EZB will nicht so wie Krugman will
Die EZB hat in dieser Woche beschlossen, die wöchentliche Obergrenze für ihr Bondmüll-Ankaufprogramm auf 20 Mrd. Euro festzusetzen. Bisher hat sie gut 190 Mrd. Euro in ihrem SMP (Securities Markets Programme, auf deutsch "Sonder-Müll-Programm") eingesetzt.
Warum agiert Draghi nicht wie soll oder wie Krugman und andere gehofft hatten? Draghi steht zusammen mit Bundesbank-Chef Weidmann mittlerweile ziemlich alleine da in der angeblichen Ablehnung der Rolle der EZB als "Kreditgeber der letzten Instanz". Ich denke, der Italiener wird früher oder später umfallen. Die Frage ist nur, warum jetzt nicht.
Ein Grund dürfte sein, dass man einen weiteren Schwächeanfall des Euro befürchtet. Der käme der deutschen Exportwirtschaft äußerst ungelegen. Günstigere Zeitpunkte für einen Meinungswechsel wird es künftig noch genügend geben – z.B. dann, wenn erst einmal das US-Schuldenthema wieder höher gekocht wird. Dass dann eigentlich rechtliche Umstände dagegen stehen – wen interessiert das schon. Die Verträge von Maastricht und Lissabon waren immer schon dazu gut, im Schrank zu stehen und gebrochen zu werden.
Ein weiterer Grund dürfte darin bestehen, dass Anfang Dezember ein Gipfeltreffen der Eurozone stattfindet. Hier könnte möglicherweise beschlossen werden, dass die EZB Geld an den IWF verleiht, mit dem Rettungspakete für vom Zahlungsausfall bedrohte Länder finanziert werden. Mit diesem Schritt würden rechtliche Probleme beim direkten Eingreifen der EZB umschifft, so hofft man. Andererseits muss man sich etwas einfallen lassen, nachdem die Hebelei der EFSF per Versicherungslösung von den "Märkten" erst einmal nicht akzeptiert wird (siehe im Blog: Eurozone: Krise erreicht Kern-Europa).
Zu den Märkten: Positive Konjunkturdaten aus den USA bestärken schon zuvor begründete Hoffnungen, dass das Wirtschaftswachstum anhält. Der US-Frühindikator des Conference Board stieg im Oktober um 0,9%, das ist der sechste Anstieg in Folge. Das private Forschungsinstitut erklärte, das Wachstum könnte sich im Frühling nach einer soliden Entwicklung im Winter möglicherweise sogar noch etwas verstärken.
Der S&P 500 ist mittlerweile wieder in der Region um 1.220 angekommen. Am Donnerstag war er bei Unterschreiten der EMA50 bei 1.224 stark unter Druck gekommen. Zum Wochenschluss zeigte er sich in volatilem Handel knapp behauptet. Die EMA50 wurde intraday zwar angegangen, konnte aber nicht zurückerobert werden. Im Zuge des steigenden Misstrauens der Banken untereinander dominierte die Flucht in Cash. Der Abverkauf der zurückliegenden Tage war breit angelegt, insbesondere Edelmetalle gerieten stark unter Druck, da halfen auch keine Meldungen über starke Goldkäufe durch die Notenbanken im dritten Quartal (siehe im Blog: Staaten mit starken Goldkaufen) .
Wie geht es weiter?
Wichtige Mosaiksteine bei der nachrichtenpolitischen Antwort hierauf: Bekommen Makrohoffnungen in den USA weitere Nahrung? Am kommenden Freitag, dem sogenannten "Black Friday" ist der (in-)offizielle Beginn des US-Weihnachtsgeschäfts, zuvor gibt es noch Zahlen über die Befindlichkeit des US-Konsumenten. Und: Wann schwenkt die EZB auf den Kurs der Fed ein, Schulden mit noch mehr Schulden zu bekämpfen? Wie entwickelt sich das US-Schuldenthema?
Der zentrale indikatortechnische Mosaikstein bei US-Aktien ist die Entwicklung der Stimmung, wie sie anhand des VIX und des PCR (und daraus angeleitet, der Positionierung in Indexoptionen) gemessen werden kann. Die Indikatoren zeigen seit Monaten nicht nach oben. Daraus kann man zwar einerseits ableiten, dass es eine Änderung immer wahrscheinlicher wird. Dazu ist allerdings eine merkliche Verbesserung der Nachrichtenlage in Bezug auf das Schuldenthema erforderlich.
Erwähnte Charts und Beiträge können hier eingesehen werden: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/
© Klaus G. Singer
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