Finanzanleger werden vorsichtiger
29.11.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Der Brentölpreis ist zunächst daran gescheitert, die Marke von 110 USD je Barrel zurückzuerobern. Auch der WTI-Preis konnte sich nicht über der Marke von 100 USD je Barrel behaupten. Angesichts der unsicheren Situation gibt es derzeit auch wenig Grund zu übergroßem Optimismus. Dies zeigt sich auch im Verhalten der spekulativen Finanzanleger. Diese haben ihre Netto-Long-Positionen bei WTI in der Woche zum 22. November um knapp 26 Tsd. auf 166.033 Kontrakte reduziert. Sie liegen damit auf dem niedrigsten Stand seit fünf Wochen. Ähnlich ist die Situation bei Brent, wo die Netto-Long-Positionen in derselben Berichtswoche erstmals seit vier Wochen wieder um 6,5 Tsd. auf 55.639 Kontrakte zurückgegangen sind, dem niedrigsten Stand seit Anfang November.
Der Rückgang der Ölpreise auf 106 USD je Barrel bei Brent und 95 USD je Barrel bei WTI in der entsprechenden Berichtswoche ging somit maßgeblich auf das Konto der spekulativen Finanzanleger. Angesichts der noch immer recht hohen Netto-Long-Positionen besteht weiterhin Rückschlagspotenzial, sollte sich die Stimmung der Marktteilnehmer weiter eintrüben. Einem stärkeren Preisrückgang stehen derzeit aber die geopolitischen Risiken und die sichtbare Verknappung des Angebots in den USA gegenüber. Weiteren Aufschluss hierüber können die Lagerdaten geben, welche heute nach Handelsschluss vom API veröffentlicht werden. Venezuela fordert zwei Wochen vor der nächsten OPEC-Sitzung von den anderen Mitgliedern eine Senkung der Ölproduktion auf das Niveau von vor Beginn der Libyen-Krise. Ob diese der Forderung nachkommen werden, ist angesichts der hohen Preise allerdings fraglich.
Edelmetalle
Unsere Mutmaßung, dass der Preisrückgang bei Gold durch spekulative Finanzanleger getrieben war, wurde durch die gestern Abend veröffentlichte Statistik der CFTC bestätigt. Demnach wurden die Netto-Long-Positionen in der Woche zum 22. November um 9% auf 137,7 Tsd. Kontrakte auf ein 3-Wochentief reduziert. Im Vergleich zu vorherigen Preisrückgängen fiel der Abbau der Netto-Long-Positionen allerdings relativ moderat aus. Daher dürfte der Preisrutsch bei den Rohstoffen und Aktienmärkten, zu denen Gold aktuell eine hohe Korrelation aufweist, ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Angesichts des noch immer relativ hohen Niveaus der spekulativen Netto-Long-Positionen dürfte sich Gold zunächst auch weiterhin im Einklang mit riskanten Anlagen bewegen. Seinen Status als sicheren Hafen wird das gelbe Edelmetall allerdings nicht verlieren, was u.a. am ungebrochen hohen Interesse an den Gold-ETFs erkennbar ist. Die Bestände dieser ETFs befinden sich derzeit auf einem Allzeithoch. Gestern hat die Ratingagentur Fitch den Ausblick für das Kreditrating der USA auf negativ herabgesetzt. Bei Standard & Poor's folgte 3½ Monate später die Herabstufung des eigentlichen Ratings.
Wesentlich stärker abgebaut wurden die Netto-Long-Positionen bei Silber, Platin und Palladium. Während diese z.B. im Falle von Silber um fast 18% reduziert wurden, befinden sie sich im Falle von Palladium mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit dem Beginn der Datenreihe vor zwei Jahren.
Industriemetalle
Nach der gestrigen Preisrallye kommt es heute Morgen bei den Metallen zu moderaten Gewinnmitnahmen. Wie die gestern Abend von der CFTC veröffentlichten Daten zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger zeigten, wurden in der Woche zum 22. November im Falle von Kupfer die Netto-Short-Positionen auf 7,7 Tsd. Kontrakte mehr als verdoppelt. Die spekulativen Finanzanleger sind damit so pessimistisch gestimmt wie seit fünf Wochen nicht mehr. Sie dürften auch maßgeblich am Preisrückgang von Kupfer in der Beobachtungsperiode verantwortlich gewesen sein. Allerdings sollte der Druck von dieser Seite her nun nachlassen und das aktuelle Niveau könnte eine Basis für neuerliche Preissteigerungen darstellen, sollten die Finanzinvestoren wieder optimistischer werden.
Licht und Schatten gibt es derzeit auch auf der Streikseite: In Peru haben sich die Arbeiter der Cerro Verde-Mine auf ein Ende des zweimonatigen Streiks verständigt. Dagegen kommt es in der Collahuasi-Kupfermine in Chile zu einem erneuten Streik. Nachdem dort bereits Anfang August und Ende Oktober kurzzeitig gestreikt wurde, haben die Arbeiter gestern wieder die Arbeit niedergelegt. Und auch in der Grasberg-Mine in Indonesien wird weiter gestreikt, und dass mittlerweile seit 10 Wochen. Die Angebotslage am globalen Kupfermarkt bleibt damit angespannt und der Kupferpreis sollte rein fundamental betrachtet gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Die zunehmende Skepsis an den Finanzmärkten schlägt sich deutlich in den Positionierungen der spekulativen Anleger an den Agrarmärkten nieder. Bereits seit September setzt die Mehrheit der spekulativen Anleger bei Weizen auf fallende Preise. Inzwischen sind die Netto-Short-Positionen sogar auf ein Niveau gestiegen, wie es zuletzt im Juni 2010 zu beobachten war, bevor die Hitzekatastrophe in Russland und der darauffolgende Exportstopp die Stimmung ins Gegenteil kippen ließen. Etwas Ähnliches ist aktuell nicht zu befürchten. Bei Sojabohnen überwiegen in der Woche zum 22. November erstmals seit Anfang Juli 2010 wieder die Short-Positionen.
Es bleibt abzuwarten, ob sich dies in den nächsten Daten fortsetzt. Denn inzwischen konnte sich der Preis von seinem in der vergangenen Woche erreichten Mehr-Monatstief etwas erholen. Dazu trug bei, dass das chinesische Getreide- und Ölsaaten-Informationszentrum für das erste Quartal 2012 einen deutlichen Anstieg der chinesischen Sojabohnenimporte in Aussicht stellt. Bei vielen Produkten, bei denen die spekulativen Anleger per Saldo auf Preissteigerungen setzen, wurden diese Netto-Long-Positionen in der Woche zum 22. November deutlich reduziert, etwa bei Baumwolle, Zucker und Mais. Bei Kakao wurden die Netto-Short-Positionen aufgestockt. Eine Ausnahme bildet Kaffee, wo die Anleger die Netto-Long-Positionen erhöhten. Die Aussicht, dass insbesondere hochwertige Arabica-Bohnen auf der Angebotsseite knapp bleiben, überwiegt hier die Furcht vor Nachfrageeinbrüchen im Zuge weltwirtschaftlicher Schwierigkeiten.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Brentölpreis ist zunächst daran gescheitert, die Marke von 110 USD je Barrel zurückzuerobern. Auch der WTI-Preis konnte sich nicht über der Marke von 100 USD je Barrel behaupten. Angesichts der unsicheren Situation gibt es derzeit auch wenig Grund zu übergroßem Optimismus. Dies zeigt sich auch im Verhalten der spekulativen Finanzanleger. Diese haben ihre Netto-Long-Positionen bei WTI in der Woche zum 22. November um knapp 26 Tsd. auf 166.033 Kontrakte reduziert. Sie liegen damit auf dem niedrigsten Stand seit fünf Wochen. Ähnlich ist die Situation bei Brent, wo die Netto-Long-Positionen in derselben Berichtswoche erstmals seit vier Wochen wieder um 6,5 Tsd. auf 55.639 Kontrakte zurückgegangen sind, dem niedrigsten Stand seit Anfang November.
Der Rückgang der Ölpreise auf 106 USD je Barrel bei Brent und 95 USD je Barrel bei WTI in der entsprechenden Berichtswoche ging somit maßgeblich auf das Konto der spekulativen Finanzanleger. Angesichts der noch immer recht hohen Netto-Long-Positionen besteht weiterhin Rückschlagspotenzial, sollte sich die Stimmung der Marktteilnehmer weiter eintrüben. Einem stärkeren Preisrückgang stehen derzeit aber die geopolitischen Risiken und die sichtbare Verknappung des Angebots in den USA gegenüber. Weiteren Aufschluss hierüber können die Lagerdaten geben, welche heute nach Handelsschluss vom API veröffentlicht werden. Venezuela fordert zwei Wochen vor der nächsten OPEC-Sitzung von den anderen Mitgliedern eine Senkung der Ölproduktion auf das Niveau von vor Beginn der Libyen-Krise. Ob diese der Forderung nachkommen werden, ist angesichts der hohen Preise allerdings fraglich.
Edelmetalle
Unsere Mutmaßung, dass der Preisrückgang bei Gold durch spekulative Finanzanleger getrieben war, wurde durch die gestern Abend veröffentlichte Statistik der CFTC bestätigt. Demnach wurden die Netto-Long-Positionen in der Woche zum 22. November um 9% auf 137,7 Tsd. Kontrakte auf ein 3-Wochentief reduziert. Im Vergleich zu vorherigen Preisrückgängen fiel der Abbau der Netto-Long-Positionen allerdings relativ moderat aus. Daher dürfte der Preisrutsch bei den Rohstoffen und Aktienmärkten, zu denen Gold aktuell eine hohe Korrelation aufweist, ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Angesichts des noch immer relativ hohen Niveaus der spekulativen Netto-Long-Positionen dürfte sich Gold zunächst auch weiterhin im Einklang mit riskanten Anlagen bewegen. Seinen Status als sicheren Hafen wird das gelbe Edelmetall allerdings nicht verlieren, was u.a. am ungebrochen hohen Interesse an den Gold-ETFs erkennbar ist. Die Bestände dieser ETFs befinden sich derzeit auf einem Allzeithoch. Gestern hat die Ratingagentur Fitch den Ausblick für das Kreditrating der USA auf negativ herabgesetzt. Bei Standard & Poor's folgte 3½ Monate später die Herabstufung des eigentlichen Ratings.
Wesentlich stärker abgebaut wurden die Netto-Long-Positionen bei Silber, Platin und Palladium. Während diese z.B. im Falle von Silber um fast 18% reduziert wurden, befinden sie sich im Falle von Palladium mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit dem Beginn der Datenreihe vor zwei Jahren.
Industriemetalle
Nach der gestrigen Preisrallye kommt es heute Morgen bei den Metallen zu moderaten Gewinnmitnahmen. Wie die gestern Abend von der CFTC veröffentlichten Daten zur Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger zeigten, wurden in der Woche zum 22. November im Falle von Kupfer die Netto-Short-Positionen auf 7,7 Tsd. Kontrakte mehr als verdoppelt. Die spekulativen Finanzanleger sind damit so pessimistisch gestimmt wie seit fünf Wochen nicht mehr. Sie dürften auch maßgeblich am Preisrückgang von Kupfer in der Beobachtungsperiode verantwortlich gewesen sein. Allerdings sollte der Druck von dieser Seite her nun nachlassen und das aktuelle Niveau könnte eine Basis für neuerliche Preissteigerungen darstellen, sollten die Finanzinvestoren wieder optimistischer werden.
Licht und Schatten gibt es derzeit auch auf der Streikseite: In Peru haben sich die Arbeiter der Cerro Verde-Mine auf ein Ende des zweimonatigen Streiks verständigt. Dagegen kommt es in der Collahuasi-Kupfermine in Chile zu einem erneuten Streik. Nachdem dort bereits Anfang August und Ende Oktober kurzzeitig gestreikt wurde, haben die Arbeiter gestern wieder die Arbeit niedergelegt. Und auch in der Grasberg-Mine in Indonesien wird weiter gestreikt, und dass mittlerweile seit 10 Wochen. Die Angebotslage am globalen Kupfermarkt bleibt damit angespannt und der Kupferpreis sollte rein fundamental betrachtet gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Die zunehmende Skepsis an den Finanzmärkten schlägt sich deutlich in den Positionierungen der spekulativen Anleger an den Agrarmärkten nieder. Bereits seit September setzt die Mehrheit der spekulativen Anleger bei Weizen auf fallende Preise. Inzwischen sind die Netto-Short-Positionen sogar auf ein Niveau gestiegen, wie es zuletzt im Juni 2010 zu beobachten war, bevor die Hitzekatastrophe in Russland und der darauffolgende Exportstopp die Stimmung ins Gegenteil kippen ließen. Etwas Ähnliches ist aktuell nicht zu befürchten. Bei Sojabohnen überwiegen in der Woche zum 22. November erstmals seit Anfang Juli 2010 wieder die Short-Positionen.
Es bleibt abzuwarten, ob sich dies in den nächsten Daten fortsetzt. Denn inzwischen konnte sich der Preis von seinem in der vergangenen Woche erreichten Mehr-Monatstief etwas erholen. Dazu trug bei, dass das chinesische Getreide- und Ölsaaten-Informationszentrum für das erste Quartal 2012 einen deutlichen Anstieg der chinesischen Sojabohnenimporte in Aussicht stellt. Bei vielen Produkten, bei denen die spekulativen Anleger per Saldo auf Preissteigerungen setzen, wurden diese Netto-Long-Positionen in der Woche zum 22. November deutlich reduziert, etwa bei Baumwolle, Zucker und Mais. Bei Kakao wurden die Netto-Short-Positionen aufgestockt. Eine Ausnahme bildet Kaffee, wo die Anleger die Netto-Long-Positionen erhöhten. Die Aussicht, dass insbesondere hochwertige Arabica-Bohnen auf der Angebotsseite knapp bleiben, überwiegt hier die Furcht vor Nachfrageeinbrüchen im Zuge weltwirtschaftlicher Schwierigkeiten.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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