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Wo ist die Druckerpresse der EZB?

25.11.2011  |  John Mauldin
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Auf der anderen Seite gibt es viele Staaten mit einer geringen Sozialfürsorge und einer großen Schuldenlast. Die Anhäufung riesiger Schuldenberge ist ein nationales Problem, das so viel mit dem Charakter zu tun hat wie alles andere. Das trifft sowohl auf Familien als auch auf Staaten zu. Das Problem entsteht dadurch, dass man heute Produkte und Dienstleistungen kaufen will, für die man erst in der Zukunft bezahlt.

Darlehen können auch sinnvoll genutzt werden. Wenn sie richtig eingesetzt werden, können sie von großem Nutzen für eine Gesellschaft oder eine Familie sein. Menschen können dadurch Häuser kaufen und Maschinen erwerben, die zur Produktion eingesetzt werden können, Straßen bauen sowie andere infrastrukturelle Maßnahmen finanzieren. Aber Schulden dürfen nicht zur Grundlage des Budgets oder zur Quelle der laufenden Ausgaben werden. Dies gilt, wie bereits erwähnt, sowohl für Familien als auch für Staaten. Griechenland und die anderen Problem-Staaten haben ihre Kredite genutzt, um laufende Ausgaben zu finanzieren und werden nun mit der Unmöglichkeit konfrontiert, sich noch so tragbaren Konditionen finanzieren zu können.

Die einfache Lösung liegt darin, seine Ausgaben zu senken. Eine Senkung der Ausgaben, auch wenn kreditfinanzierte Ausgaben sind, beeinflusst das BIP. Das mag vielleicht notwendig sein, zieht jedoch Konsequenzen mit sich. Irland, ein kleines Land mit 4,3 Mio. Einwohnern, hat gerade erst fast 1 Mrd. Euro zur Schuldenbedienung für die Schulden seiner bankrotten Banken gezahlt. Das ist in Irland sehr unpopulär und es wird nicht mehr lange dauern bis die Regierung einfach nein sagt.

Wenn es die derzeitige Regierung nicht tut, dann wird es eine neue geben, die so vorgehen wird. Sofern die Iren ihre Schulden nicht neu verhandeln, werden sie diese noch jahrzehntelang abbezahlen müssen. Private Kredite, die an europäische Banken aufnahmen (und die es irischen Banken liehen), sind jetzt öffentliche Schulden. Und das sind strafende, erdrückende Schulden.

Egal, von welchem Problem-Staat oder -Haushalt wir sprechen, die Antwort auf das Problem scheint immer, entweder direkt oder indirekt, die Zahlungsunfähigkeit zu sein. (Auch wenn die führenden Regierungen der Eurozone meinen, dass ein Schuldenschnitt einer Bank von 50% "freiwillig" geschieht. Wer's glaubt... Die Europäischen Regierungen haben ein anderes Verständnis von "freiwillig", als ich in der Schule gelernt habe.)

Das ist jedoch das Problem. Die EU-Kommission versucht gerade herauszufinden, wie sie 1 Billion Euro auftreiben kann, um Südeuropa und Irland aus der Klemme zu helfen. Bis jetzt haben sie es nicht geschafft und der Markt ist sich dessen und der Tatsache bewusst, dass dieser Betrag nicht einmal annähernd ausreicht. Die europäischen Regierungen sind nicht (zumindest öffentlich) in der Lage, 3 Billionen Euro aufzutreiben. Aber egal, ob sie weitere Billionen Euro "finden" können oder nicht, müssen die Schulden umstrukturiert werden oder ausfallen. Wenn man diesen Weg wählt, wie es bei den Griechen der Fall war, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Gleiche mit Portugal und Irland passiert; und sind Spanien und Italien ihnen nicht dicht auf den Fersen?

Wenn der Hebel auf dich zurückschlägt

Europäische Regulierungsbehörden genehmigten ihren Banken, ihr Kapital durch die Aufnahme von Fremdmitteln in einem Verhältnis von bis zu 450 zu 1 zu hebeln, gemäß der Theorie, dass souveräne Staaten in einem fortschrittlichen Europa ihre Zahlungsfähigkeit nicht verlieren können und deshalb kein Eigenkapital für "Investitionen" in Staatsdarlehen hinterlegt werden muss. Infolge dieser Vorgaben liehen sich Banken äußerst viel Geld und investierten es in Staatsanleihen, um vom Spread zu profitieren. Dies war eine großartige Maschine zur Gewinngenerierung. Bis sich Griechenland zu einem Hindernis entwickelte. Nun befinden wir uns in einem Alptraum. Auch wenn Sie nur 4% der Assets Ihrer Bank in griechische Staatsanleihen investiert haben und das mehr als ihr Eigenkapital ist, sind Sie nun bankrott.

Irische Banken waren töricht und investierten in Immobilien, während sich der irische Immobilienmarkt in einer Blase befand. Sie gingen bankrott. Spanische Banken investierten sogar noch mehr in Immobilien, müssen ihre Schulden jedoch erst noch abschreiben. Sie gehen davon aus, dass die Immobilien nur 15% ihres Wertes verlieren werden, in der Realität werden es schätzungsweise 50% sein. Damit kommt man eine Zeit lang davon, wenn einem die Agenturen gehören, die die Immobilienschulden bewerten, wie es spanische Banken vormachen. Die anderen europäischen Banken werden größtenteils jedoch durch die altmodische, altbewährte, seit Jahrhunderten existierende Methode bankrott gehen: durch den Kauf von Staatsschulden. Aus irgendeinem Grund soll es als klug gelten, Regierungsschulden mit Krediten zu kaufen.

Wie ich den Iren bereits vergangene Woche sagte, sollten sie sich keine Sorgen um ihre Bankdarlehen machen, sie müssen nur eine Weile warten. Wenn die Banken Frankreichs und Italiens (und der Großteil aller anderen europäischen Banken) öffentlich insolvent sind und die jeweiligen Regierungen sowie die EZB um Geld bitten müssen, wird der relativ kleine Betrag des irischen Bankdarlehens gar nicht bemerkt werden, wenn sie zahlungsunfähig sind. Ich mache nur Spaß, aber ein Funken Wahrheit ist an dieser Aussage dran.

Frankreich kann es sich nicht leisten, seine Banken herauszuhauen. Wie wir diese Woche erlebten, sind sie bereits drauf und dran, ihr AAA-Rating zu verlieren, wie eine falsche (oder voreilige?) Pressemitteilung von S&P verlauten ließ. (Jemand steckt deshalb in großen Schwierigkeiten! Glauben Sie ernsthaft, dass S&P nicht bereit dazu ist? Es ist nicht abwegig, dass dies ein Entwurf für eine Pressemitteilung war, die zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen soll. Wir werden sehen.) Frankreich wird von der Eurozone fordern, ihre Banken zu retten und das bedeutet, dass die EZB einspringen muss. Wenn Frankreich damit durchkommt, wird auch Irland die Hilfe der EZB einfordern.


Das Dilemma Deutschlands

Das bringt uns zum dritten Problem, das wiederum aus zwei Teilen besteht: (1) das enorme Handelsungleichgewicht in Europa, das darauf zurückzuführen ist, dass nur Deutschland und einige andere Staaten exportieren und der Rest Europas importiert. Und (2) die Tatsache, dass die deutschen Arbeitskräfte im Verhältnis zu Griechenland oder Portugal (und zum Großteil der Eurozone) relativ weitaus schlechter bezahlt werden. Die Einkommen in Deutschland sind nur geringfügig gestiegen, während die Gehälter in Südeuropa um mehr als 30% gestiegen sind.

Ich werde nicht auf die Details eingehen (denn darüber habe ich bereits geschrieben), aber es gibt eine ökonomische Grundregel, die lautet: Man kann die private Verschuldung reduzieren und man kann die Staatsschulden reduzieren und man kann einen Handelsdefizit unterhalten. Man kann jedoch nur zwei dieser drei Dinge gleichzeitig tun. Das Gleichgewicht der drei muss bewahrt werden.

Griechenland hat ein enormes Handelsdefizit. Zudem versucht Griechenland, seine Staatsschulden zu reduzieren und die Privatverschuldung (das von Unternehmen und Konsumenten geliehene Geld) wird gezwungenermaßen reduziert, da sich die Banken vollständig zurückziehen.

Griechenland muss daher eine große Senkung der Arbeitskosten erdulden, um das Staatsdefizit zu verringern. Bringen Sie das einmal den Gewerkschaften bei. (Im Übrigen mussten die öffentlichen Gewerkschaften einen starken Rückgang hinnehmen, ähnlich wie die Rentner. Anderes politisches Klima und anderer Staat.) Deutschland will anscheinend, dass sich der Rest Europas wie Deutschland verhält, mit Ausnahme der Tatsache, dass die anderen EU-Staaten weiterhin deutsche Produkte kaufen und das Handelsdefizit beibehalten sollen, während Deutschland seinen Weg des Wohlstands exportiert.

Vor einem Jahrzehnt konnte ein europäischer Staat seine Währung einfach abwerten und den relativen Arbeitswert dementsprechend anzupassen. Infolge einer fixierten Währung gibt es jedoch keine Anpassungsmethode, außer sinkende Löhne oder eine wachsende Arbeitslosigkeit, die letztendlich zu einer Gehaltsabnahme führt.

Im Wesentlichen hat der südliche Teil Europas eine merkwürdige Form des "Goldstandards", wobei der Euro als festgelegter Standard fungiert. Anpassungen sind schmerzhaft. Wenn man den Euro als Währung beibehält, ist die Lösung nicht einfach. Den Euro zu verlassen wäre jedoch ebenso ein Alptraum.




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