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Sieht sich die OPEC doch zum Handeln gezwungen?

12.11.2014  |  Eugen Weinberg
Energie

Nach dem gescheiterten Erholungsversuch zu Wochenbeginn gingen die Ölpreise gestern wieder auf Talfahrt: Brentöl markierte am Abend mit 80,5 USD je Barrel ein neues 4-Jahrestief. Offensichtlich will der Markt im Vorfeld der OPEC-Sitzung Ende November die Schmerzgrenze des Ölkartells austesten.

Ganz ohne Wirkung scheinen die immer neuen Preistiefs nicht zu bleiben. Denn auch wenn Kuwaits Ölminister gestern noch eine Produktionskürzung als unwahrscheinlich erachtet hatte, diskutieren laut Reuters einige OPEC-Delegierte inoffiziell durchaus die Senkung der Produktion. Dabei steht wohl weniger die Kürzung des offiziellen Produktionsziels im Raum als vielmehr eine Rücknahme der gegenwärtigen Produktion, die über dem Zielwert liegt. Das wäre jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein und keineswegs ausreichend, ein Gleichgewicht am Ölmarkt herzustellen.

Die Internationale Energieagentur IEA gibt in ihrem heute veröffentlichten "World Energy Outlook" zwar zu bedenken, dass der Schieferölboom in den USA die zahlreichen Angebotsrisiken überdeckt. Langfristig würden weiterhin Herausforderungen für den Ölmarkt bestehen. Auch der Verfall der Ölpreise könnte laut IEA-Chefvolkswirt Birol negative Rückwirkung auf den Schieferölboom selbst haben und zu einem Rückgang der Investionen um 10% im nächsten Jahr führen.

Kurzfristig überwiegt u.E. für die Preise dennoch die Rückschlagsgefahr: Schon heute könnten Abwärtskorrekturen der Nachfrageprognosen von EIA und OPEC zum Anlass für weitere Abverkäufe am Ölmarkt genommen werden.


Edelmetalle

Der Goldpreis machte gestern die Verluste des Vortages nahezu vollständig wieder wett und handelt am Morgen bei 1.165 USD je Feinunze. Solange aber die Marke von 1.180 USD nicht zurückerobert wird, besteht weiterhin das Risiko eines erneuten Tests des 4½-Jahrestiefs bei 1.131 USD. Abgesehen von einem schwächeren US-Dollar gibt es wenig, was für die gestrige Preiserholung als Erklärung dienen kann. Die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeichneten den siebten Tag in Folge Abflüsse, auch wenn diese mit 0,9 Tonnen deutlich niedriger waren als in den Tagen zuvor.

Der anhaltende Höhenflug der US-Aktienmärkte auf immer neue Rekordstände spricht für eine Fortsetzung der Mittelabflüsse aus den Gold-ETFs, da institutionelle Investoren aus Performancegründen gezwungen sind, das Kapital in ertragsstärkere Anlagen zu investieren.

Das derzeit rege Interesse der Kleinanleger an Goldmünzen kann diese Abflüsse bei weitem nicht ausgleichen. Dazu wäre die physische Nachfrage in Asien in der Lage. Zwar müssen in China aktuell wieder Aufschläge von 2-3 USD je Feinunze auf die internationalen Preise gezahlt werden, was auf eine leichte Nachfragebelebung hindeutet. Denn in der letzten Woche wurden die Preise in China noch mit Abschlägen gehandelt.

Von einer robusten physischen Nachfrage wie im letzten Jahr kann aber nach wie vor keine Rede sein. Morgen wird der World Gold Council seinen Bericht zu den Nachfragetrends im dritten Quartal veröffentlichen. Dieser dürfte bestätigen, dass die Goldnachfrage in den großen asiatischen Nachfrageländern China und Indien in den Sommermonaten äußerst verhalten war.


Industriemetalle

Da es die Positionierungsdaten für Industriemetalle an der LME erst seit wenigen Monaten gibt, lässt sich noch keine spekulative Übertreibung feststellen. Dennoch zeigt sich u.E. bereits ein gewisser Zusammenhang zwischen kurzfristigen Marktbewegungen und der spekulativen Positionierung von Fondsmanagern bzw. Brokern/Indexhändlern (Grafik des Tages).

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So scheint die Stimmung der Anleger bei Aluminium mit 233 Tsd. Netto-Long-Kontrakten sehr gut; bei Kupfer liegen diese nur bei 50 Tsd. bzw. bei Nickel bei rund 20 Tsd. Kontrakten. Der Optimismus überrascht nicht angesichts extrem hoher physischer Prämien, die für Aluminium zusätzlich zu den LME-Preisen bezahlt werden.

In den USA sind diese laut Metal Bulletin auf ein neues Rekordhoch von über 23 US-Cents pro Pfund bzw. 510 USD je Tonne gestiegen. Die hohen Prämien (außerhalb Chinas) sind jedoch vor allem der Tatsache geschuldet, dass ein Großteil der LME-Lagerbestände nicht zur Verfügung steht. Gerade einmal rund 1,9 Mio. Tonnen bzw. 43% aller LME-Lagerbestände sind verfügbar, der Rest ist "zur Auslieferung gemeldet" und damit nicht verfügbar.

Ausschlaggebend für diese "Verknappung" ist aber u.E. keine reale physische Nachfrage, sondern anhaltende Finanzierungsgeschäfte. Nicht nur dass sich deren Konditionen verschlechtern und das Angebot steigt (siehe Tagesinfo gestern), auch die neuen ab dem 1. Februar 2015 greifenden Lagerhausregeln der LME sowie mögliche weitere Maßnahmen sprechen für einen Rückgang der Prämien.


Agrarrohstoffe

Eine der wenigen Änderungen, die das US-Landwirtschaftsministerium USDA in seinen neuen Prognosen für den Weizenmarkt 2014/15 vorgenommen hatte, war die Reduktion der Ernteschätzung für Australien um 1 Mio. auf 24 Mio. Tonnen. Gestern meldete auch das staatliche australische Prognoseinstitut Abares die Erwartung, dass die australische Weizenproduktion wegen der äußerst gemischten Bedingungen mit vielfach zu warmem und trockenem Wetter während der Wintermonate auf 24,2 Mio. Tonnen fallen werde, was einem Rückgang um 10% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Wenig positive Nachrichten kommen auch aus Russland: Zwar ist die nun abgeschlossene Aussaat von Wintergetreide weitgehend nach Plan verlaufen, doch bedeutet die Trockenheit in vielen Anbaugebieten eine Gefahr für die Entwicklung der Pflanzen. Bereits im Oktober hatte das russische Analysehaus SovEcon prognostiziert, die russische Weizenernte 2015 könne unter die Marke von 50 Mio. Tonnen fallen. Die diesjährige Ernte wird auf 59 Mio. Tonnen geschätzt.

Auch wenn andere Beobachter optimistischer sind, ist mit einem erheblichen Produktionsrückgang zu rechnen, der durch Finanzierungsprobleme verschärft wird. Dies gilt auch für die Ukraine, wo erste Schätzungen die Ernte 2015 eher bei 22 Mio. Tonnen als bei den rund 25 Mio. Tonnen des laufenden Jahres sehen. Auch auf den jüngsten Kälteeinbruch in den USA reagiert der Markt mit Sorge. Dem Weizenpreis dürften diese Perspektiven Unterstützung geben.




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