Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geopolitische Risiken rücken in den Mittelpunkt

27.08.2013  |  Eugen Weinberg
Energie

Trotz des immer wahrscheinlicheren Militärschlags gegen Syrien ist der Brentölpreis gestern nicht mehr weiter gestiegen, sondern notiert weiterhin bei 111 USD je Barrel. Laut einem Zeitungsbericht prüft US-Präsident Obama eine zweitägige Intervention, weil die USA von einem Chemiewaffeneinsatz überzeugt sind. Offensichtlich befindet sich der Ölpreis zwischen 100 und 120 USD je Barrel in einer Art "Wohlfühlzone". Seit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings Anfang 2011 notierte der Brentölpreis zu 85% der Zeit in diesem historisch gesehen engen Band (Grafik des Tages).

Open in new window


Im Falle eines Militärschlags steigt allerdings die Gefahr einer Eskalation der Situation im Nahen Osten, was die Ölpreise an den oberen Rand dieser Spannbreite steigen lassen dürfte. Die Zahlen zur Positionierung der spekulativen Marktteilnehmer an der ICE zeigen derweil, dass die Investoren angesichts der zunehmenden Angebotsrisiken für den europäischen Markt nervöser sind als für den US-amerikanischen. Denn während die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger für WTI in der Woche zum 20. August leicht gefallen sind, wurden diese an der ICE aufgebaut: Sie lagen per letzten Dienstag weitere 13 Tsd. Kontrakte höher als in der Vorwoche und damit auf dem höchsten Stand seit Erhebung der Datenreihe 2011. Wie stark sich die Angebotssituation bereits im August angespannt hat, werden die Schätzungen der Nachrichtenagenturen für die OPEC-Ölproduktion in der zweiten Wochenhälfte zeigen. Vor allem die Zahlen für Libyen, wo noch immer der wichtigste Ölhafen des Landes geschlossen ist, und für den Irak sind von Interesse.


Edelmetalle

Dem Goldpreis ist es zwar noch nicht wieder gelungen, die Marke von 1.400 USD je Feinunze nachhaltig zu überwinden, er hält sich aber unmittelbar in der Nähe dieses Niveaus auf einem 2½-Monatshoch. Auch in Euro gerechnet notiert das gelbe Edelmetall mit rund 1.050 EUR je Feinunze auf dem höchsten Stand seit Anfang Juni. Die jüngst wieder etwas anziehende Investmentnachfrage sowie der sich anbahnende Syrien-Konflikt könnten jedoch zur Fortsetzung des Aufwärtstrends führen. Die Zentralbanken der Schwellenländer haben sich gemäß Daten des Internationalen Währungsfonds auch im Juli mit Goldkäufen zurückgehalten. Demnach haben die Zentralbanken auf Netto-Basis "nur" gut 30 Tonnen erworben. Der Großteil (22,5 Tonnen) entfiel dabei auf die Türkei, was allerdings Sondereffekten geschuldet war.

Daneben haben zum Beispiel Russland (6,3 Tonnen) und Kasachstan (1,1 Tonnen) ihre Goldreserven weiter aufgestockt. Die russischen Goldbestände liegen damit gemäß Daten des World Gold Council (WGC) erstmals über der Marke von 1.000 Tonnen. Der WGC hatte allerdings Mitte des Monats seine Schätzung für die gesamten Netto-Goldkäufe der Zentralbanken für dieses Jahr auf maximal 350 Tonnen nach unten revidiert. Denn mit Goldkäufen in Höhe von 180,8 Tonnen hatten sich die Zentralbanken im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr merklich zurückgehalten. Im ersten Halbjahr 2012 standen noch Goldkäufe von 254,2 Tonnen zu Buche.


Industriemetalle

Die Preise an der LME starten nach der gestern feiertagsbedingten Pause schwächer in die Handelswoche. Die Juli-Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter in den USA sind deutlich hinter den Erwartungen zurück geblieben, was auf die Stimmung drückte. Auch wirft der drohende US-Militärschlag gegen Syrien seine Schatten voraus. Nichtsdestotrotz sprechen die Fundamentaldaten aktuell für eine Fortsetzung der Erholung bei Kupfer. Denn China scheint im Sommer die Konjunkturwende vollzogen zu haben, was der am Sonntag zur Veröffentlichung anstehende Einkaufsmanagerindex PMI bestätigen sollte. Während die LME-Kupferlagerbestände auf ein Fünfmonatstief gefallen sind, liegen diese an der SHFE bereits in der Nähe eines 11-Monatstiefs, was auf eine robuste Nachfrage hindeutet.

Der Aluminiumpreis handelt heute Morgen bei knapp 1.890 USD je Tonne und damit rund 60 USD bzw. 3% unter seinem Anfang letzter Woche erreichten 2-Monatshoch. Während wir mit einer Stabilisierung der LME-Preise rechnen, dürften die physischen Prämien bei Aluminium sinken. Zuletzt wurden in Europa geringere Aufschläge von 240-250 USD je Tonne auf den LME-Preis gezahlt. In den USA fiel die Prämie laut Angaben des Research-Instituts Harbor Intelligence auf 11 US-Cents je Pfund. Und auch in Japan, dem größten Aluminiumimporteur Asiens, rechnen die Konsumenten mit niedrigeren Prämien für das vierte Quartal. Hier zeichnet sich jedoch noch kein Konsens ab, denn die Produzenten wollen die Prämien unverändert bei 250 USD je Tonne belassen.


Agrarrohstoffe

Befürchtungen, die zu warme und trockene Witterung im Mittleren Westen der USA könnte die Erträge merklich belasten, erhalten durch die aktuelle Pflanzenbewertung des US-Landwirtschaftsministeriums neue Nahrung. Demnach hinkt die Entwicklung der Mais- und Sojabohnenpflanzen weiter deutlich hinter dem langjährigen Durchschnitt her. Zudem wurde der Anteil der als gut oder sehr gut eingestuften Pflanzen bei Mais um 2 Prozentpunkte auf 59% und bei Sojabohnen um 4 Prozentpunkte auf nur noch 58% reduziert. Sojabohnen sind aufgrund ihres derzeitigen Entwicklungsstands besonders anfällig für Schäden durch Trockenheit. Dass auch die Prognoseeinheit MARS der EU-Kommission gestern ihre Einschätzung für die EU-Maiserträge um 3,5% leicht unter den langjährigen Durchschnitt senkte, ist nur ein weiteres Puzzleteil, das die beginnende Ernte nicht mehr so rosig aussehen lässt wie noch vor wenigen Wochen. Entsprechend steigen die Notierungen für Mais und Ölsaaten weiter.

Allerdings: Es dürfte bei einem massiven Produktionsanstieg bleiben, sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks. Die Maisernte wird in den USA sogar auf Rekordniveau erwartet. Anders als in den Vortagen konnte gestern auch der Weizenpreis von den steigenden Notierungen bei Mais und Sojabohnen profitieren, zumal die Nachfrage nach Weizen bereits jetzt hoch ist - nicht zuletzt aus China. In Chicago kostet Weizen nun wieder 670 US-Cents je Scheffel, gut 3,5% mehr als am Freitag, in Paris nach einem etwa ebenso starken Anstieg knapp 192 EUR je Tonne.





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"