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Licht und Schatten wechseln sich an den Märkten ab

30.08.2013  |  Eugen Weinberg
Energie

"Krieg und Frieden" heißt wohl die neueste Doku-Soap, die die Finanzmärkte seit Tagen elektrisiert. Nachdem das britische Unterhaus die Teilnahme Großbritanniens an einer Militär-Offensive gegen Syrien vorerst nicht gebilligt hat, schwingt das Pendel nun wieder in Richtung abnehmender Risiken. Auch wenn der Militäreinsatz damit noch lange nicht vom Tisch ist, dürfte eine begrenzte unilaterale US-Aktion noch weitaus weniger Folgen für den Ölmarkt haben als eine großangelegte internationale Offensive.

Die Ölpreise sind gestern Abend deshalb massiv unter Druck geraten, wobei der Brentölpreis vom zwischenzeitlichen Hoch bei 117 USD heute Morgen auf unter 114 USD je Barrel gefallen ist. Dürfte die Spannung am Ölmarkt nun wieder abnehmen, werden die massiven Wetten auf steigende Preise, die im Vorfeld abgeschlossen wurden, weiter reduziert.

Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass dies sogar im Falle eines unmittelbaren Angriffs der Fall sein dürfte, wenn sich der Konflikt nicht auf andere Länder der Region ausweitet. Als Ergebnis könnten die Ölpreise stark fallen, wie es auch häufig beim Ausbruch der Konflikte in der Vergangenheit war (Grafik des Tages).

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Zum Preisverfall dürften außerdem Nachrichten beitragen, dass die Versorgungssituation am Ölmarkt derzeit sehr entspannt bleibt. Im August ist die Ölproduktion Saudi-Arabiens, dem weltgrößten Ölexporteur, erstmals auf schätzungsweise 10 Mio. Barrel täglich gestiegen. Damit wird noch einmal deutlich, dass die OPEC in der Lage ist, sogar signifikante Lieferunterbrechungen, wie z.B. zuletzt in Libyen, bereits kurzfristig auszugleichen. Insgesamt ist die OPEC-Produktion im August trotz eines sehr starken Rückgangs in Libyen sogar erneut auf über 31 Mio. Barrel weiter gestiegen und liegt damit weiter über dem aktuellen Bedarf an OPEC-Öl.


Edelmetalle

Gold stand gestern im Zuge eines festen US-Dollars unter Druck und rutscht heute Morgen unter die Marke von 1.400 USD je Feinunze. Die gestiegene Verunsicherung der Marktteilnehmer, ausgelöst durch die anhaltende Debatte über einen Militärschlag des Westens gegen das syrische Regime, spiegelt sich außerdem aktuell kaum in einer höheren Investmentnachfrage wider. So verzeichneten die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs diese Woche lediglich Zuflüsse von 2,6 Tonnen.

Es wäre daher zu erwarten, dass die CFTC-Statistik zur Marktpositionierung, die heute Abend veröffentlicht wird, zeigt, dass vor allem die Spekulanten zuletzt wieder verstärkt auf steigende Goldpreise gesetzt und zum Preisanstieg beigetragen haben. In Südafrika stehen die Weichen klar auf Streik.

Der Verband der Goldminenproduzenten, der stellvertretend für die Minenunternehmen verhandelt, hat gestern betont, dass das Angebot einer Lohnsteigerung von 6,5% "final" sei. Nachdem die Gewerkschaften dieses abermals abgelehnt hatten, behalten sich die Minenproduzenten die Möglichkeit vor, die Arbeiter auszusperren. Dies könnte zu einem Streik von rund 142 Tsd. Arbeitern führen. Angaben des Verbands zufolge würde ein solcher Streik die Minenunternehmen täglich umgerechnet 34 Mio. USD kosten. Dies würde zu umfangreichen Produktionsausfällen im weltweit fünftgrößten Goldproduzentenland führen.


Industriemetalle

Sogar unter den stark gebeutelten Industriemetallen gehörte Nickel zuletzt zu den Verlierern und hat allein seit Jahresbeginn 20% an Wert verloren. Der breitangelegte LME-Industriemetallindex ist dagegen "nur" um rund 13% gefallen. Der wesentliche Grund für den starken Preisverfall war neben der allgemeinen Nachfrageschwäche eine gleichzeitige Angebotsausweitung. Die in Folge dessen hohen Produktionsüberschüsse beliefen sich allein im ersten Halbjahr auf über 74 Tsd. Tonnen und lagen damit deutlich über den bereits pessimistischen Schätzungen vom Frühjahr. Deshalb sind die LME-Lagerbestände für Nickel seit November 2011 um 150% gestiegen und liegen aktuell mit über 212 Tsd. Tonnen so hoch wie nie zuvor.

Auf dem aktuellen Niveau decken sie rund 12,1% der Weltnachfrage. Bei den Metallen, wo man in der Vergangenheit viel Wert auf "just in time delivery" gelegt hat, ist dies sehr viel. Zum Vergleich reichen die viel diskutierten gigantischen LME-Aluminiumlagerbestände von über 5,4 Mio. Tonnen aktuell für 11,8% und bei Kupfer lediglich für weniger als 3% der Jahresnachfrage.

Im Einklang mit den anderen Metallpreisen steht auch Aluminium heute Morgen unter Druck und fällt in Richtung der Marke von 1.800 USD je Tonne. Sumitomo Corp., einer der größten japanischen Händler, erwartet, dass der globale Aluminiummarkt auch im nächsten Jahr und damit das achte Jahr in Folge einen Angebotsüberschuss aufweisen wird. Diesen beziffert das Unternehmen auf 994 Tsd. Tonnen. Die bisherigen Produktionskürzungen seien weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zudem würde sich die chinesische Nachfrage abschwächen.


Agrarrohstoffe

Bei den US-Getreidepreisen ist aktuell "der Wurm drin". Denn die Preisanstiege bei Getreide waren zuletzt nur von kurzer Dauer, so dass der jüngste Preissprung vom Beginn dieser Woche nach dem gestrigen Rutsch schon wieder wettgemacht wurde.

Es gäbe aber u.E. aktuell einige Gründe für höhere Getreidepreise. Zum einen ist die wöchentliche Exportstatistik für US-Getreide und Ölsaaten gestern deutlich besser als erwartet ausgefallen: Die Exporte lagen durchgehend am oberen Ende der Erwartungsspanne oder sogar darüber. Zum anderen haben sich die Wetterbedingungen in den USA verschlechtert: Im Mittleren Westen kam es sogar wegen eines starken Temperaturanstiegs zu einer "plötzlichen Trockenheit". So waren z.B. 60% der Fläche in Iowa, einem der größten Getreide-Bundesstaaten, moderat oder stark trocken.

Zu guter Letzt waren die Großanleger bei Weizen und Mais bereits äußerst skeptisch. Der derzeitige Überhang der Leerverkäufe bei den beiden Getreidesorten spricht u.E. eher dafür, dass die Trendwende bei den Getreidepreisen in Sicht ist, weil die meisten positiven Nachrichten für die Ernte, sprich negativen Nachrichten für die Preise, bereits berücksichtigt scheinen. Für den jüngsten Preisverfall sehen wir ohnehin „weiche“ Faktoren verantwortlich, wie z.B. den stärkeren US-Dollar, niedrigere Ölpreise oder schwächere technische Indikatoren.




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