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Der Morgen danach

09.07.2014  |  Eugen Weinberg
Energie

Nach dem historischen Spiel gestern Abend fällt es nicht leicht, einfach zur Normalität zurückzukehren. Die Ölpreise setzen ihren Abwärtstrend unterdessen fort. Brent fällt den achten Handelstag in Folge und notiert auf einem Monatstief von weniger als 109 USD je Barrel. Ähnliches gilt für WTI, welches in der Nacht mit 103 USD je Barrel ebenfalls den niedrigsten Stand seit einem Monat markierte. Die Angebotsrisiken, welche die Ölpreise seit Monaten unterstützt hatten, gehen weiter zurück.

Im Westen Libyens öffnet nun auch das zweitgrößte Ölfeld, El Sharara. Dieses hat eine Förderkapazität von 340 Tsd. Barrel pro Tag. Zusammen mit der inzwischen erfolgten Öffnung der beiden größten Ölhäfen im Osten könnte Libyen seine Produktionsmenge somit bereits kurzfristig um mehr als 800 Tsd. Barrel pro Tag steigern. Dies dürfte ausreichen, den im zweiten Halbjahr erwarteten Anstieg des Bedarfs an OPEC-Öl auszugleichen und somit sämtliche Sorgen vor einer Angebotsverknappung zu zerstreuen.

Dies spricht neben den im Falle von Brent rekordhohen spekulativen Netto-Long-Positionen für einen weiteren Rückgang der Ölpreise. Die weiterhin unsichere Lage im Irak und die zunehmende Eskalation zwischen Israel und der Hamas sollten einem deutlichen Preisrückgang allerdings entgegenstehen. Saudi-Arabien hat derweil gut informierten Industriekreisen zufolge im Juni 9,780 Mio. Barrel Rohöl pro Tag produziert, nach 9,705 Mio. Barrel pro Tag im Mai. Aufgrund eines höheren Eigenbedarfs während der Sommermonate zur Stromerzeugung müssen deswegen die Exporte aber nicht zwingend steigen.


Edelmetalle

Die industriellen Edelmetalle Platin und Palladium wurden gestern durch die Preisrallye der Industriemetalle mit nach oben gezogen. Während Platin wieder die Marke von 1.500 USD je Feinunze überwand, verteuerte sich Palladium auf gut 875 USD je Feinunze und markierte damit den höchsten Stand seit Februar 2001. Unterstützt werden die Preise aber auch durch weiterhin starke Autoabsatzzahlen.

Wie der chinesische Verband der Automobilhersteller heute Morgen berichtete, wurden im Juni 1,56 Mio. Autos verkauft. Im ersten Halbjahr summierten sich die Autoabsätze damit auf 9,63 Mio. Einheiten, ein Plus von 11,2% gegenüber dem Vorjahr. Setzt sich der Trend in der zweiten Jahreshälfte fort, werden in China wohl erstmals überhaupt in einem Jahr mehr als 19 Mio. Autos verkauft.

Gold und Silber zeigen sich nach einem volatilen Handelsverlauf gestern heute Morgen wieder etwas fester. Gold notiert über 1.320 USD je Feinunze, Silber klettert erneut über die Marke von 21 USD je Feinunze. Heute Abend wird das Protokoll der letzten Sitzung der US-Notenbank Fed veröffentlicht. Sollten darin Überraschungen enthalten sein, könnte dies über eine entsprechende Bewegung beim EUR-USD-Wechselkurs auch Auswirkungen auf die Edelmetallpreise haben.

Bis dahin dürften die Marktteilnehmer aber wohl eher eine zurückhaltende Haltung einnehmen. Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete in den letzten beiden Handelstagen Zuflüsse von insgesamt knapp 4 Tonnen, was auf ein zunehmendes Anlegervertrauen im Westen hindeutet.


Industriemetalle

Angeführt von Nickel legten die Industriemetallpreise gestern in der Breite zwischenzeitlich merklich zu. Der LME-Industriemetallindex stieg auf 3.270 Punkte und verpasste damit nur knapp, das Hoch von letzter Woche zu erreichen und damit den höchsten Stand seit März 2013 zu markieren. Der Anstieg erfolgte entgegen schwächeren Aktienmärkten und einem etwas festeren US-Dollar. Aus fundamentaler Sicht besteht unseres Erachtens nach wie vor Aufwärtspotenzial bzw. lassen sich mittel- bis langfristig höhere Preise rechtfertigen. Es gibt allerdings auch Anzeichen einer Übertreibung, so dass sich kurzfristig betrachtet Korrekturpotenzial aufgebaut hat.

Von der Rallye der Metallpreise nicht angesteckt wurde Eisenerz. Der Preis im chinesischen Hafen von Tianjin stieg nur leicht auf 96,5 USD je Tonne und bleibt damit seit mittlerweile Mitte Mai unter der Marke von 100 USD. Offenbar halten sich die chinesischen Stahlhersteller derzeit mit Käufen zurück. Denn deren Lagerbestände sind gemäß Daten des Beratungsunternehmens Shanghai Steelhome Ende letzter Woche auf ein Rekordhoch von 113,7 Mio. Tonnen angeschwollen.

Chinesischen Händlern zufolge decken die Lagerbestände aktuell den Verbrauch von 28-30 Tagen. Die Stahlproduzenten hatten opportunistisch Eisenerz gekauft, nachdem der Preis Mitte Juni vorübergehend unter 90 USD je Tonne gefallen war. Die vermehrten Käufe haben sich um den Monatswechsel herum auch in höheren Frachtraten widergespiegelt, wie am Baltic Dry Index zu erkennen ist.

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Agrarrohstoffe

In den letzten beiden Wochen hat sich der Preis für Arabica-Kaffee bei knapp über 170 US-Cents je Pfund eingependelt. Inzwischen setzt sich die Einschätzung durch, dass die Dürre in Brasilien zwar Schäden verursacht hat, diese aber nicht so gravierend sind wie zwischenzeitlich befürchtet. Viele Bohnen sind allerdings zu klein geblieben, so dass mehr von ihnen benötigt wird, um den standardisierten Sack à 60 kg zu füllen. Die brasilianische Ernte von Robusta-Kaffeebohnen neigt sich in den wichtigsten Anbaugebieten bereits dem Ende entgegen. Robusta-Kaffee macht i.d.R. aber nur ein Viertel der brasilianischen Kaffeeernte aus.

Der Rapspreis in Paris profitierte gestern von Meldungen, wonach heftige Regenfälle und Überschwemmungen in manchen Regionen Kanadas die Ernteaussichten gefährden. Als größtem Exporteur kommt Kanada am Rapsmarkt eine prominente Rolle zu. Im Juni meldete die Regierung, dass anders als zuvor erwartet die Anbaufläche ausgedehnt wurde. Nun ist unklar, ob ein größerer Teil der Fläche durch die Überflutungen nicht zur Ernte kommen kann. Eine schwächere Rapsernte in Kanada würde zwar auch in Paris preisstützend wirken, obwohl Kanada kein Lieferant der EU ist.

Im Umfeld einer erwarteten US-Rekordernte an Sojabohnen und einer weltweit guten Versorgung mit Ölsaaten dürfte sich die Preisentwicklung für Raps aber nur begrenzt von der Schwäche der US-Sojabohnennotierungen lösen können.




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