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EZB gibt Vollgas - verstärkte Hoffnungswerte auf Lösung der Ukrainekrise

05.09.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.2931 (07.11Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2921 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.23. EUR-CHF oszilliert bei 1.2060.


Gestern haben sich die Rahmenbedingungen an den internationalen Finanzmärkten auf zwei Ebenen zum Teil drastisch verändert:

  • Die unerwartete Aktion der EZB mit Zinssenkung und quantitativen Maßnahmen in nicht definierter Höhe und Breite erhöhen den Grad der finanziellen Repression an den internationalen Märkten in erheblichem Umfang.

  • Verstärkte Hoffnungswerte auf eine Lösung der Ukrainekrise wirken sich neben der EZB-Entscheidung positiv auf die Risikobereitschaft an den Finanzmärkten aus.

Die EZB senkte unerwartet den Leitzins von 0,15% auf 0,05%. Der Einlagensatz für Banken wurde von -0,10% auf -0,20% angepasst. Ab Oktober startet die EZB ein Ankaufprogramm (Volumen nicht definiert) im ABS/Pfandbriefsektor. Weitere Maßnahmen hält sich die EZB im Bedarfsfall offen. Damit wird die EZB voraussichtlich das Staffelholz der Federal Reserve aufnehmen, die ihre quantitativen Maßnahmen voraussichtlich bis Oktober einstellt.

Ab Oktober sind dann die Bank of Japan und die EZB die maßgeblichen Zentralbanken, die Zusatzliquidität an den globalen Finanzmärkten generieren. Zentralbanken, die die Überschussliquidität wieder einfangen sind derzeit noch nicht einmal am Zenit erkennbar.

Die Politik der EZB ist ambitioniert. Sie geht an die Grenzen des Mandats. Die Begründungen der EZB für diese Maßnahmen sind grundsätzlich nachvollziehbar. Die Folgen kurzsichtiger Geopolitik und auch mangelnder Strukturreformen vor allen Dingen in Italien und Frankreich lassen sich mit diesen Maßnahmen jedoch nicht heilen. Die EZB kann mit ihren Maßnahmen Zeit kaufen und somit kaschieren.

Die Lernkurven, die sich aus den Reformpolitiken Irlands, Griechenlands, Portugals und Spaniens ergeben, sollten Anlass geben, dass die Politiker in Paris und Rom (…aber auch in Berlin) ihrer Verantwortung in echter Reformpolitik gerecht werden. In Rom und Paris wird seit circa 5 Jahren vollmundig über Reformen geredet und die entscheidenden Felder (Arbeitsmärkte, Administration) der Reformpolitik ausgelassen.

Die aktuelle Ausformung der EZB-Politik darf und muss als ein ultimatives Angebot an diese Länder der "nachhaltigen Reformverweigerung" verstanden werden. Das Maß an Toleranz gegenüber dem Reformversagen sowohl Frankreichs als auch Italiens ist voll. Die aktuellen Maßnahmen der EZB sind nicht von Risiken befreit. Die Verausgabung bezüglich der Möglichkeiten ist erheblich. Was bleibt der EZB bei einer weiteren Verunfallung der Ökonomie beispielsweise durch unvorhersehbare geopolitische Ereignisse?

Mehr noch können die Konsequenzen dieser Politik auch in erheblichen Glaubwürdigkeitsdefiziten liegen, die dann systemische Folgen haben können. Die EZB hat immer wieder betont, dass sie keine aktive Währungspolitik betreiben würde. Ist das wirklich so Herr Draghi?

Wir sind hocherfreut, dass sich verstärkte Hoffnungswerte auf eine Lösung der Ukrainekrise ergeben. Wir teilen damit Herrn Steinmeiers Sichtweise des vorsichtigen Optimismus. Fakt ist, dass die finanzielle und konjunkturelle Lage der Ukraine katastrophal ist und auf absehbare Zeit bleiben wird. Fakt ist, dass eine oligarche Truppe von der anderen oligarchen Truppe übernommen hat. Die Farben haben in der Regierung unter dramatischen Kollateralschäden gewechselt, der Inhalt bleibt leider gleich. Das kennt man übrigens in der Ukraine schon zur Genüge (siehe orangene Revolution, Frau Timoschenko …).

Fakt ist, dass der nahende Winter und Herbst die offene Flanke der Energieversorgung der Ukraine in das Bewusstsein der Verantwortlichen rückt. Der Handlungsdruck ist somit seitens der Ukraine, seitens der finanzierenden Mächte des Westens aber auch seitens Russlands (Sanktionsfolgen) erheblich. Diese Gemengelage macht kompromissbereit. Die Menschen in der Ukraine hätten es verdient. Die aktive Geopolitik hat genug geschmerzt.


Von der Konjunkturfront kamen überwiegend positive Datensätze, die die Risikofreude positiv beeinflussten:

US-Challenger Report: Die Anzahl durch angekündigte Massenentlassungen betroffenen Jobs stellte sich per August auf 40.000 nach zuvor 46.900. Im Monatsvergleich ergab sich ein Rückgang um 14,7% und im Jahresvergleich um 20,7%.

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Der ADP Beschäftigungsreport, der Auskunft über neue Arbeitsverhältnisse in der US-Privatwirtschaft gibt, konnte per August nicht vollständig überzeugen. Es wurden 204.000 nach 212.000 (Prognose 220.000) neue Jobs geschaffen. Das Bild geht weiter in Richtung Beschäftigungsaufbau. Die Quantität ist gut, über Qualität darf man oder muss man streiten.




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