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Wir "danken" Moody’s für das Kleinreden großer Maßnahmen!

12.12.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.52 Uhr) bei 1.3355, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel (Freitag) bei 1.3283 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 77.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.65, während EUR-CHF bei 1.2375 oszilliert.

Europa ist ein großer Wurf gelungen. 26 von 27 Ländern finden sich ein, eine Stabilitätsunion als Vorbereitung einer Fiskalunion auf die Beine zu stellen. Großbritannien steht laut Herrn Schäuble die Tür weiter offen. Großbritannien hat die Wahl zwischen Isolierung oder starker Gemeinschaft der EU, denn die Gemeinschaft zeichnet sich im Vergleich zu USA und Japan durch geringere Neuverschuldung, Gesamtverschuldung und ein hohes Maß an Reformfähigkeit aus. Nun kommt die historisch einmalige Entwicklung zur Stabilitätsunion dazu.

Die Antwort unserer Freunde aus NY fällt so aus, wie es zu erwarten war. Der Versuch einer fortgesetzten Destabilisierung Europas mit den Mitteln der Ratingagenturen wird ohne Ansehen der Erfolge fortgeführt. Der Begriff Wirtschaftskrieg via Finanzmärkte gegen die Eurozone wird tagtäglich hoffähiger.

Kommen wir zu den Einlassungen von Moody’s (Text von Reuters)
  • Die Beschlüsse des EU-Gipfels gehen der Ratingagentur Moody's nicht weit genug. Wir fragen uns, was noch neben individuellen Reformprogrammen und den Grundsätzen der Stabilitätsunion erwartet wird. Das gilt um so mehr, als dass der Vergleich zu den USA und Japan unfassbar dramatisch hoch ist!

  • Das Krisentreffen habe wenig neue Maßnahmen zur Lösung der Schuldenkrise in der Euro-Zone gebracht, teilte die Agentur am Montag mit. Wir widersprechen in aller Form und Schärfe. Neben verfassungsmäßiger Verankerung der Schuldenbremse kommt ein schärferes Sanktionsverfahren auf die Agenda. Stärkere Kontrolle der Haushaltspläne, Eingriffsrechte bei haushaltspolitischen Fehlverhalten, wirtschaftspolitische Zusammenarbeit und Krisenabwehr geregelt in einem eigenen Vertrag sind Merkmale, die historisch einmalig sind. So etwas kleinzureden, ist Ausdruck von manipulativer Machtpolitik oder aber von Unverstand!

  • "An unserer Ansicht, dass der Zusammenhalt in der Euro-Zone gefährdet ist, hat sich nichts geändert." "Chapeau" - 26 von 27 Ländern einigen sich und Moody’s fabuliert über mangelnden Zusammenhalt ….Das Maß ist voll …. ☺

  • Die Bonitätsnoten der Länder der Währungsunion würden überprüft. Diese Überprüfung solle im ersten Quartal 2012 abgeschlossen werden. Danke, wir sehen bei anderen Ländern mehr Handlungsbedarf. Das sind die Länder, die Probleme haben, den Begriff Reform auch nur ansatzweise in Politik umzusetzen, allen voran die USA ...

Wir "danken" Moody’s für das Kleinreden großer Maßnahmen!

Vor einer Woche hatte Moody's Konkurrent Standard & Poor's Deutschland und 14 weiteren Euro-Staaten mit einer Herabstufung gedroht. Eine Entscheidung wird in den kommenden Tagen erwartet.

Fakt ist, dass die Eurozone in Neuverschuldung und Gesamtverschuldung deutlich attraktiver aufgestellt ist, als USA, Japan und UK. Alleine die Tatsache, dass diese Aspekte von den Agenturen nicht angemessen berücksichtigt werden, ist skandalös.

Tatsache ist, dass die Bewertung der Länder der Eurozone mit dem Verhalten der Agenturen korreliert ist, die im Rahmen der Reformprozesse aggressive Herabstufungen vorgenommen haben, obwohl durch die Reformen die Geschäftmodelle der betreffenden Länder zukunftsfähig gemacht wurden/werden.

Mehr noch forderten die Agenturen die Reformen unter Androhung von Herabstufungen, sofern der Reformweg nicht eingeschritten würde. Dann bei Reformen, die temporär grundsätzlich zu einer kurzfristigen Erhöhung der Staatsdefizitquote führen, mit Herabstufungen zu reagieren und nicht Rücksicht auf die mit den Reformen verbundene Veränderung des Geschäftsmodells abzustellen, kann nur als Ausdruck einer politischen Agenda gewertet werden.


Wenden wir uns den Veröffentlichungen vom letzten Freitag zu:

Das US-Handelsbilanzdefizit stellte sich auf -43,47 Mrd. USD. Der Vormonatswert wurde von - 43,1 Mrd. auf -44,17 Mrd. USD revidiert. Es bleibt damit bei einer ausgeprägten Defizitsituation in der US-Handelsbilanz. Dieses chronische Defizit belegt, dass das Geschäftsmodell der US-Wirtschaft unausgewogen ist. Im Vergleich zu den USA agieren die Länder der Eurozone, die von chronischen Defiziten geprägt waren in sportlicher Form. Die Leistungsbilanzdefizite Griechenlands und Portugals sind innerhalb von drei Jahren maßgeblich über steigende Exporte um 60% geschrumpft. Bei Spanien ergab sich ein Rückgang um 85% innerhalb von vier Jahren. Fakt ist: Europa tut was - die USA ändern nichts!

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan legte von zuvor 64,1 auf 67,7 Punkte zu. Die Konsensusprognose leg bei 65,5 Zählern. In dem vorläufigen Wert ergab sich eine Zunahme des Erwartungswerts von 55,4 auf 61,4 Punkte. Die Einschätzung der aktuellen Lage verbesserte sich von 77,6 auf 77,9 Zähler. Seit den Tiefstständen per August bei 55,7 Punkten kommt es zu einer Verbesserung. Unter langfristigen Gesichtspunkten ist das aktuelle Niveau jedoch unverändert als äußerst niedrig zu klassifizieren.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.3150 - 1.3710 eröffnet neue Potentiale.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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