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Silber: goldene Zeiten

18.12.2005  |  Eugen Weinberg
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Silberproduktion

a.) Minenproduktion:

In früheren Zeiten bis etwa 1000 n.Chr. lag die Silberproduktion stabil bei rund 1,5 Mio. Unzen jährlich. Bedeutende Funde in Deutschland im 11. Und 12. Jahrhundert haben dann zwar die Verfügbarkeit des Metalls erhöht, jedoch kam der entscheidende Durchbruch bei der Silberproduktion erst im 16. Jahrhundert nach der Entdeckung der riesigen Vorkommen in Mexiko, Peru und Bolivien. Die Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 war somit ein äußerst wichtiges Ereignis wobei in der Zeit zwischen den Jahren 1500 und 1800 schätzungsweise 85% der gesamten Produktion und Ausfuhren auf die drei oben genannten Länder entfiel. Durch die Entdeckung weiterer Vorkommen in Südamerika wurde die Produktion von circa 9 Mio. Unzen im Jahr 1700 über 40 Mio. in 1850 auf fast 150 Mio. Unzen zum Ende des 19. Jahrhunderts gesteigert. Nachdem hochgradige leicht förderbare Silberreserven im Laufe des 20. Jahrhunderts allmählich erschöpft waren, hat sich das Produktionstempo stark verlangsamt und die Produktion stieg seitdem nur noch um durchschnittlich gut 2% pro Jahr.

Heute liegt die Minenproduktion weltweit bei etwas mehr als 630 Mio. Unzen jährlich. Trotz stark verbesserter Gewinnungsmethoden nahm die Minenproduktion in den letzten Jahrzehnten nur verhältnismäßig leicht zu. Der durchschnittliche Produktionszuwachs hat in den letzten 15 Jahren lediglich 1,5% weltweit betragen. Dabei entfällt im Moment rund 90% der Gesamtproduktion auf die zehn größten produzierenden Länder.

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Dabei fällt auf, dass einer der größten Silberanbieter, China, im Gegensatz zu anderen Silberproduzenten keine riesigen Silberminen besitzt. Hauptsächlich fällt dort Silber in Schmelzöfen beim Kupferraffinierungsprozess als Nebenprodukt an. Obwohl früher Silber in China sehr begehrt war und bis zum Jahre 1998 China als Nettokäufer auftrat, wird es mittlerweile als minderwertiges Edelmetall im Unterschied zu Gold und Platin angesehen.

Seit dem Ende 90er Jahre hat die People‘s Republic Bank of China (PRC) für die Schließung der großen Angebotslücke gesorgt, in dem sie schätzungsweise 60 Mio. Unzen Silber jährlich am Markt verkauft. Dabei lagen die Produktionsüberhänge bei Silber in China nur bei circa 10 Mio. Unzen pro Jahr, wodurch der Rest aus den Reserven der PRC kommen musste. Wir sehen im Moment zunehmend Anzeichen dafür, dass die Abgabebereitschaft nachlassen könnte. Erstens wird aufgrund des gestiegenen Bedarfs ein großer Teil der Produktion in China selbst verbraucht. Zweitens agiert die PRC zwischenzeitlich offensichtlich opportunistisch und verkauft die Silberreserven nicht mehr unter einem bestimmten Preis (schätzungsweise knapp unter 6 US-Dollar pro Unze). Somit bildet sich von der Angebotsseite eine verstärkte Unterstützung für den Silberpreis. Außerdem sollten die Reserven bei der PRC aufgrund der starken Verkäufe in den Vorjahren mittlerweile nahezu erschöpft sein. Da aber die offiziellen Statistiken die genauen Zahlen dazu verschweigen, lässt sich der Netto-Effekt nur schwer beziffern. Diese große Unbekannte könnte jedoch bald sogar positiv zur Preisentwicklung beitragen, da die chinesische Nachfrage im Jahre 2004 erneut einen Zuwachs von 19% verzeichnete. In jedem Fall sollte man mittelfristig davon ausgehen, dass die Produktionsüberhänge in China durch die gestiegene Nachfrage wenigstens ausgeglichen werden.

Insgesamt kommt weltweit nur rund 30% der Minenproduktion aus primären Silberminen. Hauptsächlich wird Silber als Nebenprodukt in der Zink-, Blei- und Kupferproduktion gewonnen. Auf die Industriemetalle entfallen etwa 58% der Silberproduktion. Weitere 12% des Minenangebots entsteht bei der Gewinnung von Gold. Dies macht die physische Produktion kurz- bis mittelfristig zu einem hohen Grade unelastisch gegenüber Preisänderungen bei Silber, weil die Produktionsmenge bei Basismetallen von anderen Faktoren abhängt.

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Die Silbergewinnung aus Silberminen ist meistens mit weitaus höheren Produktionskosten verbunden als die Produktion als Nebenprodukt von anderen Metallen. Hohe Werkstoffund Transportpreise und ungünstige Wechselkursveränderungen führten dazu, dass die meisten existierenden Silberminen, die in einer Phase höherer Silberpreise entdeckt wurden, im Moment unprofitabel sind. In der Niedrigpreisphase der 80er und 90er Jahre wurden außerdem viel zu geringe Investitionen in Exploration getätigt, was mittelfristig zur weiteren Einengung des Angebots führen sollte. So werden in den kommenden Monaten keine großen Minenprojekte mit einem nennenswerten Silberanteil in Betrieb genommen. Die Angebotsseite wird mittelfristig somit angespannt bleiben.


b.) Ressourcen, überirdische Lagerbestände und spekulative Rückflüsse

Die Minenproduktion kann außerdem nicht schnell genug ausgeweitet werden, weil die erkundeten Bodenressourcen bei Silber relativ klein sind. Die Schätzungen belaufen sich auf lediglich 270 Tsd. Tonnen Reserven bzw. 14 Jahresproduktionen bei heutigem Produktionstempo. Auch die Gesamtreservenbasis beträgt nur 570 Tsd. Tonnen weltweit bzw. weniger als 30 Jahresproduktionen bei ihrer völligen Umwandlung in die abbaubare Reservenkategorie. Zudem befinden sich schätzungsweise über zwei Drittel der Weltsilberressourcen in Kupfer-, Blei- und Zinkvorkommen. Diese, oft in einer großen Tiefe liegenden Reserven, machen den Abbau sehr aufwändig und teuer. Insgesamt ist die Reservengröße bei Silber im Vergleich zu anderen Metallen unzureichend und es sind weitere hohe Explorationsausgaben notwendig, um diese problematische Lage entscheidend zu verbessern. Diese Investitionskosten verteuern letztendlich auch die Gesamtkostenstruktur bei Silber und stützen den Silberpreis.

Nicht nur die Ressourcen im Boden, sondern auch die identifizierbaren überirdischen Bestände, sind im Vergleich zu anderen Metallen sowie auch relativ zum Jahresverbrauch relativ klein. Auch wenn man vermutete "verborgene" überirdische Bestände von circa 300 Mio. addiert, liegt die Gesamtgröße kurzfristig verfügbarer überirdischer Bestände nur bei ca. 900 Mio. Unzen und kann somit die Industrienachfrage lediglich für ein Jahr befriedigen. Im Vergleich hierzu betragen definierbare verfügbare Ressourcen bei Gold etwa das 50-fache einer Jahresnachfrage.

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Beispielhaft ist dabei die Entwicklung überirdischer Silberbestände in den USA. Während in den 50er und 60er Jahren das US-amerikanische Schatzamt über die weltgrößten Bestände von über 2 Milliarden Unzen verfügte und sich darüber hinaus noch 1,3 Milliarden Unzen in Münzenform im Umlauf befanden, ist dieser Bestand heute fast auf Null geschrumpft. Auch sind die strategischen Reserven des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums, die noch vor 20 Jahren eine beachtliche Größe von rund 150 Mio. Unzen aufwiesen, heute komplett aufgebraucht. Zudem sind die Lagerbestände an den Metallbörsen dramatisch geschrumpft, so dass diese teilweise nicht mehr ausreichen, um ausstehende Long-Positionen von Futures-Investoren zu beliefern. Die Situation ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der ehemals weltweit größte Silberbesitzer für die Prägung seine traditionellen Jahresgedenkmünzenreihen auf Einfuhren angewiesen ist.

Das Angebot seitens Zentralbanken und aus identifizierbaren Beständen bei Händlern und Metallbörsen kann also die Angebotslücke nachhaltig nicht schließen, weil sich der Markt im Primärdefizit befindet und diese Bestände folglich ständig schrumpfen. Die fast entscheidende Rolle beim Angebot spielen dabei seit etwa Anfang der 90er Jahre die Verkäufe aus schwer identifizierbaren privaten Hortungen.

Nicht nur wegen fehlender Schätzungen und der möglicherweise gewaltigen Höhe dieser Bestände, sondern auch wegen eines schwer prognostizierbaren Verhaltens, spielen Investoren eine Schlüsselrolle am Markt. Die Silberhorten entstanden hauptsächlich Ende der 70er bis circa Mitte der 80er Jahre nach der erfolglosen Spekulation der Gebrüder Hunt, die den Silbermarkt in die Enge treiben wollten. Der Silberpreis ist dabei Ende der 70er bis Anfang 80er Jahre rasant auf knapp 50 US-Dollar pro Unze angezogen. Da die Industrienachfrage gleichzeitig zurückgegangen ist, wurden Produktionsüberschüsse von privaten Investoren absorbiert. Die Produktionsüberschüsse hielten noch bis Ende der 80er Jahre an, so dass deren Gesamtgröße nach Schätzungen internationaler Research-Häuser auf eine Milliarde Unzen gewachsen ist. Die in der Statistik nicht erfassten überirdischen Bestände fungierten in den 90er Jahren als Ausgleichsgewicht in der Angebot-Nachfrage Gleichung am Markt, der sich mittlerweile im Primärdefizit befand. Sie bleiben unserer Einschätzung nach weiterhin die wichtigste Unbekannte am Markt. Da sich die Primärdefizite der letzten 16 Jahre auf knapp 1,5 Milliarden Unzen kumulierten, sollten die spekulativen Überhänge aus den 80er Jahren jetzt nahezu völlig aufgebraucht worden sein.

In dieser Situation ist der Kursverlauf bei Silber schwer nachvollziehbar, da sich diese Knappheitsproblematik bei gleichzeitig zurückgehenden Reserven in den letzten Jahren frühzeitig herauskristallisierte. Dagegen verlief der Silberpreis in den letzten Jahren eher parallel zum Bleipreis, einem Metall, dem oft veraltete Anwendungsbereiche, enorme überirdische Bestände, stagnierende Nachfrage und steigende Produktion nachgesagt werden. Nach unserer Auffassung sind die langfristigen Auswirkungen der Knappheitssituation den Marktteilnehmern noch nicht bewusst.

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c.) Altsilber und Recycling

Die bestehende Angebotlücke bei Silber wird zusätzlich zu den Verkäufen aus den Reserven der Weltzentralbanken und aus überirdischen Hortungen der 80er Jahre teilweise durch die "sekundäre" Produktion bzw. Einschmelzung von Altsilber und silberhaltigen Produkten zu geschlossen. Besonders groß ist der Recycling-Anteil im Bereich der Fotoindustrie, in der rund 70% des verwendeten Silbers aus den Fotochemikalien zurückgewonnen wird. Der Übergang von der analogen zur digitalen Fotografie führte allerdings zu einem Rückgang der Menge an wiedergewonnenem Silber. Dieser fiel so stark aus, dass die Gesamtmenge aus Recycling in allen Bereichen im Jahre 2004 um 1,3% zurückging.

Insgesamt bleibt die Recycling-Menge trotz der zuletzt tendenziell steigenden Preise bereits seit Jahren stabil. Nicht nur im Fotobereich ist das Recycling-Volumen rückläufig, sondern bleibt die Wiedergewinnung von Silber auch in anderen Bereichen unprofitabel. Der Silberanteil in den meisten Anwendungen ist so winzig, dass es sich oft nicht lohnt, diesen Anteil wiederzugewinnen, weil dessen Wert in keiner Relation zu den anfallenden Kosten steht. Dies führt auch dazu, dass ein Teil der Silberreserven weltweit verloren geht bzw. in absehbarer Zukunft nicht mehr wiedergewonnen wird. Dies ist ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Silbermarkt und den Märkten für die meisten anderen Metalle. Schätzungsweise befindet sich über 98% der jemals produzierten Goldmenge immer noch im Umlauf und auch bei anderen Metallen mit homogenen Anwendungen und einer hohen Konzentration von einem Metall im Endprodukt, wie z.B. bei Kupfer oder Platin, bleiben die produzierten Mengen fast immer erhalten und werden ständig aus diesen Anwendungen zurückgewonnen.

Zusätzlich sollte bei moderat anziehenden Preisen auch in einem weiteren wichtigen Anwendungsbereich für Silber, der Schmuckindustrie, der Recycling-Anteil niedrig bleiben. Bei Silberschmuck übersteigt der Verkaufspreis die Materialkosten meistens um das Mehrfache. Dies macht die Einschmelzung des Schmucksilbers bei jetzigen Preisen unattraktiv und bedeutet zugleich, dass Silber aus Schmuck erst bei weitaus höheren Preisen zur Wiedereinschmelzung gelangt und zur Schließung der Angebotslücke beitragen kann.

Die Recycling-Komponente bei Silber sollte sich damit auch in Zukunft als relativ preisunelastisch erweisen, so dass es auch bei moderat steigenden Preisen zu keiner nennenswerten Ausweitung des Angebots aus dem Recyclingsektor kommen sollte.

Wir denken allerdings, dass der Markt die bevorstehende Gefahr einer Erschöpfung der Silberreserven im Moment stark unterschätzt. Bei den relativ niedrigen Preisen von unter 10 US-Dollar kann die Angebotslücke in den nächsten Jahren kaum gedeckt werden, was fast zwangsläufig zu höheren Notierungen führen sollte. Da sich das Angebot nicht zeitnah an die steigende Nachfrage von Finanzinvestoren anpassen kann, schließen wir eine explosionsartige Bewegung nach oben, ähnlich wie Ende der 70er Jahre, in den kommenden Monaten nicht aus.




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