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“Tapering“ lässt Rohstoffmärkte mit Ausnahme von Gold kalt

19.12.2013  |  Eugen Weinberg
Die US-Fed hat sich nun doch fürs "Tapering", sprich Reduktion der monatlichen Anleihekäufe ab Januar von zuvor 85 Mrd. USD auf nun 75 Mrd. USD entschieden. An den Aktienmärkten hat die Fed-Aktion eine starke Rallye ausgelöst, weil die Unsicherheit, die die Stimmung eintrübte, nun weg sei. Die Rohstoffmärkte mit Ausnahme von Gold haben dagegen kaum reagiert. Wir sehen dies als weiteren Hinweis auf ein derzeit sehr geringes Anlegerinteresse bei Rohstoffen.


Energie

Im Vorfeld des DOE-Berichts zu den US-Ölbeständen sind die WTI-Ölpreise gestern bis auf 98 USD je Barrel gestiegen. Obgleich die Lagerbestände für Rohöl stärker als erwartet gefallen sind, die Cushing-Bestände erstmals seit Oktober signifikant zurückgingen und auch die für Destillate (offensichtlich witterungsbedingt) massiv um 2,1 Mio. Barrel fielen, konnte der WTI-Ölpreis nicht die Gewinne verteidigen und fiel auf 97,2 USD. Überraschenderweise zog im Gleichklang ohne nennenswerte unterstützende Nachrichten der Brentölpreis um 1 USD an.

Man könnte hinter der Bewegung zwar auch Händler vermuten, die auf eine Ausdehnung der Preisdifferenz zwischen den beiden wichtigsten Öl-Benchmarks setzen und für den Handel das Zeitfenster unmittelbar nach den DOE-Zahlen genutzt haben. Denn von der fundamentalen Seite kommt für Brentöl wenig neue Unterstützung. Ganz im Gegenteil dürfte der andauernde Streik bei französischen Raffinerien von Total die europäische Rohölnachfrage eher belasten. Man könnte aber auch das gestrige Phänomen dadurch erklären, dass die DOE-Zahlen, die eine robuste US-Nachfrage zeigten, vor allem die Preise für Ölprodukte nach oben getrieben haben. Im Gegensatz zu US-Rohöl können die US-Ölprodukte auch exportiert werden, was ihre Märkte globalisiert und mit der globalen Öl-Benchmark Brent verbindet.


Edelmetalle

Die gestrige Fed-Entscheidung hat dem Goldpreis zugesetzt, wobei er erneut unter 1.220 USD je Feinunze fiel. Wir halten die Goldpreisreaktion auf die gestrigen Äußerungen der Fed überzogen. Denn der wesentliche Grund für die positive Reaktion der Aktienmärkte dürfte die Fed-Erwartung gewesen sein, dass die Nullzinspolitik auch nach Erreichen der Arbeitslosenrate von 6,5% fortgesetzt werden kann. Zuvor galt dieses Ziel in den Augen der Marktbeobachter als Auslöser einer Reihe von Zinserhöhungen. Die Tatsache, dass das Geld noch lange Zeit extrem "billig" bleiben wird, hätte vielmehr den Goldpreis unterstützen sollen als das baldige Ende der Quantitativen Lockerung (QE3) belasten.

Denn von QE3 hat der Goldpreis zuvor gar nicht profitiert (Grafik des Tages). Die Bewegung in den nächsten Tagen könnte dennoch für den Goldpreis auch längerfristig mitentscheidend sein. Wenn es dem Goldpreis gelingen sollte, über 1.220 USD je Feinunze eine stabile langfristige Bodenbildung zu formieren, dürfte das Anlegerinteresse wieder zurückkehren. Denn die große Unsicherheit um QE3 besteht nicht mehr, wobei das Gespenst "Tapering" nun seinen Schrecken für den Goldmarkt verliert. Andererseits, wenn der Goldpreis unter 1.200 USD fällt, könnte dies eine erneute Verkaufswelle auslösen. Die Gold-ETF-Anleger bleiben auf der Verkäuferseite und haben gestern ihre Bestände um weitere 6,3 Tonnen reduziert.

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Industriemetalle

Das staatliche Reservenbüro Chinas (SRB) plant offenbar den Kauf von größeren Mengen Kupfer und Nickel. Laut Industrieangaben könnte das SRB schon bald rund 300 Tsd. Tonnen Kupfer und 100-150 Tsd. Tonnen Nickel erwerben. Offensichtlich erwartet die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission, die das staatliche Reservenbüro beaufsichtigt, im Laufe des nächsten Jahres höhere Metallpreise und nutzt jetzt noch die niedrigen Notierungen aus, um günstig Material zu kaufen. Im Falle von Kupfer entsprechen die 300 Tsd. Tonnen mehr als drei Viertel der aktuellen LME-Vorräte, im Falle von Nickel wäre dies in etwa die Hälfte der LME-Lagerbestände. Die möglichen Reservenkäufe könnten daher durchaus merkliche Auswirkungen auf die Preise von Kupfer und Nickel haben.

Schon Ende letzter Woche hatte das chinesische Handelsministerium die erste Tranche der Exportquoten für Seltene Erden im nächsten Jahr veröffentlicht. Demnach dürfen zunächst 15.110 Tonnen der vor allem in der Hochtechnologie verwendeten Metalle ausgeführt werden. Dies entspricht fast dem Niveau dieses Jahres. Für gewöhnlich gibt das Ministerium im zweiten Halbjahr eine weitere Tranche frei. Die gesamte Exportquote in diesem Jahr beträgt 31.001 Tonnen. Während Chinas Quasi-Monopol bei den sog. leichten Seltenen Erden bröckelt, bleibt das Reich der Mitte bei den wichtigeren "schweren" Seltenen Erden der dominante Anbieter.


Agrarrohstoffe

Mit dem Jahr neigt sich auch die brasilianische Zuckerrohrernte dem Ende zu. Es dürfte also dabei bleiben, dass trotz der um über 10% gesteigerten Zuckerrohrernte die Zuckerproduktion im Hauptanbaugebiet Center-South um weniger als einen Prozentpunkt gestiegen ist. Die Ethanolproduktion legte dagegen um fast 20% zu. In der vergangenen Saison lag die Zuckerproduktion nach Angaben der Zuckerindustrievereinigung Unica bis Ende November marginal unter, in diesem Jahr marginal über 33 Mio. Tonnen Zucker und wird bis Ernteabschluss mit 34 Mio. Tonnen ebenfalls gleichauf mit dem Vorjahr geschätzt. Da die Ernte fast beendet ist und Center-South für über 90% der Zuckerrohrproduktion Brasiliens steht, dürfte auch landesweit die Zuckerproduktion weitgehend stagnieren.

Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Internationale Zuckerorganisation den Angebotsüberschuss in 2013/14 trotz hoher Ernten in einer Reihe wichtiger Anbauländer mit knapp 5 Mio. Tonnen nur halb so hoch wie im Vorjahr schätzt. Seit Mitte September halten die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer - anders als in den sieben Monaten zuvor - Netto-Long-Positionen an der Börse in New York. Zwischenzeitlich hatten diese sogar Rekordniveaus erreicht und auch die Preise konnten vorübergehend, angefeuert durch regenbedingte Ernteverzögerungen und einen Lagerhausbrand in Brasilien, steigen. Inzwischen drohen die Netto-Long-Positionen wieder in den negativen Bereich abzurutschen. Wir gehen dagegen davon aus, dass die Rohzuckerpreise in 2014 etwas Boden wettmachen können.




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