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Stimmungswechsel am Rohölmarkt?

15.05.2015  |  Eugen Weinberg
Energie

Steht jetzt ein Stimmungswechsel am Ölmarkt bevor? Diesen Eindruck könnte man fast bekommen, wenn man die (fehlende) Reaktion auf die Nachrichten beobachtet, die zuvor üblicherweise noch einen Preisanstieg auslösen konnten. Da wären z.B. die US-Lagerbestände für Rohöl und Ölprodukte zu nennen, die laut dem US-Energieministerium statt einem Anstieg teilweise deutliche Rückgänge gezeigt haben.

So sind die US-Rohöllagerbestände trotz einer geringeren Raffinerieauslastung und höherer Importe um fast 2,2 Mio. Barrel gefallen. Dabei gingen die Bestände in Cushing unerwartet um knapp 1 Mio. Barrel zurück. Oder aber eine Zuspitzung der Sicherheitslage im Nahen Osten, nach den neuen Gräueltaten und Bekundungen des IS und dem Angriff des Irans auf einen Tanker in der Straße von Hormus. Dass der Markt nicht mehr euphorisch auf die Nachrichten reagiert, könnte darauf hindeuten, dass der wenig fundamental begründeten Preisrally die Puste ausgeht.

Natürlich gibt es auch von der fundamentalen Seite eine Erklärung für die jüngste Preisschwäche wie z.B. der jüngste Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA). Während sich der Bedarf an OPEC-Öl laut IEA 2015 auf 29,2 Mio. Barrel (im 1. Halbjahr auf 28,4 Mio. Barrel) täglich verringert, hat die OPEC ihre Ölproduktion im April auf 31,2 Mio. Barrel pro Tag auf den höchsten Stand seit September 2012 ausgeweitet. Eine freiwillige Reduktion der OPEC-Produktionsmenge scheint dabei wenig realistisch. Man darf gespannt sein, ob die heutigen Zahlen zu den Ölbohrungen in den USA von Baker Hughes die Stimmung nicht noch weiter eintrüben.


Edelmetalle

Gold handelt heute Morgen bei rund 1.220 USD je Feinunze und damit nur leicht unter dem gestern erzielten 3-Monatshoch von knapp 1.230 USD. Seit Mittwoch hat der Preis um fast 2,5% angezogen, wofür unter anderem der schwache US-Dollar verantwortlich sein dürfte. Dieser fiel gestern gegenüber dem Euro auf ein 3-Monatstief. Auch die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen ist wieder etwas gesunken, was ebenfalls zum Preisanstieg von Gold beigetragen haben dürfte. Durch die schwache US-Währung fällt der Anstieg des Goldpreises in Euro gerechnet verhaltener aus.

Gold in Euro notiert am Morgen dennoch bei rund 1.070 EUR je Feinunze. Einige ETF-Anleger haben offenbar den Preisanstieg der letzten Tage genutzt und sich von Positionen getrennt. Denn die von Bloomberg erfassten Gold-ETFs verzeichneten gestern Abflüsse von 4,5 Tonnen. Deren Bestände liegen damit auf dem niedrigsten Niveau seit vier Monaten.

Gemäß Daten des World Gold Council (WGC) ist die globale Goldnachfrage im ersten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 1% auf 1.079 Tonnen gefallen. Hauptverantwortlich hierfür war ein Rückgang der Schmucknachfrage um 3% auf 601 Tonnen, der auch nicht durch eine höhere Investmentnachfrage (+4% auf 279 Tonnen) wettgemacht werden konnte. Von den großen Konsumentenländern verzeichnete gemäß den WGC-Daten nur Indien im letzten Quartal einen Nachfragezuwachs. Stark rückläufig war die Goldnachfrage dagegen im Mittleren Osten und in China.

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Industriemetalle

Der Eisenerzpreis handelt mit 62,3 USD je Tonne nur leicht unter dem Anfang der Woche erreichten 2½-Monatshoch und hält sich damit vorerst weiter über der Marke von 60 USD je Tonne. Von seinem historischen Tief Anfang April hat sich der Preis um über 30% erholt. Wir zweifeln allerdings daran, dass dies nachhaltig ist. Denn am seewärtig gehandelten Markt besteht weiterhin ein massives Überangebot und das Angebot wird auch weiter ausgeweitet.

Laut Einschätzung von BHP Billiton, dem weltweit drittgrößten Eisenerzproduzenten, könnte das Angebot in diesem Jahr um 100-110 Mio. Tonnen steigen. Das Nachfragewachstum beziffert das Unternehmen dagegen "nur" auf 30-40 Mio. Tonnen. Dies sollte merklich steigenden Eisenerzpreisen entgegenstehen. Laut BHP Billiton müssten ferner weitere teure Produktionskapazitäten stillgelegt werden.

Das Unternehmen schätzt, dass im ersten Quartal weltweit Kapazitäten von rund 90 Mio. Tonnen aus dem Markt genommen wurden. Unterdessen wächst in Australien der politische Druck auf die Eisenerzproduzenten. So hat ein Senator eine Untersuchung angekündigt, welche Auswirkungen die niedrigeren Eisenerzpreise auf die australische Wirtschaft haben. Er macht dabei die starke Ausweitung des Angebots seitens der großen Produzenten für den Preisrückgang verantwortlich.


Agrarrohstoffe

In seinen am Dienstag veröffentlichten ersten Prognosen für 2015/16 zeigt sich das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) zuversichtlich, dass die globale Weizenproduktion auch in der kommenden Saison den Verbrauch übersteigt, obwohl die weltweite Produktion leicht sinken soll. Es erwartet einen weiteren Anstieg der weltweiten Bestände um gut 2 Mio. Tonnen. Der Internationale Getreiderat (IGC) dagegen hatte in seiner April-Prognose ein Defizit und einen Lagerabbau um 6 Mio. Tonnen eingestellt. Das USDA zeigt sich optimistischer für die weltweite Produktion als der IGC, insbesondere für China und die Schwarzmeerregion.

Für die USA schätzt das USDA mit 56,8 Mio. Tonnen die Ernte allerdings etwas niedriger als der IGC, erwartet aber dennoch einen Anstieg gegenüber 2014/15 um 3% und einen Lageraufbau im Land um 12%. Laut USDA ist also keine Anspannung am globalen Weizenmarkt in Sicht. Für eine merkliche Preiserholung stehen die Zeichen nach dieser Prognose schlecht.

Bei Baumwolle teilt das USDA die verbreitete Erwartung, dass sich 2015/16 erstmals seit 6 Jahren ein Defizit am Baumwollmarkt ergeben könnte. Dieses soll allerdings sehr klein ausfallen und dürfte bei den hohen internationalen Lagerbeständen keine nennenswerte Verknappung bedeuten. Die weltweite Produktion soll weiter sinken, vor allem in China und den USA. Dort wird ein Minus von 11% gegenüber der Vorsaison erwartet. Die US-Exporte prognostiziert das USDA gegenüber der laufenden Saison jedoch unverändert, obwohl die chinesischen Importe weiter rückläufig sein sollen. Dies dürfte für die US-Baumwollpreise unterstützend wirken.



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