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Klartext zu Aktien und Edelmetallen

03.08.2014  |  Manfred Gburek
Die Aktienkurse sind eingebrochen, das kann nicht ohne Folgen für Anleger bleiben. Aber welche Folgen? Das ist ein komplexes Thema. Beginnen wir mit dem, was uns die Kursgrafiken verraten: Sie knicken nach fast drei Jahren Aufwärtstrend ein. Das ist in der langfristigen Perspektive normal. Bei genauer Betrachtung fällt indes schnell auf, dass deutsche Aktien besonders betroffen sind, mehr als amerikanische und viel mehr als chinesische oder japanische, die sich in beiden Fällen recht wacker geschlagen haben. Außerdem ist gut zu erkennen, dass neben deutschen Aktien generell hoch bewertete Wachstumsaktien besonders betroffen sind.

Diese Beobachtungen signalisieren fürs Erste: Vorsicht, da kann noch mehr kommen! Vor allem deutsche Aktien dürften ihre relative Schwäche im Vergleich amerikanischen und asiatischen beibehalten, vordergründig gesehen wegen des umfangreichen, nun rückläufigen Russland-Geschäfts hiesiger Unternehmen, hintergründig wegen der hohen Bewertung deutscher Aktien, was sich nicht mit der zu erwartenden schwachen Konjunktur reimt, wegen der daraus folgenden Gewinnmitnahmen von Großanlegern und der dadurch nicht mehr vermeidbaren gegenseitigen Ansteckung. Wobei erschwerend hinzukommt, dass die Furcht ausländischer - speziell amerikanischer - Anleger vor der weiteren Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar den Hang zu Gewinnmitnahmen verstärkt.

Jede Umkehr der Aktienkurse regt zum Nachdenken über deren weitere Entwicklung an, über Chancen und Risiken, Alternativen und nicht zuletzt auch über Folgen für die eigene Finanzplanung. Das Nachdenken wird erheblich erleichtert, allein wenn Sie sich nur etwas Zeit für das Verfolgen der Kurskurven nehmen. Und ersparen Sie sich die überwiegend dämlichen Kommentare der Börsenberichterstatter, die zu jeder täglichen Kursschwankung eine vermeintliche Ursache erfinden.

Was die weitere Aktienkursentwicklung angeht: Niemand weiß, bis wohin der Abwärtstrend führen und wie lange er anhalten wird. Lassen Sie sich jetzt auf keinen Fall von irgendwelchen Kurvendeutern oder sonstigen sogenannten Profis beirren. Einen Indikator, der sich in der Vergangenheit als recht zuverlässig erwiesen hat, sollten Sie allerdings anhand der - etwa von Direktbanken - veröffentlichten Grafiken penibel verfolgen: VDax. Er misst die Volatilität, also die Intensität der Kursschwankungen. Worauf er basiert, finden Sie im Internet beschrieben, indem Sie ihn als Stichwort bei Google eingeben. Hier nur so viel: Schießt er im Zuge fallender Aktienkurse nach oben, warten Sie mit dem Aktienkauf am besten so lange, bis er wieder fällt, ohne danach das alte Top zu erreichen. Dann ist der optimale Kaufzeitpunkt gekommen.

Wenn Sie über Chancen, Risiken und Alternativen nachdenken, sollten Sie unbedingt von Ihrer ganz persönlichen Finanzplanung statt von äußeren Gegebenheiten ausgehen. Wenn Sie also den Betrag x für die Geldanlage zur Verfügung haben, denken Sie an Ihre individuellen Ziele, bevor Sie auch nur einen einzigen Euro investieren. Und falls Sie vom Betrag x in absehbarer Zeit einen bestimmten Teil abknapsen müssen, weil Ihr Sohn oder Ihre Tochter demnächst mit dem Studium zu beginnen gedenkt, lassen Sie alles, was im Kurs schwankt, außer Betracht. Dazu gehören neben Aktien auch Anleihen, Fonds, Zertifikate, Edelmetalle u.a.

Apropos Zertifikate: Man kann quasi die Uhr danach stellen, bis deren Konstrukteure welche auf den Markt bringen, die das neue Geschehen an den Börsen berücksichtigen. Doch ausgehend von der These, dass der nächste Tiefpunkt der Aktienkurse sich weder von der Größenordnung noch vom Zeitpunkt her bestimmen lässt, ist es ratsam, um solche – wie auch um andere - Zertifikate einen weiten Bogen zu machen.

Wie aus Kreisen der EZB zu hören ist, nimmt man dort die jetzige Kursentwicklung einschließlich der Warnsignale von der Konjunkturfront sehr ernst. Dies umso mehr, je schlimmer sich die Entwicklung in Euro-Sorgenländern wie Portugal und Griechenland, aber auch Italien und Frankreich zuspitzt. Folglich wird der EZB nichts anderes übrig bleiben, als ihre ultralockere Geldpolitik zu intensivieren. Das spricht ein Mal mehr für die These, dass der Euro im Vergleich zum Dollar - wie auch zu manch anderer Währung - weiter an Wert verlieren wird.

Von daher gesehen liegt der Gedanke nahe, dass die Eurozone beim Export zulegen könnte, weil eine schwache Währung sich bekanntlich positiv auf ihn auswirkt. Aber war da nicht noch etwas? Genau, der Internationale Währungsfonds, wegen der Stimmrechte-Sperrminorität der USA nicht nur von seinen Kritikern als verlängerter Arm der Amerikaner verdächtigt, hat gerade wieder einmal an den hohen deutschen Exporten kein gutes Haar gelassen. Und die Exporte der anderen Euroländer? Sie bringen im Vergleich zu den deutschen einfach zu wenig, da mag die EZB sich mit ihrer Geldpolitik noch so anstrengen.

Gehen wir davon aus, dass der Euro weiter schwächeln wird, dürfte die deutsche Exportwirtschaft bei halbwegs guter Konjunktur in Amerika und Asien die Russland-Scharte über kurz oder lang auswetzen. Mit einem großen Fragezeichen versehen bleibt dagegen die Konjunktur in der Eurozone. Und angenommen, der Einbruch des Russland-Geschäfts hinterlässt in den Auftragsbüchern der deutschen Industrie wirklich nicht mehr als eine Scharte, bleibt die Entwicklung erträglich. Alles in allem zeigt sich also ein gemischtes Bild, das zu überstürzten Käufen deutscher Aktien bis auf Weiteres keinen Anlass gibt, sondern eher zu Verkäufen. Ohnehin erscheint es ratsam, amerikanische und chinesische Internetaktien näher ins Visier zu nehmen, ohne sie indes zu kaufen, weil sie zurzeit überbewertet sind.

Solange die Dollar-Preise von Gold und Silber stagnieren oder steigen, sind Euro-Anleger im Gewinn. Allzu viel hat sich bei den beiden Edelmetallen in den vergangenen Wochen nicht gerade getan, weshalb immer wieder die Frage auftaucht, warum sie aus Anlass der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen nicht steigen. Wer so fragt, geht davon aus, dass zwischen den Kriegen und den Edelmetallpreisen ein direkter Zusammenhang besteht. Das ist jedoch nicht der Fall.

Ich bleibe dabei: Gold - und in seinem Gefolge auch Silber - wird von Anlegern wiederentdeckt, sobald andere wichtige Faktoren an Bedeutung gewinnen: Wenn die realen, also die um die Inflationsrate bereinigten Zinsen noch mehr als ohnehin schon ins Minus abrutschen und wenn die internationale Schuldenkrise die Währungen auch jenseits von Argentinien unterhöhlt. Die jüngste Inflationsentwicklung hat offenbar noch keinen Anlass zum intensiveren Nachdenken über negative Realzinsen gegeben, und die Schuldenkrise wird von Anlegern einfach ausgeblendet. Doch dass es dabei bleibt, ist ausgeschlossen. Einzig das Timing bleibt offen. Wer Geduld hat, wird belohnt.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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