"Die Unterscheidung zwischen einem Bullenmarkt und einer Bubble fällt vielen Marktteilnehmern schwer"
05.01.2012 | Benjamin Summa
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Meiner Meinung nach werden jedoch institutionelle Investoren die nächste Stufe dieses Goldbullenmarktes maßgeblich prägen. Gerade Versicherungen und Pensionsfonds sollten verstärkte Goldallokation suchen, nachdem die Korrelation zu Aktien und insbesondere zu Anleihen gering bzw. negativ ist. Derzeit verwalten die globalen Pensionsfonds in etwa 30 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Dies entspricht etwa der doppelten Wirtschaftsleistung der USA. Gemäß Shayne Mc Guire liegt die Goldallokation bei lediglich 0,15 Prozent. Ähnlich geringe Allokationen gelten auch für Versicherungsunternehmen (18,7 Billionen US-Dollar Assets under Management), Hedgefonds (2 Billionen US-Dollar) und Staatsfonds (3,8 Billionen US-Dollar). Wir glauben generell nicht, dass hier ein großer Schwenk in Richtung Gold stattfinden wird. Dies ist allein aus regulatorischen Gründen nicht möglich. Jedoch wird selbst eine marginale Anhebung der Goldgewichtung seitens der Institutionellen dem Goldpreis enormen Auftrieb verleihen. Thorsten Proettel, Rohstoffexperte der Landesbank Baden-Württemberg: Vermutlich bleibt Gold aus verschiedenen Gründen ein Investmentvehikel für den kleineren Teil der Bevölkerung. Hierzu gehört, dass sich die meisten Menschen eher ungern mit Geldangelegenheiten und Wirtschaftsfragen befassen. Wer Gold kauft, macht dies jedoch häufig als Absicherung vor wirtschaftlichen Wechsellagen, da er sich zuvor selbst mit den gegenwärtigen Problemen und möglichen Konsequenzen beschäftigt hat. Die Finanzkrise ist sehr abstrakt, nicht greifbar und deshalb nicht jedermanns Thema. Ein weiterer Grund ist, dass die insbesondere von Verbraucherschützern vorgetragenen Argumente Zinslosigkeit, angeblich hohe Aufbewahrungskosten und Preisaufschläge der Händler viele Sparer abschrecken.
Benjamin Summa: Und wann rechnen Sie mit dem Platzen der Goldblase?
Ronald Stöferle, Rohstoffexperte der Erste Group Wien: Ich habe mich in den letzten Reports bereits eingehend mit der vermeintlichen "Gold-Bubble" beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass der Goldpreis nach wie vor in homöopathischen Regionen notiert. Die Unterscheidung zwischen einem Bullenmarkt und einer Bubble fällt vielen Marktteilnehmern und Kommentatoren sichtlich schwer. Ein Blick in die Vergangenheit bestätigt, dass Gold definitiv keine Bubble ist. Lag die Geldmenge am Höhepunkt des letzten großen Goldbullenmarktes 1980 noch bei 200 Mrd. US-Dollar, so beträgt die Notenbankgeldmenge aktuell mehr als 2.600 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einer Steigerung um den Faktor 13.
Die weltweiten Aktienmärkte werden gemäß Bloomberg mit aktuell 56 Billionen US-Dollar bewertet, während der Fixed Income Bereich gemäß BIS 91,2 Billionen US-Dollar umfasst. Gehen wir davon aus, dass lediglich 20 Prozent des Goldbestandes investierbar ist (also in Form von Barren, ETF’s bzw. Münzen), so würde dies einem Wert von 1,4 Billionen (bei 1500 US-Dollar je Unze) bzw. einer Allokation von knapp 1 Prozent entsprechen. Im Vergleich zu Anleihen ist der Goldbestand gering. Insgesamt beläuft sich das Anleihevolumen pro Erdenbürger auf knapp 14.000 Dollar, während der Goldbestand/Kopf knapp 1.180 Dollar beträgt.
Thorsten Proettel, Rohstoffexperte der Landesbank Baden-Württemberg: Spätestens wenn Gold entgegen meiner Erwartung zu einem Volksinvestment geworden sein sollte, scheint ein Ausstieg ratsam. Auch eine weitere Eskalation der Eurokrise könnte zu einer Blasenbildung führen, die endet, sobald eine nachhaltige Lösung der Probleme angegangen wird.
Benjamin Summa: Edelmetallaktien hinken dem Goldpreis hinterher. Rechnen Sie damit, dass die Minenaktien den Abstand zum physischen Gold bald aufholen werden? Wir bemerken im pro aurum ValueFlex eine stetig wachsende Nachfrage.
Ronald Stöferle, Rohstoffexperte der Erste Group Wien: Definitiv, für mich sind Minenaktien derzeit ein "screaming buy", die fundamentale Bewertung der Goldaktien ist derzeit historisch günstig. Bei den Aktien aus dem Gold Bugs Index liegt das geschätzte KGV für 2011 derzeit bei 14x. Für 2012 soll es auf 12x absinken. Dies ist im Vergleich zur eigenen Historie (durchschnittliches KGV 2000-2010: 33x) aber auch in Relation zu zahlreichen anderen Branchen eine extrem günstige Bewertung. Zudem bestätigt es die Tatsache, dass der Markt derzeit alles andere als euphorische Erwartungen einpreist.
Die Eigenkapitalrentabilität soll von 8,11 Prozent in 2010 auf 13,28 Prozent in 2012 steigen. Weiterhin enttäuschend entwickelt sich hingegen die Dividendenrendite. Liegt sie derzeit bei 0,8 Prozent, so soll sie bis 2013 auf lediglich 0,98 Prozent steigen. Aktuell liegt das Payout-Ratio bei ca. 19 Prozent. Würde es auf 40 Prozent steigen, so wären Dividendenrenditen von 2,5 Prozent problemlos möglich. Wir sehen im fehlenden Willen höhere Dividenden auszuschütten, einen der größten negativen Eigenschaften des Mining-Sektors. Nur der Technologiesektor schüttet auf Branchenbasis weniger Dividende aus. Es scheint, als würde nun jedoch ein Umdenken stattfinden. Barrick, Goldcorp, Newcrest und Newmont haben ihre Dividendenzahlungen zuletzt erhöht.
Wir gehen davon aus, dass sich die Übernahmetätigkeit weiter beschleunigen wird. So wird sich der kumulierte Free Cash Flow der 16 Unternehmen im Gold Bugs Index heuer auf 8,5 Mrd. US-Dollar belaufen, bis 2013 soll er auf 14 Mrd. US-Dollar steigen. Allein Barrick Gold wird - bei stabilem Goldpreis - in den nächsten 3 Jahren mehr als 15 Mrd. US-Dollar an Free Cash Flow generieren. Die Cash&Near-Cash Bestände der Unternehmen lagen per Ende 2010 bei 14 Mrd. US-Dollar Dies lässt das enorme Potenzial für weitere Konsolidierungen erkennen, nachdem alleine die Top-10 Produzenten in 2011 mehr als 40 Mio. Unzen an Produktion ersetzen müssen.
Thorsten Proettel, Rohstoffexperte der Landesbank Baden-Württemberg: Die Minenenthusiasten übersehen, dass die Kosten der Goldförderung in den vergangenen Jahren explodiert sind und viele Minenaktien deshalb aus gutem Grunde kaum gestiegen sind. Meine Meinung würde sich jedoch ändern, wenn die Welt in eine tiefe Rezession gerät und aufgrund der fehlenden Nachfrage nach Kupfer, Eisen und anderen Metallen die Preise für Energie und Minenausrüstungen in den Keller rauschen.
© Benjamin Summa
Unternehmenssprecher pro aurum OHG