Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Spekulatives und unfundiertes Kesseltreiben gegen Eurozone geht weiter - USA Defizit ausgeblendet …

17.11.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.56 Uhr) bei 1.3510, nachdem im asiatischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3423 markiert wurden. Der USD stellte sich gegenüber dem JPY auf 77.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 104.05, während EUR-CHF bei 1.2415 oszilliert.

Das spekulative und unfundierte Kesseltreiben gegen die Reformländer der Eurozone setzt sich weiter fort. Keine Meldung ist gut genug, um Ruhe und Sachlichkeit zu forcieren.

Technokraten, die an der Spitze Griechenlands und Italiens stehen, vor 12 Monaten noch undenkbar, sind für Märkte vollkommen irrelevant. Da wird dann schnell mal eine Falschmeldung von S&P (Abstufung Frankreichs) produziert, die den Fokus in Sekundenschnelle verschiebt. Die gestrige Meldung, dass Portugal alle Voraussetzungen für weitere Zahlungen erfüllt, interessiert ebenfalls nicht.

Der Chef der Eurogruppe Juncker betonte, dass Deutschland (81% des BIP) eine höhere Staatsverschuldung als Spanien (65% des BIP) hat, das aber niemanden bei der Bewertung kümmere (Profis aus USA, UK und D schon gar nicht ….). Das Niveau der deutschen Staatschulden liegt marginal unter Frankreichs Schuldenniveau. Das ist auch von keiner Bedeutung für die wesentlichen Marktteilnehmer.

Die Aufschläge der Kreditausfallversicherungen signalisieren das genaue Gegenteil der faktischen Gesundung der Eurozone. Damit werden die Reformerfolge gefährdet, auf jeden Fall werden sie erschwert. Damit werden Volkswirtschaften und Gesellschaften Europas von einer Spekulation bestraft, die keine Sachlichkeit kennt und faktisch eine Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital darstellt.

Es stellt sich die Frage, ob solche Bedingungen aus politischer Sicht tolerierbar sind. Es stellt sich die Frage, ob der Wirtschaftsweise Franz richtig liegt, indem er den Einsatz der EZB sakrosankt ablehnt.

Mit einem solchen Verzicht auf die Rolle der EZB würde die Eurozone für die Spekulation sehr berechenbar. Mit einer solchen Politik gefährdet man das Paradepferd der Stabilität in Fragen Neuverschuldung, Gesamtverschuldung und Reformfähigkeit im Vergleich zu USA, Japan und UK.

Man gefährdet ganze Volkswirtschaften, Gesellschaften und im Zweifelsfall die Stabilität der politischen Systeme. Diese Spekulation ist vergleichbar mit einem Finanzkrieg. Aktuell verliert die Eurozone trotz bester Fundamentaldaten im Vergleich zu USA, Japan und UK latent Schlachten.

Wer in solchem Umfeld auf seine Möglichkeiten lauthals verzichtet, dient nicht der "Res Publica" und er distanziert sich vom Humanismus, für den Europa als letzte Bastion noch steht. Er gefährdet die Integrität der Eurozone. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone bedeutet übrigens machtechnisch eine Unterwerfung unter die Machtachse NY-London, die für die wesentlichen Fehlentwicklungen der letzten 20 Jahre verantwortlich zeichnet (Deregulierung, Bilanzierung, Krisen etc.). "Food for thought!"

Mehr gibt es hier nicht zu sagen!


Werfen wir einen Blick in die USA:
  • Null Reformpolitik!
  • Null Reformfähigkeit (Dissens Demokraten/Republikaner)
  • Neuverschuldung im neuen Fiskaljahr stellt sich ab 01.10 während der ersten 46 Tage des Fiskaljahres auf 243,3 Mrd. USD oder 5,2 Mrd. USD pro Tag. Extrapoliert auf dass gesamte Fiskaljahr liegt der Wert bei mehr als 1.900 Mrd. USD oder circa 13% des BIP.

Diese katastrophalen Fakten bei einer politischen Paralyse der USA werden von Ratingagenturen und den angeblichen Profis in unserem Markt nicht ansatzweise diskontiert.

Derartige Asymmetrien in der Bewertung ergeben sich nie ohne Grund. Sie sind niemals Zufall. Sie müssen in der Stringenz der Abfolge der letzten 18 Monate als Politikansatz klassifiziert werden. Im vorherigen Absatz wurde der Begriff Finanzkrieg thematisiert. Krieg ist nicht mehr und nicht weniger als die ultimativste Form der Politik (die aus humanistischer Sicht abzulehnen ist …).


Werfen wir einen kurzen Blick auf die Veröffentlichungen, die uns gestern begleiteten:
  • Die Verbraucherpreise der Eurozone legten im Jahresvergleich um 3,0% per Oktober zu.
  • Die Verbraucherpreise der USA legten per Oktober im Jahresvergleich um 3,5% zu.
  • Die US-Industrieproduktion nahm im Monatsvergleich per Oktober um 0,7% zu.
  • Die Kapazitätsauslastung stellte sich in den USA per Oktober auf 77,8%.
  • Der NAHB-Housing Market Index legte per November von zuvor 18 auf 20 Punkte zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3350 - 1.3880 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"