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Silber: goldene Zeiten

18.12.2005  |  Eugen Weinberg
- Seite 3 -
Nachfragedynamik

Während Silber früher fast ausschließlich zur Schmuck-, Tafelsilber- und Münzenherstellung verwendet wurde, sind die Anwendungen heute sehr zahlreich und unterschiedlich. Hervorragende thermische- und elektrische Leitfähigkeit machten es zu einem festen Bestanteil der modernen Industrie, Elektronik und Elektrotechnik. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bildet die Schwärzung der Silbersalze durch Licht die Grundlage der klassischen Fotografie. Diese Eigenschaften führten dazu, dass das frühere Schmuckmetall allmählich zu einem Industriemetall wurde, bei dem fast zwei Drittel der Gesamtnachfrage auf industrielle Zwecke und den Fotobereich entfallen. Der Anteil von Schmuck und Tafelsilber an der Gesamtnachfrage ist gleichzeitig ständig geschrumpft und beträgt zurzeit nur noch rund 30% der Fertigungsnachfrage. Vor allem aber ging das Anlegerinteresse an physischem Silber in den letzten Jahrzehnten zurück. Die Nachfrage nach Münzen und Barren befindet sich etwa auf dem Niveau von vor 30 Jahren, obwohl sich die Gesamtnachfrage im gleichen Zeitraum nahezu vervierfacht hat.

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Der Silberverbrauch wächst trotz des moderaten Preisanstieges weiterhin stetig, wobei sich aber die Wachstumsdynamik im Vergleich zu dem Tempo der 90er Jahren in den letzten Jahren zunehmend verlangsamt hat. Dabei hat sich die Nachfrage der Elektro- und Elektronikindustrie, die nach dem High-Tech Boom der Neunziger eingebrochen ist, mittlerweile wieder erholt und im Jahre 2004 sogar ein neues Hoch markiert. Nach unserer Einschätzung sollte sich die industrielle Nachfrage zukünftig weiterhin mit über 3% Wachstum jährlich zumindest parallel zum Wachstumstempo der Gesamtindustrie entwickeln.

Dagegen ist die Nachfrage im Fotobereich im Moment noch rückläufig. Dabei wird der Aspekt, dass mit dem Vormarsch digitaler Fototechnik die traditionelle analoge Fotografie komplett verdrängt wird, bereits seit längerem vom Markt eingepreist. Die rückläufige Bedeutung analoger Anwendungen vor allem in den westlichen Ländern ist zwar deutlich zu sehen. Allerdings ist der Rückgang längst nicht so stark wie von dem meisten Marktteilnehmern befürchtet, da Rückgang teilweise durch die weiterhin steigende Konsumnachfrage nach tendenziell billigerer analoger Technik in den Schwellenländern kompensiert wird. Allein in China ist die Nachfrage nach Silber aus dem Bereich Fotografie im Jahre 2004 um weitere 6% gestiegen. Die bereits rückläufigen Zuwachsraten der Nachfrage nach digitaler Fotografie in den entwickelten Ländern deuten außerdem auf eine gewisse Sättigung und Marktreife hin.

Außerdem lassen viele Nutzer digitaler Technik die Bilder weiterhin auf Fotopapier, das normalerweise Silber enthält, entwickeln. Aus diesem Grund verzeichnet die Nachfrage aus dem Fotopapierkonsum, die etwa gleich groß wie der Verbrauch aus dem Fotofilmverbrauch ist, einen sehr geringen Rückgang. Einige Bereiche der Fotonachfrage weisen sogar eine Steigerung auf. So stieg zum Beispiel die Nachfrage aus der Kinofilmindustrie im Jahre 2004 um zwölf Prozent. Entscheidend ist jedoch, dass der größte Anwendungsbereich für Silber in der Fotoindustrie, die für nahezu die Hälfte des Gesamtverbrauchs verantwortliche Radiographie (Röntgenbilder), seit vielen Jahren relativ stabil bleibt. Aus diesen Gründen glauben wir, dass die am Markt herrschende Untergangsstimmung bezüglich der Fotoanwendungen von Silber überzogen ist und sich die Nachfrage aus diesem Sektor in den kommenden Jahren stabilisieren wird. Außerdem trägt der leichte Rückgang dieser Nachfrage gleichzeitig angebotsseitig zum Rückgang der recycelten Menge bei. Dadurch wird der Netto-Effekt des Nachfragerückgangs aus dem Fotobereich zusätzlich vermindert.

Eine weitere Nachfrage-Komponente, die Schmucknachfrage, blieb im letzten Jahrzehnt unter starken Schwankungen per saldo fast gleich bei rund 250 Mio. Unzen jährlich. Für die starke Volatilität sorgt vor allem eine preisempfindliche saisonal abhängige Nachfrage der indischen Bevölkerung nach Silber, da Indien der weltweit größte Abnehmer für Silberschmuck ist. Wegen des rund 50%-igen Anstieges des Silberpreises während der traditionellen Hochzeitssaison in Indien, brach die Indiens Silberschmucknachfrage im Jahre 2004 um 33 Mio. Unzen ein. Bereinigt um diesen einmaligen Effekt konnte die Schmucknachfrage in den anderen Ländern sogar zulegen. Dies ist unter anderem darauf zurück zu führen, dass in den meisten anderen Ländern die Verarbeitungskosten die Materialkosten deutlich übersteigen und der Materialwert bei Silberschmuck sehr gering ist. So bleiben die Verkaufspreise bei einer moderaten Preissteigerung überwiegend stabil und folglich erweist sich auch die Nachfrage gegenüber diesen Steigerungen als relativ unempfindlich.

In dieser Situation ist es interessant zu beobachten, dass Kapitalanleger im Gegensatz zu preisbewussten Schmuckkäufern oft pro-zyklisch agieren und aus diesem Grund ihre Käufe in den letzten Jahren enorm verstärkt haben. Die Nachfrage nach Anlagemünzen und Barren wuchs dabei in den letzten 10 Jahren um rund 6% jährlich (im letzten Jahr sogar um 15%). Anleger, die nach der missglückten Spekulation der Gebrüder Hunt Anfang der 80er Jahre, dem Silber für mehr als ein Jahrzehnt den Rücken gekehrt haben, sind offenbar wieder ins Lager der Silberbullen gewechselt und horten nun das knapp werdende Gut aus unterschiedlichen Anlagemotiven wieder. Diese Dynamik sollte nach unserer Einschätzung in den kommenden Jahren sogar weiter zunehmen, da viele Anleger auf der Suche nach renditestarken Anlagen Silber wieder entdecken werden.

Positiv für Silber stimmen uns außerdem die Perspektiven neuer Anwendungsbereiche. Insbesondere innovative hochtechnologische Sektoren wie die Brennstoffzellentechnik und die Fotovoltaik (Solartechnologie) sollten künftig an Bedeutung gewinnen. Eine der potenziell größten zukünftigen Anwendungsbereiche für Silber sollte unserer Ansicht nach der Bereich Wasseraufbereitung werden. Bereits römische Legionäre und später Pioniere des amerikanischen Westens haben mit Silbermünzen Wasser von Schmutz gereinigt. Die antiseptischen und antibakteriellen Eigenschaften und die bakterizide Wirkung silberhaltiger Präparate führen zu einer steigenden Anwendung dieser Werkstoffe auch in der Medizin. Der Effekt der dynamisch wachsenden Nachfrage aus den neuen Anwendungssektoren ist jedoch momentan noch schwer zu beziffern. Allerdings ist schon jetzt abzusehen, dass ihr Wachstumstempo jenes der traditionellen Anwendungen übersteigt, was sie künftig zu bedeutsamen positiven Faktoren für die Nachfrageseite machen sollte.


Silber als Finanzanlage

Anleger, die bis vor wenigen Jahren insgesamt als Netto-Verkäufer am Markt agiert haben, entdecken zunehmend Silber als Anlageobjekt wieder. Erstaunlicherweise hat sich die Situation erst mit einem kräftigen Preisanstieg verbessert. Das oft prozyklische Verhalten vieler Anleger führt dazu, dass sich sowohl einige mit Verkäufen zurück halten als auch viele neue Käufe tätigen. Die meisten folgen dabei einem etablierten Trend, ähnlich wie in den 70er Jahren, als viele auf die Themen Inflation und Vermögensschutz durch Edelmetallkäufe erst Jahre nach der Wende beim Silberpreis aufmerksam geworden sind.

Neben der bereits erwähnten physischen Knappheit des Metalls und den damit verbundenen Chancen auf einen starken Preisanstieg, sehen viele Anleger Silber wieder zunehmend auch als Inflationsschutz an. Traditionell gelten Edelmetalle und insbesondere Gold und Silber als Sachwerte und sollten in einer inflationären Umgebung eine überdurchschnittliche Performance im Vergleich zu anderen Anlageklassen erzielen. Die in der Niedrigzinsphase der 90er Jahre geschaffene Geldmenge sollte nach unserer Ansicht langfristig dafür sorgen, dass die Inflation wieder an Fahrt gewinnt. Auch der vermeintliche Nachfolger von Alan Greenspan auf dem Posten des US-Fed Vorsitzenden, Fed-Governeur Bernanke, hat bereits im November 2001 angekündigt, dass sich die Fed vor allem Deflationsbekämpfung auf die Fahnen schreiben wird. In Phasen, in denen Inflationsraten die nominalen Zinsen übersteigen, bei einem sog. negativer Realzins, sollten Wertanlagen wie Gold und Silber aufgrund ihrer historischen Rolle besonders gut abschneiden. Die historische Marktinterpretation des Zusammenhangs zwischen der Inflationsentwicklung und dem Silberpreis ist aus unserer Sicht zutreffend. Silber hat sich historisch gesehen in der Tat als Vorbote für zunehmende Inflation und gleichzeitig als hervorragender Vermögensschutz erwiesen.

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Verblüffend ist, dass eines der Hauptprobleme bei Investitionen in physisches Silber die Tatsache ist, dass Silber verhältnismäßig "zu billig" ist. Ein Kilogramm Silber kostet im Moment umgerechnet lediglich knapp 200 Euro. Dies erschwert die Anlage größerer Vermögen in physischem Metall deutlich, da bereits eine Anlagesumme von 10.000 Euro über 50 Kilo Silber entspricht. Diese Menge muss gelagert, versichert und aufbewahrt werden und ist außerdem nicht so liquide, wie z.B. ein Kilo Gold, das man für den gleichen Betrag kaufen kann. Außerdem wird auf Silberbarrenkäufe im Gegensatz zu Gold eine zusätzliche Steuer erhoben (in Deutschland 16%, in anderen Ländern oft sogar noch mehr).

Deshalb bemüht sich derzeit Barclays um eine Genehmigung für einen sogenannten Silber ETF (Exchange Traded Funds). Aus Diversifizierungsgründen und aufgrund der im Vergleich zum physischen Besitz günstigeren steuerlichen Behandlung (z.B. keine Mehrwertsteuer) sollte diese Anlagemöglichkeit positiv angesehen werden. Für vermögende Privatkunden und vor allem für institutionelle Investoren, deren Anlageuniversum häufig nur auf die Anlageklassen Aktien und Anleihen beschränkt ist, ergibt sich somit die Möglichkeit eines Engagements am Silbermarkt. Wir glauben, dass dieser Fonds eine breitere Klientel von Investoren ansprechen und neue Investoren in den Markt locken wird. Dieser Fonds könnte unserer Einschätzung nach eine zusätzliche Nachfrage von über 200 Mio. Unzen generieren, falls das Fondsvolumen lediglich 1,5 Milliarde US-Dollar betrüge.

Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Silbernachfrage in den letzten 20 Jahren um durchschnittlich 3,5% jährlich gestiegen ist. Dies entspricht etwa dem weltweiten BIP- und Industrieproduktionswachstum von 3,4% pro Jahr. Der Nachfrage-Rückgang aus dem Fotosektor wurde komplett durch die wachsende Nachfrage aus dem Technologiesektor und nach physischem Silber als Anlageobjekt aufgefangen. Wir glauben, dass dieser Trend anhalten wird und gehen in unseren Schätzungen von einem langfristigen Nachfragezuwachs von durchschnittlich 2,5% pro Jahr aus. Die Minenproduktion, die seit dem Jahre 1990 um lediglich 1,5% jährlich ausgeweitet wurde, sollte dagegen auch in der Zukunft aufgrund fehlender Explorationsausgaben und Ressourcen bei heutigen Preisen die existierende Produktionslücke nicht schließen können. Da sich das Angebot wie auch die Nachfrage gegenüber den möglichen Preissteigerungen als unempfindlich herausstellen sollte, könnte eine positive Preisreaktion entsprechend stark ausfallen.

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