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Angebotsrisiken stützen Ölpreis

25.11.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise können sich angesichts des anhaltenden Gegenwinds seitens der Finanzmärkte in Gestalt eines steigenden US-Dollar, fallender Aktienmärkte und steigender Anleiherenditen in der Eurozone weiterhin erstaunlich gut behaupten. Der Brentölpeis handelt über der Marke von 107 USD je Barrel, WTI-Rohöl wird bei 96 USD je Barrel gehandelt.

Für Unterstützung sorgen fallende US-Lagerbestände und Angebotsrisiken. Frankreich möchte ein Embargo für Öleinfuhren aus dem Iran verhängen. Sollten sich weitere Länder dem Ansinnen anschließen, könnte dies einen preistreibenden Einfluss haben, weil die Konkurrenz um nicht-iranisches Öl entsprechend steigt. Die EU hat im ersten Halbjahr 450 Tsd. Barrel pro Tag an Rohöl aus dem Iran importiert. Damit war die EU hinter China der zweitgrößte Absatzmarkt für iranisches Rohöl. In der Folge eines weitreichenden Lieferboykotts für iranisches Öl könnte sich daher auch die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI wieder ausweiten.

Die verbleibenden Käufer iranischen Öls, allen voran China, Japan und Indien, könnten dagegen von niedrigeren Preisen profitieren. Die Folgen eines Ölembargos gegen den Iran könnten durch die Rückkehr der Ölproduktion Libyens teilweise kompensiert werden. Der staatlichen libyschen Ölgesellschaft NOC zufolge beträgt die Ölproduktion des Landes 750 Tsd. Barrel pro Tag und liegt damit wieder bei knapp 50% des Vorkriegsniveaus. Kurzfristig ist ohnehin keine Angebotsknappheit zu befürchten. Die OPEC wird ihre Öllieferungen der Beratungsgesellschaft Oil Movements zufolge in den vier Wochen zum 10. Dezember um 1,9% auf 23,52 Mio. Barrel pro Tag ausweiten. Wir sehen daher für den Ölpreis weiterhin Abwärtsrisiken.

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Edelmetalle

Die negativen Nachrichten bezüglich der Staatsschuldenkrise in der EU reißen nicht ab. Gestern wurden sowohl Portugal als auch Ungarn von den Ratingagenturen herabgestuft und verloren ihr "Investment Grade"-Rating. Zugleich steigen die Risikoaufschläge für Schulden von Deutschland, nachdem die Anleiheauktion am Mittwoch enttäuschend verlief. Der Status der Bundesanleihen als „sicherer Hafen“ bekommt damit Kratzer. Darüber hinaus wird immer deutlicher, dass Eurobonds die einzige verbleibende Option für Europas Politiker sein könnten. Denn der Leverage des EFSF dürfte scheitern und die EZB ist weiterhin nicht bereit, durch unbegrenzte Interventionen Italien und Spanien zu retten und dafür die Inflationskontrolle aufzugeben. Noch lehnt Bundeskanzlerin Merkel Eurobonds jedoch strikt ab.

Profiteur dieser Gemengelage ist der US-Dollar, der sich selbst mehr und mehr als "sicherer Hafen" herauskristallisiert und gegenüber dem Euro weiter aufwertet. Dies belastet jedoch zugleich Gold, das heute Morgen auf 1.670 USD je Feinunze fällt. Große Beachtung dürfte die Statistik zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger der CFTC finden, die heute Abend nach Handelsschluss veröffentlicht wird. Je nachdem wie stark die Netto-Long-Positionen abgebaut wurden, besteht von dieser Seite her weiteres Korrekturpotenzial.


Industriemetalle

Wie die Anfang der Woche von der chinesischen Zollbehörde veröffentlichte Importstatistik zeigt, hat China im Oktober deutlich weniger Nickelerz importiert. Die Einfuhren gingen im Vergleich zum Vormonat um 27,6% auf 4,58 Mio. Tonnen zurück. Dagegen legten die Importe von verarbeitetem Nickel weiter zu und erreichten im Oktober mit 23,9 Tsd. Tonnen den höchsten Wert seit Juli 2009. Beides spricht dafür, dass in China aufgrund der stark gefallenen Preise – Nickel handelt bei 17.000 USD je Tonne auf einem 2-Monatstief – derzeit weniger Nickelroheisen (sog. Nickel pig iron) produziert wird. Zugleich nutzen offensichtlich chinesische Händler ebendieses niedrige Preisniveau aus, um günstig qualitativ hochwertiges Nickel ins Land zu holen.

Solange die Preise so niedrig bleiben oder gar weiter fallen, dürfte sich dieser Trend in den kommenden Monaten fortsetzen. Anhaltend hohe chinesische Nickelimporte dürften auch dazu führen, dass der Lagerabbau an der LME weiter geht. Mit 88,5 Tsd. Tonnen liegen die Nickelvorräte 35% niedriger als zu Jahresbeginn. Auch bei Kupfer fallen die Lagerbestände weiter. So sind die Vorräte in den Lagerhäusern der Shanghai Futures Exchange in der Woche zum 24. November um weitere 12% auf 65,2 Tsd. Tonnen gesunken. Dies entspricht dem niedrigsten Stand seit Juni 2009. Trotz nach wie vor positiver fundamentaler Rahmendaten dürften Kupfer wie auch Nickel vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise weiter unter Druck bleiben.


Agrarrohstoffe

Der International Grains Council (IGC) hat seine Schätzung für den weltweiten Angebotsüberschuss bei Weizen um 3 Mio. auf 4 Mio. Tonnen reduziert. Die Produktion soll eine Mio. Tonnen niedriger, die Nachfrage dafür aber um zwei Mio. Tonnen höher ausfallen als bislang erwartet. Die weltweiten Lagerbestände sollen deshalb am Ende des Erntejahres "nur" auf 200 Mio. Tonnen steigen, würden damit aber noch immer den höchsten Stand seit zehn Jahren erreichen.

Weniger komfortabel ist die Angebotssituation dagegen bei Mais. Hier geht der IGC weiterhin von einem globalen Angebotsdefizit von 8 Mio. Tonnen aus, da sowohl die Produktions- als auch die Nachfrageschätzung um jeweils zwei Mio. Tonnen reduziert wurde. Die weltweiten Lagerbestände sollen damit zum Ende des Erntejahres auf ein 5-Jahrestief von 123 Mio. Tonnen abschmelzen. Der Maispreis dürfte sich daher auch in den kommenden Monaten besser entwickeln als der Weizenpreis.

China dürfte in den kommenden Monaten wieder weitaus mehr Sojabohnen importieren. Das Nationale Getreide- und Ölinformationszentrum (CNGOIC) rechnet mit Sojabohnenimporten von 13 Mio. Tonnen im ersten Quartal 2012. Dies entspräche einem Anstieg um 18,5% gegenüber dem Vorjahr. In diesem Jahr dürften die Einfuhren erstmals seit sieben Jahren um 5% fallen. Eine höhere Importnachfrage Chinas sollte zu einer Erholung der Sojabohnenpreise beitragen, zumal die weltweite Produktion laut IGC um 3% auf 258,5 Mio. Tonnen zurückgehen soll.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst


Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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