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Sea Change: Fundamentale Veränderungen (Teil 1/2)

28.10.2014  |  John Mauldin
You don’t need a weatherman
To know which way the wind blows.

- Bob Dylan, “Subterranean Homesick Blues,” 1965

Full fathom five thy father lies.
Of his bones are coral made.
Those are pearls that were his eyes.
Nothing of him that doth fade,
But doth suffer a sea-change
Into something rich and strange.

- William Shakespeare, The Tempest


Haben Sie auch gemerkt, wie die ökonomische Wetterlage diese Woche gedreht hat? Die Veränderung war subtil, als ob der Herbst nach schönen Sommertagen auf den Zehen herbeigeschlichen kommt, um uns zu überraschen. Rückblickend werden wir, so denke ich, sagen, dass hier das letzte Sandkorn auf den lange schon einsturzbedrohte Sandhaufen fiel und die vielen tiefgreifenden “Finger der Instabilität“ aktiv werden ließen, die seit Langem dort stecken. Dieses Sandkorn setzt lange Volatilitätsketten in Bewegung, die sich in den letzten fünf Jahren geknüpft haben und darauf warten, uns mit der Plötzlichkeit und Heftigkeit einer Lawine zu überraschen.

Womöglich kam mir dieser Wettervergleich in den Sinn, als ich heute Morgen auf meinen Balkon trat. Texas hat, soweit ich mich erinnern kann, einen der angenehmsten Sommer hinter sich, gefolgt von einem unglaublich schönen Herbst. Das Wetter gehört zu den häufigeren Gesprächsthemen der hier seit Jahrzehnten Ansässigen, und sie bestätigen, wie bemerkenswert schön das Wetter gewesen sei.

Als ich also nach draußen trat, stellte ich mit einer gewissen Überraschung fest, wie frisch das Wetter geworden war. Rückblickend hätte ich mich gar nicht daran stören sollen. In Texas kühlt sich die Luft eben irgendwann im Oktober ab, und das schon solange ich denken kann, seit ungefähr sechs Jahrzehnten. Wahrscheinlich wird das auch noch ein weiteres Jahrtausend so bleiben.

Doch diese Woche hatte ich mich durch einen ständig wachsenden Lektüreberg gegraben, mein Fokus lag daher auf ganz ähnlichen Veränderungen - aber im Wirtschaftsklima. Zudem weiß ich, was auf den Herbst folgt, schließlich schreibe ich nun schon viele Jahre darüber! So wie der Herbst uns sagt, dass wir uns auf die Winterzeit vorbereiten sollten (zumindest in den nördlichen Wetterzonen), so geben mir die gegenwärtigen Omen zu verstehen, dass wir unsere Portfolios jetzt auf einen Jahreszeitenwechsel einstellen sollten.


“Sea Change“

Shakespeare prägte diesen wunderbaren Begriff in seinem Stück “Der Sturm” (The Tempest, Zitat oben). Die heutige Expertensprache ist dafür verantwortlich, dass dieser Begriff inzwischen gerne auch für eher geringere Verschiebungen oder "Aufs und Abs“ im Wirtschaftlichen benutzt wird. Shakespeare meinte mit “sea change“ aber ein umwälzendes Ereignis, eine Metamorphose des Wesens und der Substanz eines Menschen, hervorgebracht durch das Meer.

Im Newsletter dieser Woche werden wir über einen beginnenden “sea change“ im Finanzbereich schreiben. […] Dieser Newsletter kommt diese Woche etwas später als gewohnt, da ich einige Schwierigkeiten beim Schreiben hatte. Der Grund dafür war folgender: Das eigentliche Signalereignis lässt sich recht leicht erörtern, die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind jedoch unzählig; sie benötigen zudem detailliertere Analysen, als ich ihnen so kurzfristig hätte widmen können. Während ich mich mit dem Verfassen dieses Artikels herumschlug, wurde mir letztlich klar, dass eine korrekte Beschreibung dieses “sea change“ viele Briefe in Anspruch nehmen werde. Eigentlich bräuchte es dafür ein Buch.

Daher werde ich Ihnen, abweichend von meinem gewohnten Schreibstil, hier einen groben Entwurf eines Buches präsentieren - Kapitel für Kapitel. Wie bei allen Buchentwürfen wird auch dieser schlichtweg ein Knochengerüst sein, ohne viel Fleisch, ganz zu schweigen von Haut und Kleidern. Ich werde vielleicht sogar die Knochen in der falschen Reihenfolge zusammensetzen und später noch einmal ein Bein mit einer Rippe austauschen, aber dafür sind Entwürfe ja da.

Auf jeden Fall birgt dieser Entwurf genug Stoff und Inhalt, um uns durch die nächsten Monate zu bringen; und in Anbetracht der Bedeutung des Themas, denke ich, dass wir es gemeinsam auskundschaften werden. Ob es dann wirklich ein Buch wird, kann ich jetzt noch nicht sagen.

Ich sollte noch anmerken, dass der folgende Text tiefgründigen Gesprächen mit meinem Geschäftspartner Worth Wray und unseren gemeinsamen Freunden entwachsen ist. Wir kamen zu folgender Überzeugung: Aktuell herrschen derartige Ungleichgewichte im Weltwirtschaftssystem haben, dass es recht wahrscheinlich ist, dass wir eine neue Periode ökonomischer Volatilität (wie sie während der Großen Rezession herrschte) nicht nur erleben werden, sondern dass sie sich jetzt schon vor unseren Augen entfaltet.

Auch wenn diesmal die Ursachen und Symptome andere sein werden (schließlich unterscheiden sich alle Stressperioden in vielen Dingen von den anderen), so werden wir doch auf einen Reim und auf einen Rhythmus stoßen, der uns nur zu bekannt vorkommen dürfte. Für die meisten Leser dürfte das eigentlich keine schlechte Nachricht sein, da uns die vergangenen 14 Jahre nun schon einiges über das Leben in wirtschaftlich volatilen Zeiten gelehrt haben. Sie werden Ihre hart verdienten Fähigkeiten noch einsetzen können!

Wer gut vorbereitet ist, für den wird die Welt nicht untergehen. Die kommende Unbeständigkeit wird sogar viele Chancen bieten, die sich nutzen lassen. Ist der Wetteransager ein Unheilsverkünder, wenn er Ihnen mitteilt, dass der Winter vor der Tür steht? Oder bekommen wir einen vernünftigen Ratschlag unterbreitet, dass wir vielleicht die Wintersachen auspacken sollten?

Bevor es losgeht aber noch drei Einschränkungen.

Nummer 1: Ich liege häufig falsch, lass mich aber selten von Zweifeln quälen. Wenn ich nun reichlich Fakten und Diagramme auffahre, um meine Argumente zu untermauern, so ermutige ich Sie hiermit, auch die faktischen Widersprüchlichkeiten zu durchdenken, die all jene, die mir vehement widersprechen werden, präsentieren werden.




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