Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geopolitische Risiken geben Öl und Gold Aufwind

08.08.2014  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Geopolitik hat die Märkte schon seit Monaten fest im Griff. Bislang war der Einfluss der Auseinandersetzungen jedoch auf dem Ölmarkt nur am hinteren Ende der Terminkurve zu spüren. Während die "Spot-Preise" seit dem Jahresbeginn um rund 5 USD je Barrel gefallen sind, sind die langlaufenden Ölkontrakte mit einer Fälligkeit nach 2020 um bis zu 15 USD je Barrel gestiegen (Grafik des Tages).

Open in new window


Die Marktteilnehmer haben offensichtlich folgerichtig reagiert und die Einschätzungen für die künftige Produktion aus dem Irak aber auch aus Russland reduziert. Insbesondere der Irak war noch vor kurzer Zeit der Hoffnungsträger der OPEC, der zwei Drittel der künftigen Produktionssteigerungen des Ölkartells schultern sollte. Das Land versinkt nun jedoch zunehmend im Chaos. Der massive Vorstoß der Kämpfer des Islamischen Staates (IS) gen Osten in Richtung der ölreichen Autonomen Region Kurdistan war sehr überraschend. Die US-Hilfen und sogar gezielte Luftangriffe gegen die IS-Kämpfer, die US-Präsident Obama nun angekündigt hat, zeigen das massive Gefährdungspotenzial des Konflikts und bringen ihn auf eine neue Risikoebene.

Dass gleichzeitig die dreitägige Waffenruhe im Gaza-Konflikt nicht verlängert wurde, hat die Ölmärkte offensichtlich doch wachgeküsst, wobei der Brentölpreis heute Morgen bereits 2 USD höher als gestern handelt. Einem stärkeren kurzfristigen Preisanstieg stehen jedoch die Nachfragesorgen entgegen. Nicht nur der künftige Bedarf könnte aufgrund der vielen politischen Unruhen, Sanktionen und Gegensanktionen geringer ausfallen, auch bleibt die aktuelle Nachfrage recht schwach. So sind die chinesischen Ölimporte im Juli mit insgesamt 23,76 Mio. Tonnen 9% tiefer als noch vor einem Jahr ausgefallen; auf Tagesbasis liegen sie mit 5,6 Mio. Barrel sogar auf dem tiefsten Stand seit März.


Edelmetalle

Der Goldpreis ist über Nacht merklich gestiegen und hat am Morgen mit über 1.320 USD je Feinunze ein 3-Wochenhoch erreicht. US-Präsident Obama hat Luftschläge gegen die sunnitischen IS-Milizen im Irak autorisiert, nachdem diese zuletzt immer brutaler gegen die Bevölkerung vorging und strategisch wichtige Punkte erobert hatte. Dies führte zu einer steigenden Risikoaversion unter den Marktteilnehmern. Daneben lehnte die Hamas eine Verlängerung der Waffenruhe im Gazastreifen ab und hat den Raketenbeschuss Israels wieder aufgenommen.

Die zahlreichen geopolitischen Krisenherde sollten Gold zumindest kurzfristig auch weiter unterstützen. Charttechnisch betrachtet hat sich das Bild ebenfalls wieder etwas aufgehellt, nachdem die wichtige 200-Tage-Linie gehalten hat. Die gestrige EZB-Sitzung hatte dagegen kaum Auswirkungen auf den Goldpreis.

Wie erwartet wurden keine neuen geldpolitischen Maßnahmen verkündet und die zuletzt schwachen Konjunktur- wie auch niedrigen Inflationsdaten wurden von EZB-Präsident Draghi in der Pressekonferenz heruntergespielt. Allerdings ließ Draghi die Tür für breit angelegte Anleihekäufe (QE) offen. Vor einer solchen Entscheidung wird die EZB aber offenbar abwarten, wie die im September erstmals zugeteilten sog. zielgerichteten Tender (TLTRO) wirken werden.


Industriemetalle

Die Metallpreise stehen zum Wochenausklang allesamt unter Druck und geben damit ihre gestrigen Gewinne nahezu vollständig wieder ab. Dies ist wohl zum einen auf die höhere Risikoaversion der Marktteilnehmer zurückzuführen, nachdem US-Präsident Obama Luftschläge im Irak gegen die IS-Milizen autorisiert hatte (siehe Edelmetalle). Auch die schwachen Aktienmärkte lasten wohl auf den Notierungen.

Kupfer schloss gestern erstmals seit fast drei Wochen wieder unter der Marke von 7.000 USD je Tonne und handelt auch heute Morgen weiter unterhalb dieses Niveaus. China hat gemäß Daten der Zollbehörde auch im Juli weniger Kupfer importiert. Die Einfuhren waren damit bereits den dritten Monat in Folge rückläufig und erreichten mit 340 Tsd. Tonnen den niedrigsten Wert seit 15 Monaten. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Importe um 17% zurück.

Zugleich sind die Kupfervorräte in den Lagerhäusern der SHFE im Juli im Monatsvergleich um 30 Tsd. auf gut 108 Tsd. Tonnen gestiegen, was auf eine zuletzt eher verhaltene Nachfrage hindeutet. Dagegen zeigten sich die Importe von Eisenerz nach zwei schwachen Monaten im Juli wieder sehr robust. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 13% auf 82,5 Mio. Tonnen, was auf die anhaltend hohe Stahlproduktion in China zurückzuführen ist. Wegen der niedrigen Eisenerzpreise wird offenbar derzeit verstärkt das qualitativ minderwertige lokale Eisenerz durch qualitativ hochwertiges Erz zum Beispiel aus Australien ersetzt.


Agrarrohstoffe

Welchen Einfluss das russische Embargo gegen die Einfuhren bestimmter Lebensmittel auf die Weltagrarmärkte haben wird, ist noch schwer zu beziffern. Auch wenn der russische Agrarminister das bestreitet, halten wir es für möglich, dass dies die Getreideexporte Russlands kurz- bis mittelfristig negativ beeinflussen könnte, sowohl direkt wegen möglicher Auseinandersetzungen in der WTO als auch wegen des höheren Binnenverbrauchs.

Denn obgleich solche Sanktionen längerfristig den russischen Markt schützen und dem Agrarsektor helfen könnten, dürften die russischen Verbraucher infolge der allgemeinen Verteuerung der Lebensmittel zu günstigeren Agrarprodukten wie Getreide greifen. Dies wäre aber lediglich ein Faktor, der die aktuell extrem negative Stimmung am Weizenmarkt wieder drehen könnte. Nachdem das US-Agrarministerium (USDA) die Schätzungen für die Weltweizenernte mehrmals nach oben angepasst hat, geht der Markt davon aus, dass diese mit 705,2 Mio. Tonnen den zweithöchsten jemals gemessenen Wert erreichen wird. Allerdings war für den jüngsten Anstieg ein besserer Ausblick für die Ernte in der EU und der Ukraine ausschlaggebend, was angesichts der jüngsten Regenfälle nun wieder fraglich erscheint.

Die Stimmung bei Weizen ist jedoch gemessen an der CFTC-Statistik für CBOT unter den kurzfristig orientierten Marktteilnehmern so negativ wie nie zuvor, dass sogar das Ausbleiben von Produktionsanstiegen in den neuen WASDE-Zahlen nächsten Dienstag einen kurzfristigen Preisanstieg bewirken könnte.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"