34 Jahre GOLD&MONEY INTELLIGENCE, 34 Jahre Goldgeschichte
21.11.2013 | Dr. Bruno Bandulet
An zwei schönen, sonnigen Oktobertagen habe ich mich in die komplette Sammlung aller G&M-Ausgaben vertieft und den Aufstieg unseres Dienstes zum führenden deutschsprachigen Gold-Newsletter, die vielen treffsicheren Analysen, aber auch die Fehleinschätzungen noch einmal Revue passieren lassen. G&M, das waren nicht nur Tausende von Seiten, die anfangs mit der Schreibmaschine, dann mit dem PC zu Papier gebracht wurden. Das waren auch die Dossiers, die stets auf große Nachfrage stießen (besonders der CAYMAN GUIDE und das MAASTRICHT-DOSSIER), die vielen Seminare seit 1980 (als ein unvergeßlicher Höhepunkt das mit Ferdinand Lips und Harry Schultz am 13. Oktober 2001 im Dolder in Zürich) und die zahlreichen Vorträge in Deutschland, der Schweiz und in Übersee.
Die erste Nummer hieß noch GOLD&GELD und erschien Anfang Oktober 1979 in Planegg bei München. Ab November 1981 übernahm die Bandulet Publishing AG in Zug den Titel und kam mit einer englischen Ausgabe heraus, die sehr schnell von einer Reihe von Zentralbanken im Mittleren und Fernen Osten abonniert wurde. Daher die Umbenennung in GOLD&MONEY INTELLIGENCE aus praktischen Gründen. Ab April 1992 kam G&M aus Bad Kissingen zu den Lesern, wo jahrelang auch unser politischer Hintergrunddienst DeutschlandBrief erschien. Bis uns dann der Kopp Verlag im April 2011 die Arbeit mit Vermarktung und Versand zuverlässig abnahm. Und jetzt ist das G&M, das Sie in Händen halten, so wie es aussieht, das letzte.
Als die Nummer 1 in Druck ging, kostete die Feinunze Gold 367,50 Dollar. "Im Goldmarkt steckt schon jetzt das Potential zu einer nochmaligen Verdoppelung der Notierung", wurde den Lesern mitgeteilt. Danach ging alles atemberaubend schnell. Am 21. Januar 1980, einem Montag, wurde Gold in London nachmittags bei USD 850 gefixt - eine Preisspitze, die erst 2008 wieder erreicht und überboten werden sollte. Die Unze Silber kostete an diesem 21. Januar in Zürich USD 51 - auf bessere Silberpreise warten wir bis heute. Mit Gold hat ein Investor immer ruhiger geschlafen.
Bereits im Frühjahr 1980 fand der Goldpreis einen Boden knapp unter USD 500, und schon im Herbst mußten wieder bis zu USD 700 bezahlt werden. Wenn man die Mitte Januar 1980 nur wenige Tage dauernde Übertreibung ausblendet, war Gold im Herbst wieder so teuer wie im Januar - eine zweite Chance, zu verkaufen oder zu reduzieren. Nach einem Aufenthalt in Johannesburg, wo mir der überzogene Optimismus und nicht zuletzt die endlose Reihe von Porsches auffielen, die vor der Börse parkten, folgte die Verkaufsempfehlung in der Dezember-Ausgabe 1980:
"Wenn Sie auf Nummer Sicher gehen wollen, verkaufen Sie jetzt, und zwar nicht nur Gold - abgesehen von einer gewissen Reserve - sondern auch Silber und Goldminenaktien." Die Empfehlung fiel einerseits schwer, andererseits leicht, weil die Goldaktien immer noch klar über den Höchstkursen vom Januar notierten.
Nur im Rückblick kann der Eindruck entstehen, das allgemeine Interesse an Gold und Goldaktien sei 1980 oder in den Jahren danach schlagartig geschwunden. Nicht nur konnte sich der Goldpreis zweimal (1982/1983 und 1985/1987) von 300 auf 500 Dollar erholen, es waren auch phänomenale Gewinne mit den von G&M empfohlenen Goldaktien möglich, Vaal Reefs zum Beispiel, ein südafrikanischer Blue Chip, kletterte von Sommer 1982 bis Februar 1983 von 90 auf 306 Deutsche Mark.
Es dauerte lange, bis die Psychologie nachhaltig von Hausse auf Baisse umschlug. 1993 folgte eine weitere aufsehenerregende Rally, an der George Soros und der anglo-französische Milliardär Sir James Goldsmith, auch er ein Gesprächspartner von G&M, erheblichen Anteil hatten.
Kaum zu glauben, aber der eigentliche Absturz, der zur fast vollständigen Kapitulation der Goldhaussiers führte und den zu diesem Zeitpunkt niemand kommen sah, begann erst 1996. Wenn Dimitri Speck ("Geheime Goldpolitik") recht hat, wurde der Goldmarkt ab 1993 manipuliert. Wie auch immer, der Chart lieferte ein Warnsignal, als sich der Goldpreis monatelang um USD 380 zu stabilisieren schien, dabei aber den 200-Tage-Durchschnitt nicht mehr übersteigen konnte. Eine Erinnerung daran, diesen gleitenden Durchschnitt an allen Märkten, 2014 auch am Aktienmarkt, im Auge zu behalten.
Wenn die sechziger und siebziger Jahre die Dekaden der Goldhorter waren, dann wurden die achtziger zum Jahrzehnt des Goldbergbaus. Ausgelöst durch im historischen Vergleich immer noch stolze Goldpreise und große Goldfunde, stieg die Förderung rasant an - von weltweit 959 Tonnen 1980 auf 1538 Tonnen bereits 1988 (die russische Goldförderung wurde damals, weil geheime Staatssache, gesondert unter "kommunistische Verkäufe" erfaßt). Zur prominentesten Wachstumsaktie stieg American Barrick auf, die heutige Barrick Gold.
Was den Goldpreis letztlich auf unter 300 und dann bis auf fast 250 Dollar absacken ließ, war nicht nur die enorm steigende Produktion (ein wesentlicher Unterschied zu heute!), es waren mehr noch die Verkäufe der Zentralbanken und ihre Ausleihungen von Gold, mit denen die Nachfrage der Schmuckindustrie und der Investoren befriedigt wurde. Insofern entwickelten sich die neunziger Jahre zum Jahrzehnt der Notenbanken. Sie dominierten den Markt mehr und mehr - bis hin zu massiven Eingriffen vor und nach der Jahrhundertwende, die ich in meinem letzten Goldbuch "Das geheime Wissen der Goldanleger" nachgewiesen habe.
Die unangenehme, auch für mich als G&M-Herausgeber extrem frustrierende Phase der Goldbaisse dauerte nur zwei bis drei Jahre. Schon im Oktober 1998 generierte der monatliche MACD, ein sehr langfristiger Indikator, ein noch schwaches Kaufsignal für Gold. Schon 1999 wurde der exakte Tiefpunkt erreicht. Der wurde 2001 erfolgreich getestet, ohne daß sich die Stimmung aufgehellt hätte. Wie es schien, hatten die Investoren dem Goldmarkt für immer den Rücken gekehrt. Medien und Banken konnten Gold gar nicht oft genug für tot erklären. Und doch vollzogen die Goldpreise nahezu unbemerkt in den Jahren 1998 bis 2002 eine perfekte Bodenbildung.
Die G&M-Leser jedenfalls haben die sich zusammenbrauende Hausse nicht verpaßt. Monat für Monat wurde in G&M gegen die vorherrschende Meinung angeschrieben. So zum Beispiel im Mai 2000, als unter Hinweis auf den 8-Jahre-Zyklus zu lesen war, es sei am ehesten ab Januar 2001 mit einer "nachhaltigen, jahrelangen Hausse" zu rechnen. Oder die Ermunterung in der Oktober-Ausgabe 2000: "Kapitulieren Sie nicht! Die Wende kommt." Übrigens wurde damals in G&M auch der Klimasturz an den Aktienmärkten mit der nachfolgenden verheerenden Baisse rechtzeitig gesehen.
Die nachfolgende Goldhausse, das nächste 8-Jahre-Tief 2008 mit der exzellenten Kaufgelegenheit für die Junior-Goldaktien, der Anstieg bis auf über USD 1900 und der inszenierte Ausverkauf vom April 2013 - das alles hat die große Mehrheit der jetzigen G&M-Leser noch miterlebt. Die Feuerkraft der Goldbaissiers hat G&M zeitweise unterschätzt, nicht jedoch das Risiko am Silbermarkt. Siehe die große Silber-Analyse in der April-Ausgabe 2011, in der ein Preisziel von USD 50 und eine spätere Unterstützung bei 20 genannt wurden. Die Marke von 50 wurde ganz knapp verfehlt, die Unterstützung bei 20 unwesentlich unterschritten.
Die Lektüre älterer G&M-Ausgaben kann lehrreich sein, weil sie viel Material liefern, mit dem sich die Theorie von den effizienten Märkten widerlegen läßt. Es gelingt nicht immer, aber oft kann man doch die Märkte samt ihrer Mehrheitsmeinung überlisten und schlagen - wenn man sich vor Emotionen hütet, rational analysiert und bei aller notwendigen fundamentalen Betrachtung die Charttechnik nicht vernachlässigt.
Charts sind unentbehrlich, weil andere Marktteilnehmer danach handeln. Die Zyklen wiederum funktionieren recht gut, weil sie so oft auch von den Profis übersehen werden. Aber immer wird ein großer Rest an Unberechenbarkeit bleiben, weil die Geldmassen, mit denen die Akteure spielen, dank der unverantwortlichen Politik der Notenbanken so gigantisch sind. Einmal ist Gold in Mode, ein andermal sind es die Aktienmärkte, zeitweise ist es der Dollar, zeitweise der Euro.
Gegen die von interessierter Seite propagierte These, daß Gold passé sei, spricht, daß alle Attribute einer wirklich großen Goldblase immer noch fehlen: ein Überinvestment breiter Schichten; die Überzeugung auch der Insider, wie im Januar 1980, daß die Preise nur noch eine Richtung kennen, nämlich die nach oben; eine grundlegende Wende der Geldpolitik, wie sie damals von Paul A. Volcker mit Hilfe extrem hoher Realzinsen eingeleitet wurde; und wohl auch ein finaler Höhenflug der Goldaktien.
Das Kapitel der Goldgeschichte, das 2011 endete, war die Dekade der - nicht sehr vielen - Horter, aber auch die der Investoren und Spekulanten, die gekauft hatten, um teurer zu verkaufen. Die letzteren sind immer noch schwer beeindruckt vom jüngsten Preisrückgang und werden Zeit brauchen, um en masse an den Markt zurückzukehren.
Ein fulminanter Aufschwung der Minenindustrie wie in den achtziger Jahren steht nicht bevor. Schon lange fehlen neue Goldfunde, die die Phantasie anregen könnten. Seit diesem Jahr werden die Investitionen in große Projekte massiv zurückgefahren - im Prinzip gut für den Goldmarkt, der von einem Überangebot verschont bleibt. Gut vorstellbar ist, daß die nächsten zehn Jahre zur Dekade Chinas werden.
1979 waren chinesische Investoren noch unbekannte Wesen. Sehr gut möglich ist auch, daß die beiden großen ungedeckten Währungen Dollar und Euro derart an Vertrauen einbüßen, daß Gold als die ultimative Alternativwährung von einer neuen Schicht von Investoren entdeckt wird. Die Beteiligung der Anleger in den vergangenen zehn Jahren hat nicht annähernd das Ausmaß der Jahre vor und nach 1980 erreicht.
"Um einen Markt beurteilen zu können, bedarf es in jedem Fall einer Rückbesinnung und Analyse", schrieb Fritz Plass, Chefgoldhändler der Deutschen Bank und der wohl klügste Marktmacher im Verlauf dieser turbulenten 34 Jahre, in der G&M-Ausgabe vom Mai 1990. Er halte nicht viel von Preisvorhersagen, fügte er hinzu, weil die Einflußfaktoren zu vielfältig seien.
Wenn Sie, verehrte Leser, sich das nötige Maß an Skepsis bewahren, Ihre Hausaufgaben machen und auf Distanz zur allgegenwärtigen Propaganda bleiben, dann werden Sie künftig mit dem Goldmarkt auch ohne die regelmäßige Lektüre von G&M zurecht kommen. Derzeit schreibe ich an einem Buch über die Vorgeschichte und die Hintergründe des Ersten Weltkrieges. Es wird im ersten Quartal 2014 im Kopp Verlag herauskommen. Falls ich nach einem Jahr oder so feststelle, daß es mir langweilig wird, melde ich mich zurück. BB (Aus: G&M, 4. November 2013)
© Dr. Bruno Bandulet
www.bandulet.de
Der Verleger, Journalist und Buchautor Bruno Bandulet war unter anderem Chef vom Dienst bei der "Welt" und Mitglied der Chefredaktion der "Quick". Er ist Herausgeber des Informationsdienstes "Gold & Money Intelligence" (G&M). Von 1995 bis Ende 2008 war er Herausgeber des Hintergrunddienstes "DeutschlandBrief", der seit Anfang 2009 als Kolumne in eigentümlich frei weitergeführt wird.
Die erste Nummer hieß noch GOLD&GELD und erschien Anfang Oktober 1979 in Planegg bei München. Ab November 1981 übernahm die Bandulet Publishing AG in Zug den Titel und kam mit einer englischen Ausgabe heraus, die sehr schnell von einer Reihe von Zentralbanken im Mittleren und Fernen Osten abonniert wurde. Daher die Umbenennung in GOLD&MONEY INTELLIGENCE aus praktischen Gründen. Ab April 1992 kam G&M aus Bad Kissingen zu den Lesern, wo jahrelang auch unser politischer Hintergrunddienst DeutschlandBrief erschien. Bis uns dann der Kopp Verlag im April 2011 die Arbeit mit Vermarktung und Versand zuverlässig abnahm. Und jetzt ist das G&M, das Sie in Händen halten, so wie es aussieht, das letzte.
Als die Nummer 1 in Druck ging, kostete die Feinunze Gold 367,50 Dollar. "Im Goldmarkt steckt schon jetzt das Potential zu einer nochmaligen Verdoppelung der Notierung", wurde den Lesern mitgeteilt. Danach ging alles atemberaubend schnell. Am 21. Januar 1980, einem Montag, wurde Gold in London nachmittags bei USD 850 gefixt - eine Preisspitze, die erst 2008 wieder erreicht und überboten werden sollte. Die Unze Silber kostete an diesem 21. Januar in Zürich USD 51 - auf bessere Silberpreise warten wir bis heute. Mit Gold hat ein Investor immer ruhiger geschlafen.
Bereits im Frühjahr 1980 fand der Goldpreis einen Boden knapp unter USD 500, und schon im Herbst mußten wieder bis zu USD 700 bezahlt werden. Wenn man die Mitte Januar 1980 nur wenige Tage dauernde Übertreibung ausblendet, war Gold im Herbst wieder so teuer wie im Januar - eine zweite Chance, zu verkaufen oder zu reduzieren. Nach einem Aufenthalt in Johannesburg, wo mir der überzogene Optimismus und nicht zuletzt die endlose Reihe von Porsches auffielen, die vor der Börse parkten, folgte die Verkaufsempfehlung in der Dezember-Ausgabe 1980:
"Wenn Sie auf Nummer Sicher gehen wollen, verkaufen Sie jetzt, und zwar nicht nur Gold - abgesehen von einer gewissen Reserve - sondern auch Silber und Goldminenaktien." Die Empfehlung fiel einerseits schwer, andererseits leicht, weil die Goldaktien immer noch klar über den Höchstkursen vom Januar notierten.
Nur im Rückblick kann der Eindruck entstehen, das allgemeine Interesse an Gold und Goldaktien sei 1980 oder in den Jahren danach schlagartig geschwunden. Nicht nur konnte sich der Goldpreis zweimal (1982/1983 und 1985/1987) von 300 auf 500 Dollar erholen, es waren auch phänomenale Gewinne mit den von G&M empfohlenen Goldaktien möglich, Vaal Reefs zum Beispiel, ein südafrikanischer Blue Chip, kletterte von Sommer 1982 bis Februar 1983 von 90 auf 306 Deutsche Mark.
Es dauerte lange, bis die Psychologie nachhaltig von Hausse auf Baisse umschlug. 1993 folgte eine weitere aufsehenerregende Rally, an der George Soros und der anglo-französische Milliardär Sir James Goldsmith, auch er ein Gesprächspartner von G&M, erheblichen Anteil hatten.
Kaum zu glauben, aber der eigentliche Absturz, der zur fast vollständigen Kapitulation der Goldhaussiers führte und den zu diesem Zeitpunkt niemand kommen sah, begann erst 1996. Wenn Dimitri Speck ("Geheime Goldpolitik") recht hat, wurde der Goldmarkt ab 1993 manipuliert. Wie auch immer, der Chart lieferte ein Warnsignal, als sich der Goldpreis monatelang um USD 380 zu stabilisieren schien, dabei aber den 200-Tage-Durchschnitt nicht mehr übersteigen konnte. Eine Erinnerung daran, diesen gleitenden Durchschnitt an allen Märkten, 2014 auch am Aktienmarkt, im Auge zu behalten.
Wenn die sechziger und siebziger Jahre die Dekaden der Goldhorter waren, dann wurden die achtziger zum Jahrzehnt des Goldbergbaus. Ausgelöst durch im historischen Vergleich immer noch stolze Goldpreise und große Goldfunde, stieg die Förderung rasant an - von weltweit 959 Tonnen 1980 auf 1538 Tonnen bereits 1988 (die russische Goldförderung wurde damals, weil geheime Staatssache, gesondert unter "kommunistische Verkäufe" erfaßt). Zur prominentesten Wachstumsaktie stieg American Barrick auf, die heutige Barrick Gold.
Was den Goldpreis letztlich auf unter 300 und dann bis auf fast 250 Dollar absacken ließ, war nicht nur die enorm steigende Produktion (ein wesentlicher Unterschied zu heute!), es waren mehr noch die Verkäufe der Zentralbanken und ihre Ausleihungen von Gold, mit denen die Nachfrage der Schmuckindustrie und der Investoren befriedigt wurde. Insofern entwickelten sich die neunziger Jahre zum Jahrzehnt der Notenbanken. Sie dominierten den Markt mehr und mehr - bis hin zu massiven Eingriffen vor und nach der Jahrhundertwende, die ich in meinem letzten Goldbuch "Das geheime Wissen der Goldanleger" nachgewiesen habe.
Die unangenehme, auch für mich als G&M-Herausgeber extrem frustrierende Phase der Goldbaisse dauerte nur zwei bis drei Jahre. Schon im Oktober 1998 generierte der monatliche MACD, ein sehr langfristiger Indikator, ein noch schwaches Kaufsignal für Gold. Schon 1999 wurde der exakte Tiefpunkt erreicht. Der wurde 2001 erfolgreich getestet, ohne daß sich die Stimmung aufgehellt hätte. Wie es schien, hatten die Investoren dem Goldmarkt für immer den Rücken gekehrt. Medien und Banken konnten Gold gar nicht oft genug für tot erklären. Und doch vollzogen die Goldpreise nahezu unbemerkt in den Jahren 1998 bis 2002 eine perfekte Bodenbildung.
Die G&M-Leser jedenfalls haben die sich zusammenbrauende Hausse nicht verpaßt. Monat für Monat wurde in G&M gegen die vorherrschende Meinung angeschrieben. So zum Beispiel im Mai 2000, als unter Hinweis auf den 8-Jahre-Zyklus zu lesen war, es sei am ehesten ab Januar 2001 mit einer "nachhaltigen, jahrelangen Hausse" zu rechnen. Oder die Ermunterung in der Oktober-Ausgabe 2000: "Kapitulieren Sie nicht! Die Wende kommt." Übrigens wurde damals in G&M auch der Klimasturz an den Aktienmärkten mit der nachfolgenden verheerenden Baisse rechtzeitig gesehen.
Die nachfolgende Goldhausse, das nächste 8-Jahre-Tief 2008 mit der exzellenten Kaufgelegenheit für die Junior-Goldaktien, der Anstieg bis auf über USD 1900 und der inszenierte Ausverkauf vom April 2013 - das alles hat die große Mehrheit der jetzigen G&M-Leser noch miterlebt. Die Feuerkraft der Goldbaissiers hat G&M zeitweise unterschätzt, nicht jedoch das Risiko am Silbermarkt. Siehe die große Silber-Analyse in der April-Ausgabe 2011, in der ein Preisziel von USD 50 und eine spätere Unterstützung bei 20 genannt wurden. Die Marke von 50 wurde ganz knapp verfehlt, die Unterstützung bei 20 unwesentlich unterschritten.
Die Lektüre älterer G&M-Ausgaben kann lehrreich sein, weil sie viel Material liefern, mit dem sich die Theorie von den effizienten Märkten widerlegen läßt. Es gelingt nicht immer, aber oft kann man doch die Märkte samt ihrer Mehrheitsmeinung überlisten und schlagen - wenn man sich vor Emotionen hütet, rational analysiert und bei aller notwendigen fundamentalen Betrachtung die Charttechnik nicht vernachlässigt.
Charts sind unentbehrlich, weil andere Marktteilnehmer danach handeln. Die Zyklen wiederum funktionieren recht gut, weil sie so oft auch von den Profis übersehen werden. Aber immer wird ein großer Rest an Unberechenbarkeit bleiben, weil die Geldmassen, mit denen die Akteure spielen, dank der unverantwortlichen Politik der Notenbanken so gigantisch sind. Einmal ist Gold in Mode, ein andermal sind es die Aktienmärkte, zeitweise ist es der Dollar, zeitweise der Euro.
Gegen die von interessierter Seite propagierte These, daß Gold passé sei, spricht, daß alle Attribute einer wirklich großen Goldblase immer noch fehlen: ein Überinvestment breiter Schichten; die Überzeugung auch der Insider, wie im Januar 1980, daß die Preise nur noch eine Richtung kennen, nämlich die nach oben; eine grundlegende Wende der Geldpolitik, wie sie damals von Paul A. Volcker mit Hilfe extrem hoher Realzinsen eingeleitet wurde; und wohl auch ein finaler Höhenflug der Goldaktien.
Das Kapitel der Goldgeschichte, das 2011 endete, war die Dekade der - nicht sehr vielen - Horter, aber auch die der Investoren und Spekulanten, die gekauft hatten, um teurer zu verkaufen. Die letzteren sind immer noch schwer beeindruckt vom jüngsten Preisrückgang und werden Zeit brauchen, um en masse an den Markt zurückzukehren.
Ein fulminanter Aufschwung der Minenindustrie wie in den achtziger Jahren steht nicht bevor. Schon lange fehlen neue Goldfunde, die die Phantasie anregen könnten. Seit diesem Jahr werden die Investitionen in große Projekte massiv zurückgefahren - im Prinzip gut für den Goldmarkt, der von einem Überangebot verschont bleibt. Gut vorstellbar ist, daß die nächsten zehn Jahre zur Dekade Chinas werden.
1979 waren chinesische Investoren noch unbekannte Wesen. Sehr gut möglich ist auch, daß die beiden großen ungedeckten Währungen Dollar und Euro derart an Vertrauen einbüßen, daß Gold als die ultimative Alternativwährung von einer neuen Schicht von Investoren entdeckt wird. Die Beteiligung der Anleger in den vergangenen zehn Jahren hat nicht annähernd das Ausmaß der Jahre vor und nach 1980 erreicht.
"Um einen Markt beurteilen zu können, bedarf es in jedem Fall einer Rückbesinnung und Analyse", schrieb Fritz Plass, Chefgoldhändler der Deutschen Bank und der wohl klügste Marktmacher im Verlauf dieser turbulenten 34 Jahre, in der G&M-Ausgabe vom Mai 1990. Er halte nicht viel von Preisvorhersagen, fügte er hinzu, weil die Einflußfaktoren zu vielfältig seien.
Wenn Sie, verehrte Leser, sich das nötige Maß an Skepsis bewahren, Ihre Hausaufgaben machen und auf Distanz zur allgegenwärtigen Propaganda bleiben, dann werden Sie künftig mit dem Goldmarkt auch ohne die regelmäßige Lektüre von G&M zurecht kommen. Derzeit schreibe ich an einem Buch über die Vorgeschichte und die Hintergründe des Ersten Weltkrieges. Es wird im ersten Quartal 2014 im Kopp Verlag herauskommen. Falls ich nach einem Jahr oder so feststelle, daß es mir langweilig wird, melde ich mich zurück. BB (Aus: G&M, 4. November 2013)
© Dr. Bruno Bandulet
www.bandulet.de
Der Verleger, Journalist und Buchautor Bruno Bandulet war unter anderem Chef vom Dienst bei der "Welt" und Mitglied der Chefredaktion der "Quick". Er ist Herausgeber des Informationsdienstes "Gold & Money Intelligence" (G&M). Von 1995 bis Ende 2008 war er Herausgeber des Hintergrunddienstes "DeutschlandBrief", der seit Anfang 2009 als Kolumne in eigentümlich frei weitergeführt wird.