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Zweifelhafte Tiefenentspanntheit

28.07.2014  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölmarkt zeigt sich von den zahlreichen geopolitischen Krisenherden weiterhin unbeeindruckt. Brent handelt am Morgen bei 108 USD je Barrel, WTI knapp unter 102 USD je Barrel. Die "Tiefenentspanntheit" der Marktteilnehmer ist angesichts der beträchtlichen Angebotsrisiken erstaunlich und könnte zu einem erheblichen Preisanstieg führen, sobald ein Umdenken einsetzt. So dürfte die EU morgen Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschließen, welche womöglich auch den Ölsektor betreffen werden. Damit schien bislang kaum jemand gerechnet zu haben. Denn als diese Nachricht am Freitag durchsickerte, stieg der Brentölpreis um knapp einen US-Dollar.

Für zusätzlichen Druck auf Russland dürfte auch die heutige Entscheidung des Schiedsgerichtshofs in den Haag sorgen. Demnach wurde Russland zur Zahlung von 50 Mrd. USD an die ehemaligen Yukos-Aktionäre verurteilt. Auch wenn Russland die Zahlung nicht anerkennen und in Revision gehen wird, könnte es mittel- bis langfristig auch die Ölausfuhren aus Russland negativ beeinträchtigen. Denn im Falle einer Niederlage vor Gericht wären eventuell Aktiva der russischen Staatsunternehmen, wie z.B. Rosneft, im Ausland gefährdet.

In Libyen ist es am Wochenende zu heftigen Kämpfen gekommen, woraufhin die westlichen Länder ihre Landsleute außer Landes bringen. Besonders betroffen waren die Hauptstadt Tripolis und Benghasi. Die sich rapide verschlechternde Sicherheitslage macht eine Normalisierung der libyschen Ölproduktion unwahrscheinlich. Im Gazastreifen gehen die Kämpfe zwischen Hamas und Israel nach dem Ende der Waffenruhe weiter. Angesichts dieser Nachrichtenlage wäre ein Brentölpreis von deutlich über 110 USD je Barrel angemessener.

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Edelmetalle

Der Goldpreis ist am Freitag wieder über die Marke von 1.300 USD je Feinunze gestiegen und hält sich zu Wochenbeginn knapp über diesem Niveau. Angesichts der zahlreichen geopolitischen Risiken - so haben z.B. jüngst die Kämpfe im Osten der Ukraine wieder zugenommen und die Waffenruhe im Gazastreifen hat nicht gehalten - ist Gold offenbar wieder verstärkt als sicherer Hafen gefragt. Da die physische Nachfrage in China und Indien, den beiden wichtigsten Goldmärkten, aktuell jedoch verhalten ist, dürften die jüngsten Preisanstiege vor allem auf kurzfristig orientierte Marktteilnehmer zurückzuführen sein.

Hierzu passen auch die CFTC-Daten zur Marktpositionierung: Demnach sind die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzinvestoren nach dem doch recht kräftigen Rückgang in der vorangegangenen Berichtswoche in der Woche zum 22. Juli wieder leicht auf 125,7 Tsd. Kontrakte angewachsen. Dies war vor allem der Eindeckung von Short-Positionen geschuldet, die gegenüber der Vorwoche um rund 18% reduziert wurden.

Die Netto-Long-Positionen bei Palladium wurden von ihrem ohnehin schon hohen Niveau nochmals leicht ausgeweitet und markierten ein 8-Monatshoch. Wie der Internationale Währungsfonds am Freitag berichtete, haben die russische und die türkische Zentralbank ihre Goldreserven im Juni um 16,8 bzw. 9,9 Tonnen aufgestockt. Dies war jeweils der dritte Monatsanstieg in Folge. Am Goldmarkt dürfte sich der Fokus im Wochenverlauf insbesondere auf die Sitzung der US-Notenbank Fed richten.


Industriemetalle

Zum Auftakt der neuen Handelswoche zeigen sich die Industriemetallpreise zwar von ihrer freundlichen Seite, angesichts der sehr festen chinesischen Aktienmärkte hätte man zum Wochenstart aber höhere Preiszuwächse erwarten können. Diese Woche steht im Zeichen einer Reihe von makroökonomischen Daten vor allem aus den USA – zu nennen sind hier z.B. das BIP für das zweite Quartal sowie die Arbeitsmarktdaten und der ISM-Index für Juli. Die spekulativen Finanzinvestoren haben in der Woche zum 22. Juli bei Kupfer ihre Netto-Long-Positionen zwar leicht um 10% reduziert, mit 44 Tsd. Kontrakten liegen sie aber noch auf dem zweithöchsten Niveau seit Beginn der Datenreihe. Nach monatelangen Verhandlungen hat Freeport-McMoRan, der Betreiber der Grasberg-Kupfermine in Indonesien, von der Regierung wieder die Genehmigung zum Export von Kupferkonzentraten erhalten. Die Ausfuhren sollen nächsten Monat wieder aufgenommen werden. Freeport schätzt, dass bis Ende des Jahres über 750 Tsd. Tonnen ausgeführt werden können.

Im Gegenzug verpflichtet sich das Unternehmen, höhere Lizenzgebühren und eine Exportsteuer zu zahlen sowie eine Schmelzanlage im Land zu bauen. Seit Mitte Januar waren die Exporte wegen des Ausfuhrverbots von unbehandelten Erzen unterbrochen, was auch zu einer Drosselung der Produktion führte. Da sich in den letzten Monaten hohe Lagerbestände aufgebaut haben, könnte dem Markt schon kurzfristig wieder mehr Material zur Verfügung stehen, was die Angebots-Nachfrage-Situation am globalen Kupfermarkt etwas entspannen und auf dem Preis lasten dürfte.


Agrarrohstoffe

Im meistgehandelten Kontrakt mit Fälligkeit Oktober kostet US-Lebendrind rekordhohe 159 US-Cents je Pfund. Der seit Jahren anhaltende Aufwärtstrend ist einem rückläufigen Angebot an schlachtreifen Rindern geschuldet. Jüngste Daten des US-Landwirtschaftsministeriums zeigen, dass der Rinderbestand in den USA am Stichtag 1. Juli 2014 knapp 3% niedriger als vor zwei Jahren war. Der Bestand von 95 Mio. Tieren ist der niedrigste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1973. Auslöser war vor Jahren Dürre in wichtigen Rinderzuchtgebieten. Hohe Futterkosten hatten die Rentabilität der Zucht verringert. Sind die Bestände erst einmal reduziert, ist ein Wiederaufbau sehr langwierig. Inzwischen werden vermehrt weibliche Jungtiere zum Bestandsaufbau zurückgehalten. Dies verringert aber zunächst das Angebot an Schlachttieren.

Seit seinem 5-Monatstief Mitte Juli hat der Preis für Arabica-Kaffee um 10% auf 179 US-Cents je Pfund zugelegt. Inzwischen sind die zunächst ersehnten Regenfälle in Brasilien so ausgeprägt, dass es immer wieder zu Ernteunterbrechungen kommt. Zudem wird befürchtet, die Blüte für die Ernte 2015 könnte dadurch zu früh starten. Der meist pessimistische Nationale Kaffeerat bringt daher die zunächst für 2014 befürchtete Marke von 40 Mio. Sack nun für 2015 ins Spiel.




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