriemetalle

Aluminium handelt seit Monatsbeginn ununterbrochen unter der Marke von 2.200 USD je Tonne und damit unter den Grenzkosten der Produktion. Diese werden in China, dem mit einem Marktanteil von 40% weltweit größten Aluminiumproduzenten, aufgrund der gestiegenen Energiekosten mittlerweile sogar auf 2.300 USD je Tonne geschätzt. Insbesondere kleinere Aluminiumschmelzen können derzeit nicht mehr profitabel arbeiten. Dies dürfte zu umfangreichen Produktionskürzungen führen. Im Oktober lag die chinesische Aluminiumproduktion bereits 11% unter dem Rekordwert vom Juni. Aber auch außerhalb Chinas kämpfen aktuell viele Aluminiumproduzenten mit den niedrigen Preisen. Berechnungen von Bloomberg zufolge könnten aktuell mindestens 25% der weltweiten Schmelzkapazitäten unprofitabel sein. Wie die Preise Ende 2008/Anfang 2009 so stark fielen, haben westeuropäische Aluminiumhersteller laut Angaben des International Aluminium Institute (IAI) ihre Produktion um 22% reduziert.

In China fiel der Produktionsrückgang mit 25% noch etwas stärker aus. Sollte es jetzt wieder zu ähnlichen Produktionskürzungen kommen, dürfte dies zu fallenden Lagerbeständen und einem ausgeglicheneren Markt führen. Allerdings hat Alcoa, einer der weltweit größten Aluminiumproduzenten, jüngst davor gewarnt, dass die Nachfrage in Europa derzeit sehr schwach oder teilweise sogar rückläufig sei. Dies dürfte kurzfristige Preissteigerungen bremsen. Langfristig betrachtet sollten die Grenzkosten der Produktion jedoch einen Boden für die Preise darstellen.

Agrarrohstoffe

Die chinesischen Baumwollimporte sind im Oktober um 163% gegenüber dem Vorjahr auf 252.300 Tonnen gestiegen. Die Baumwollpreise in China liegen derzeit 40% über den Preisen in New York. Seit September kaufen staatliche Stellen in China Baumwolle von den heimischen Produzenten zu Preisen von umgerechnet 140 US-Cents je Pfund, was ein Absinken der inländischen Preise verhindert und somit Anreize zu Importen setzt. Für November und Dezember könnten die Baumwollimporte Chinas Marktbeobachtern zufolge sogar 300 Tsd. Tonnen erreichen. Die rege Importnachfrage Chinas dürfte ein weiteres Absinken der Baumwollpreise in New York verhindern. Wir rechnen mit einer baldigen Rückkehr der Preise über die Marke von 100 US-Cents je Pfund. Dafür spricht auch die erneute Abwärtsrevision der US-Baumwollernte durch das US-Landwirtschaftsministerium auf 3,55 Mio. Tonnen, was einem Rückgang um 10% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Das niedrigere Preisniveau für LIFFE-Weizen scheint inzwischen die Weizenkäufer anzulocken. Die EU hat in der vergangenen Woche Exportlizenzen für 502 Tsd. Tonnen Weizen erteilt. In den vergangenen zwei Wochen wurden somit mehr als 1 Mio. Tonnen Weizen zum Export freigegeben. Dies ist eine deutliche Beschleunigung im Vergleich zu den vorherigen Wochen. Wir rechnen mit einem Preisanstieg auf 200 EUR je Tonne bis zum Jahresende.

Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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