Marktteilnehmer bleiben verunsichert
23.11.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Die Ölpreise stehen angesichts negativer Konjunkturdaten aus China unter Druck. Der Brentpreis fällt am Morgen auf 108 USD je Barrel. Der WTI-Preis ist unter die Marke von 97 USD je Barrel gerutscht. Damit hat sich die Preisdifferenz zwischen den beiden Ölsorten zuletzt wieder etwas ausgeweitet. Die WTI-Terminkurve weist zudem im vorderen Laufzeitbereich wieder eine leichte Contango-Struktur auf, d.h. der nächstfällige Terminkontrakt notiert unter den darauffolgenden Terminkontrakten. Eine derartige Konstellation geht für gewöhnlich mit einem reichlichen Angebot einher.
Zwar zeigten die gestern vom American Petroleum Institute veröffentlichten Daten einen überraschend kräftigen Lagerabbau bei Rohöl um 5,6 Mio. Barrel. Dafür stiegen allerdings die Lagerbestände in Cushing um 791 Tsd. Barrel. Einem deutlicheren Preisrückgang bei Rohöl stehen derzeit vor allem die geopolitischen Risiken entgegen. Sollte es zu einem Boykott iranischer Öllieferungen durch den Westen kommen, müsste diese Nachfrage durch andere Anbieter bedient werden. Der Produktionsausfall Libyens hat gezeigt, dass dies ohne einen Preisanstieg kaum möglich wäre.
Dass Libyen derzeit an den Markt zurückkommt, könnte die Situation entlasten. Wir gehen davon aus, dass der Brentölpreis bis zum Jahresende auf 100 USD je Barrel fallen wird. Die gestrigen API-Daten unterstützen zudem die bereits seit einigen Wochen zu beobachtende Stärke von Diesel im Vergleich zu Benzin. Denn während die Benzinvorräte um 5,4 Mio. Barrel angeschwollen sind, schrumpften die Destillatevorräte um weitere 900 Tsd. Barrel. Diesel, das üblicherweise billiger als Benzin ist, kostete Mitte November gut 10% mehr als Benzin. Der aktuelle Preisaufschlag ist teilweise witterungsbedingt, teilweise auf für diese Jahreszeit unterdurchschnittliche Lagerbestände bei den Mitteldestillaten zurückzuführen.
Edelmetalle
Gold kann die gestrige Preiserholung heute Morgen fortsetzen und die Marke von 1.700 USD je Feinunze zurückerobern. Unterstützt wird das gelbe Edelmetall durch neuerliche Zuflüsse in die Gold-ETFs. Allein der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete gestern Zuflüsse von 6 Tonnen. Die Bestände nähern sich damit dem Allzeithoch. Die langfristig orientierten Investoren setzen also weiterhin stark auf steigende Preise und sehen Gold als wertstabile Anlage sowie sicheren Hafen. Die Verunsicherung zeigt sich in der Ausweitung der Renditeabstände von 10-jährigen Staatsanleihen der übrigen Länder der Eurozone zu 10-jährigen Bundesanleihen.
Zudem nehmen die politischen Spannungen zwischen Brüssel und Berlin zu. So wird die EU-Kommission heute ein Papier zum Thema "Stabilitätsbonds" vorlegen, in dem Varianten von möglichen Eurobonds diskutiert werden. Die Bundesregierung hat sich bislang strikt gegen Eurobonds ausgesprochen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die EZB dem Druck der Politik nachgibt und noch stärker am Rentenmarkt eingreift, sollten die Renditen vor allem in Italien und Spanien weiter anziehen. Dies könnte langfristig die Abkehr von einer stabilen Währung bedeuten, was Gold als Alternativwährung noch interessanter macht. Wir gehen daher nach wie vor von einem Anstieg des Goldpreises aus und sehen diesen am Jahresende bei 1.800 USD je Feinunze.
Industriemetalle
Die Erholung an den Rohstoffmärkten scheint bereits wieder weitgehend vorbei und es mehren sich auch bei den Metallpreisen die negativen Vorzeichen. Neben schwächeren asiatischen Aktienmärkten und einem stärkeren US-Dollar belasten auch chinesische Konjunkturdaten. Der von der Großbank HSBC berechnete vorläufige Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China für November ist auf 48 und damit unter die Marke von 50 gefallen, die Expansion anzeigt. Solange die negative Stimmung die Oberhand an den Märkten behält, dürften auch die Metalle weiter unter Druck bleiben.
Gemäß Daten des Weltstahlverbands ist die globale Stahlproduktion auf Tagesbasis im Oktober im Vergleich zum Vormonat um 3% auf weniger als 4 Mio. Tonnen gefallen. Dies entspricht dem niedrigsten Wert seit Dezember letzten Jahres. Die Kapazitätsauslastung ist auf 76,5% und damit den tiefsten Stand in diesem Jahr gesunken. Insgesamt wurden im Oktober weltweit 124 Mio. Tonnen Stahl produziert. Da die Stahlhersteller derzeit auf die schwache Nachfrage und die rückläufigen Preise reagieren und bereits weitere Produktionskürzungen angekündigt haben - vor allem in Europa sollen Hochöfen vorübergehend abgeschaltet werden - dürften die Produktionsraten in den kommenden Monaten weiter zurückgehen. Dies dürfte u.E. jedoch nicht ausreichen, den Sinkflug der Stahlpreise kurzfristig zu stoppen.
Agrarrohstoffe
In Indien werden bis auf weiteres Weißzuckerexporte in Höhe von 1 Mio. Tonnen erlaubt. Die gestrige Entscheidung bleibt damit hinter den Forderungen der Industrie zurück. Von Seiten der Politik wird dies damit begründet, dass ein Ausgleich zwischen den sich widersprechenden Interessen von Industrie, Landwirten und Verbrauchern gefunden werden müsse. Viele Beobachter hatten zudem erwartet, dass Exporte eher in Tranchen über 500 Tsd. Tonnen zugelassen würden. Die Entscheidung könnte daher ein für die Saison insgesamt hohes Niveau an Exporten andeuten.
Wir gehen davon aus, dass mindestens 3 Mio. Tonnen exportiert werden. Dagegen ist die Perspektive in Brasilien eher getrübt: Bereits in dieser Saison sind in der Hauptregion Center-South bedingt durch Witterung und veraltende Plantagen über 8% weniger Zuckerrohr geerntet worden. Für die nächste Saison sieht es nicht wesentlich besser aus, da die Investitionen noch immer nicht ausreichen.
Die Produktionskosten für Zucker in Brasilien sind inzwischen nach Angaben des Beraterhauses Kingsman vor allem bedingt durch höhere Arbeits- aber auch Dünger- und Pflanzenschutzkosten auf 18-20 US-Cents je Pfund gestiegen. International stärkt dies die Position bisher weniger wettbewerbsfähiger Anbieter. Im Zuge dessen ist auch der Anteil des Zuckers aus Zuckerrüben gegenüber Zuckerrohr wieder leicht gestiegen. In einem ersten Ausblick auf die nächste Saison rechnet die Internationale Zuckerorganisation mit einem weitgehend ausgeglichenen Markt. Dies sollte die Preise nach unten absichern.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Ölpreise stehen angesichts negativer Konjunkturdaten aus China unter Druck. Der Brentpreis fällt am Morgen auf 108 USD je Barrel. Der WTI-Preis ist unter die Marke von 97 USD je Barrel gerutscht. Damit hat sich die Preisdifferenz zwischen den beiden Ölsorten zuletzt wieder etwas ausgeweitet. Die WTI-Terminkurve weist zudem im vorderen Laufzeitbereich wieder eine leichte Contango-Struktur auf, d.h. der nächstfällige Terminkontrakt notiert unter den darauffolgenden Terminkontrakten. Eine derartige Konstellation geht für gewöhnlich mit einem reichlichen Angebot einher.
Zwar zeigten die gestern vom American Petroleum Institute veröffentlichten Daten einen überraschend kräftigen Lagerabbau bei Rohöl um 5,6 Mio. Barrel. Dafür stiegen allerdings die Lagerbestände in Cushing um 791 Tsd. Barrel. Einem deutlicheren Preisrückgang bei Rohöl stehen derzeit vor allem die geopolitischen Risiken entgegen. Sollte es zu einem Boykott iranischer Öllieferungen durch den Westen kommen, müsste diese Nachfrage durch andere Anbieter bedient werden. Der Produktionsausfall Libyens hat gezeigt, dass dies ohne einen Preisanstieg kaum möglich wäre.
Dass Libyen derzeit an den Markt zurückkommt, könnte die Situation entlasten. Wir gehen davon aus, dass der Brentölpreis bis zum Jahresende auf 100 USD je Barrel fallen wird. Die gestrigen API-Daten unterstützen zudem die bereits seit einigen Wochen zu beobachtende Stärke von Diesel im Vergleich zu Benzin. Denn während die Benzinvorräte um 5,4 Mio. Barrel angeschwollen sind, schrumpften die Destillatevorräte um weitere 900 Tsd. Barrel. Diesel, das üblicherweise billiger als Benzin ist, kostete Mitte November gut 10% mehr als Benzin. Der aktuelle Preisaufschlag ist teilweise witterungsbedingt, teilweise auf für diese Jahreszeit unterdurchschnittliche Lagerbestände bei den Mitteldestillaten zurückzuführen.
Edelmetalle
Gold kann die gestrige Preiserholung heute Morgen fortsetzen und die Marke von 1.700 USD je Feinunze zurückerobern. Unterstützt wird das gelbe Edelmetall durch neuerliche Zuflüsse in die Gold-ETFs. Allein der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete gestern Zuflüsse von 6 Tonnen. Die Bestände nähern sich damit dem Allzeithoch. Die langfristig orientierten Investoren setzen also weiterhin stark auf steigende Preise und sehen Gold als wertstabile Anlage sowie sicheren Hafen. Die Verunsicherung zeigt sich in der Ausweitung der Renditeabstände von 10-jährigen Staatsanleihen der übrigen Länder der Eurozone zu 10-jährigen Bundesanleihen.
Zudem nehmen die politischen Spannungen zwischen Brüssel und Berlin zu. So wird die EU-Kommission heute ein Papier zum Thema "Stabilitätsbonds" vorlegen, in dem Varianten von möglichen Eurobonds diskutiert werden. Die Bundesregierung hat sich bislang strikt gegen Eurobonds ausgesprochen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die EZB dem Druck der Politik nachgibt und noch stärker am Rentenmarkt eingreift, sollten die Renditen vor allem in Italien und Spanien weiter anziehen. Dies könnte langfristig die Abkehr von einer stabilen Währung bedeuten, was Gold als Alternativwährung noch interessanter macht. Wir gehen daher nach wie vor von einem Anstieg des Goldpreises aus und sehen diesen am Jahresende bei 1.800 USD je Feinunze.
Industriemetalle
Die Erholung an den Rohstoffmärkten scheint bereits wieder weitgehend vorbei und es mehren sich auch bei den Metallpreisen die negativen Vorzeichen. Neben schwächeren asiatischen Aktienmärkten und einem stärkeren US-Dollar belasten auch chinesische Konjunkturdaten. Der von der Großbank HSBC berechnete vorläufige Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China für November ist auf 48 und damit unter die Marke von 50 gefallen, die Expansion anzeigt. Solange die negative Stimmung die Oberhand an den Märkten behält, dürften auch die Metalle weiter unter Druck bleiben.
Gemäß Daten des Weltstahlverbands ist die globale Stahlproduktion auf Tagesbasis im Oktober im Vergleich zum Vormonat um 3% auf weniger als 4 Mio. Tonnen gefallen. Dies entspricht dem niedrigsten Wert seit Dezember letzten Jahres. Die Kapazitätsauslastung ist auf 76,5% und damit den tiefsten Stand in diesem Jahr gesunken. Insgesamt wurden im Oktober weltweit 124 Mio. Tonnen Stahl produziert. Da die Stahlhersteller derzeit auf die schwache Nachfrage und die rückläufigen Preise reagieren und bereits weitere Produktionskürzungen angekündigt haben - vor allem in Europa sollen Hochöfen vorübergehend abgeschaltet werden - dürften die Produktionsraten in den kommenden Monaten weiter zurückgehen. Dies dürfte u.E. jedoch nicht ausreichen, den Sinkflug der Stahlpreise kurzfristig zu stoppen.
Agrarrohstoffe
In Indien werden bis auf weiteres Weißzuckerexporte in Höhe von 1 Mio. Tonnen erlaubt. Die gestrige Entscheidung bleibt damit hinter den Forderungen der Industrie zurück. Von Seiten der Politik wird dies damit begründet, dass ein Ausgleich zwischen den sich widersprechenden Interessen von Industrie, Landwirten und Verbrauchern gefunden werden müsse. Viele Beobachter hatten zudem erwartet, dass Exporte eher in Tranchen über 500 Tsd. Tonnen zugelassen würden. Die Entscheidung könnte daher ein für die Saison insgesamt hohes Niveau an Exporten andeuten.
Wir gehen davon aus, dass mindestens 3 Mio. Tonnen exportiert werden. Dagegen ist die Perspektive in Brasilien eher getrübt: Bereits in dieser Saison sind in der Hauptregion Center-South bedingt durch Witterung und veraltende Plantagen über 8% weniger Zuckerrohr geerntet worden. Für die nächste Saison sieht es nicht wesentlich besser aus, da die Investitionen noch immer nicht ausreichen.
Die Produktionskosten für Zucker in Brasilien sind inzwischen nach Angaben des Beraterhauses Kingsman vor allem bedingt durch höhere Arbeits- aber auch Dünger- und Pflanzenschutzkosten auf 18-20 US-Cents je Pfund gestiegen. International stärkt dies die Position bisher weniger wettbewerbsfähiger Anbieter. Im Zuge dessen ist auch der Anteil des Zuckers aus Zuckerrüben gegenüber Zuckerrohr wieder leicht gestiegen. In einem ersten Ausblick auf die nächste Saison rechnet die Internationale Zuckerorganisation mit einem weitgehend ausgeglichenen Markt. Dies sollte die Preise nach unten absichern.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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