Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Dritte und finale Transformation der US-Geldpolitik

30.04.2015  |  John Mauldin
- Seite 2 -
DRITTENS: Die Art und Weise, wie die Fed standardmäßig Geldpolitik betreibt (periodische Veränderungen des Leitzinses) unterliegt aktuell einem grundlegenden Transformationsprozess. So funktioniert insbesondere das traditionelle Instrument der Leitzinsänderungen via Offenmarktoperationen, die vom Schalter der New York Fed aus umgesetzt werden, nicht mehr. Denn wie wir sehen werden, hat die enorme Ausweitung der Fed-Bilanz (hier besonders der Bankenreserven) dazu geführt, dass die traditionellen geldpolitischen Maßnahmen unbrauchbar geworden sind. Aus diesem Grund wird die Fed von jetzt an ihre Geldpolitik mithilfe zweier Instrumente gestalten, die vor 2008 noch nicht einmal auf dem Reißbrett der Fed gelegen hatten.

Ablauf:

In diesem Abriss werden wir im TEIL A erklären, warum die traditionelle Geldpolitik (d.h. ohne QE) durch die quantitativen Lockerungen zunichtegemacht wurde. In TEIL B bzw. C werden wir die neuen Instrumente erörtern, die in Zukunft für die Durchführung standardmäßiger Geldpolitik (d.h. ohne QE) genutzt werden. Die Fragen sind: Um welche Instrumente handelt es sich dabei genau, und wie funktionieren sie?

In TEIL D werden wir erörtern, warum die Europäische Zentralbank, die über eine andere institutionelle Struktur als die Fed verfügt, diese Instrumente nicht brauchen wird. In TEIL E werden wir uns abschließend den QE-Programmen zuwenden und erörtern, wann und wie die Fed in den kommenden Jahren ihre Bilanzen wieder auf herkömmlichere Größe schrumpfen wird.

Der vorliegende Bericht stützt sich zum großen Teil auf Aussagen des Fed-Vizechefs Stanley Fischer (ehemaliger Chefökonom des IWF, früherer Gouverneur der israelischen Zentralbank und Professor für Ökonomie an der MIT), die er in einem jüngst veröffentlichten Dokument dargelegt hatte. Wir haben zudem auf die entsprechenden Erläuterungen von Professor Benjamin Friedman von der Harvard University zurückgegriffen.


TEIL A: Tschüss sagen zur Leitzinssteuerung durch Offenmarktgeschäfte

Vor der Finanzkrise lagen die bei der Fed hinterlegten Bankenreserveguthaben im Durchschnitt bei 25 Mrd. $. Bei so niedrigen Reserveständen - deren Höhe allein von der Fed kontrolliert wird - reichen kleine Änderungen der Reservemengen durch Offenmarktkäufe/-verkäufe von Wertpapieren aus, um die Fed Funds Rate wie gewünscht nach oben oder unten zu bewegen.

Analytisch betrachtet, bestand der Markt für Bankenreserven (Fed funds) aus einer NACHFRAGEKURVE für Bankenreserven, die die Kreditnachfrage der Nation wiederspiegelte, und einer ANGEBOTSKURVE, die das Angebot an Reserven durch die Fed wiederspiegelte. Die sogenannte Fed Funds Rate ist der Schnittpunkt beider Kurven (der Zinssatz). Wenn die Fed, sagen wir, einen Leitzins von 2% anstrebte, konnte sie diesen Leitzins erreichen und halten, indem sie die Angebotskurve durch Erhöhung oder Verringerung der Reservemengen nach links oder rechts verschob. Da die Fed ein echter Monopolist auf den Gebiet der Schöpfung und Vernichtung von Reserven war, konnte sie jederzeit jede gewünschte Fed Funds Rate anpeilen und halten.

Viele Jahrzehnte lang bestand “Geldpolitik“ aus diesen Operationen. Das ist aber nicht mehr der Fall, was erstmalig in einer Erklärung zur Politik des Offenmarktausschusses vom September 2014 deutlich wurde. Um Dr. Fisher aus einer Rede von 2015 zu zitieren: “In Anbetracht von fast 3 Billionen $ freien Bankenreserven (vor der Krise waren es im Durchschnitt nur 25 Mrd. $) ist der traditionelle Mechanismus - mittels einer Regulierung der Reserveguthabenmengen - für das Erreichen der gewünschten Leitzinshöhe möglicherweise nicht mehr praktikabel oder hinreichend berechenbar.”

Welche neuen Mechanismen werden also den alten ersetzen? Es sind zwei an der Zahl.


TEIL B: Die Nutzung der Zinssätze, die die Fed für freie Bankenreserven zahlt

“Statt der Funds Rate werden wir den Zinssatz, der auf Überschussreserven gezahlt wird, zu unserem Hauptinstrument machen, um den Leitzins zu bewegen.“

Seit 2008 hat die Fed per Gesetz die Möglichkeit, freie Bankenreserven zu verzinsen. Seit einigen Jahren liegt dieser Zinssatz nun schon bei 0,25%. (“Überschuss-" oder "freie" Bankenreserven werden definiert als die arithmetische Differenz zwischen den Gesamtreserven und den Mindestreserven. Derzeit, nach Stand vom 30. März, betragen die Mindestreserven 142 Mrd. $, die Gesamtreserven hingegen 2,79 Billionen $.)

Die Logik: Ungeachtet der Höhe des von der Fed gewählten Reservezinses werden die Banken kaum oder keinen Anreiz verspüren, Kredite an private Gegenparteien zu einem NIEDIGEREN Zinssatz zu vergeben als den, den sie von der Fed auf ihre freien Reserveguthaben gezahlt bekommen. Je höher also der Vergütungssatz für Bankenreserven, desto größer der Aufwärtsdruck im gesamten kurzfristigen Zinssatzspektrum.


TEIL C: Die Nutzung des Repo-Satzes bei Rückkaufvereinbarungen (reverse repo rate)

“Da nicht alle Institutionen Zugang zu den Überschussreservezinssätzen der Fed haben, werden wir darüber hinaus, bei Bedarf, eine Fazilität für kurzfristige Rückkaufvereinbarungen (overnight reverse repurchase agreement facility) schaffen.

Bei einem solchen Rückkaufgeschäft können berechtigte Gegenparteien kurzfristig (overnight) Kapital bei der Fed zum gegebenen Zinssatz anlegen. Zu den berechtigten Gegenparteien zählen 106 Geldmarktfonds, 22 Broker-Händler, 24 Depotinstitute, 12 staatlich geförderte Unternehmen darunter Federal Home Loan Banks, Fannie Mae, Freddie Mac und Farmer Mac.“



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"