Aussicht auf flacheren US-Zinspfad lässt Gold wieder auf 1.200 USD steigen
22.06.2015 | Thorsten Proettel
US-Leitzins vorerst unverändert
Wie erwartet, beschloss die US-Notenbank auf ihrer Sitzung in dieser Woche, die Zielrate für den Geldmarktzinssatz unverändert bei 0% bis 0,25% zu belassen. Vermutlich wird die erste Erhöhung seit 2006 erst auf der übernächsten Sitzung am 17. September in die Wege geleitet werden. Darüber hinaus gab es dennoch Neuigkeiten auf dem Treffen der US-Notenbanker, die den Goldpreis innerhalb kurzer Zeit um mehr als 20 USD steigen ließen. Damit erreichte die Notierung wieder die Marke von 1.200 USD je Feinunze.
Die Federal Reserve reduzierte ihre volkswirtschaftlichen Projektionen für die kommenden Quartale. Demnach werden zwar weiterhin höhere Zinsen als jetzt für Ende 2015 und für 2016 als angemessen angesehen. Aber der Zinspfad soll flacher ausfallen. Das heißt, der Anstieg der Zinsen soll gemächlicher ablaufen. Die Opportunitätskosten von Goldanlagen werden somit langsamer steigen.
Zu spärliche Zinserhöhungen?
Mit Blick auf die fernere Zukunft stellt sich die Frage, ob die US-Fed eventuell versäumen könnte, die Leitzinsen rechtzeitig und durchgreifend genug zu erhöhen. Mit Rücksicht auf die Konjunktur und die hohe Verschuldung von Verbrauchern und öffentlichen Haushalten besteht ein großer Anreiz, die Zinsen möglichst lange niedrig zu halten.
Das billige Geld könnte deshalb einerseits zu neuen Marktverwerfungen führen. Andererseits ist es auch denkbar, dass die Notenbank bei Beginn der nächsten Rezession die immer noch niedrigen Zinsen kaum noch senken kann. Dann würde sie vermutlich wieder zu quantitativen Maßnahmen greifen, womit die Geldschwemme in eine neue Runde ginge.
Zuspitzung der Lage in Griechenland
Die Deadline "Ende Juni" für eine Lösung im Schuldenstreit mit Griechenland wurde in den letzten Wochen in den Medien herauf- und heruntergebetet. Ob ohne neuen Kompromiss (oder ein unwahrscheinliches Einlenken einer Seite) Ende Juni wirklich eine Zuspitzung droht, ist allerdings fraglich. Schließlich gibt es keine internationale Insolvenzordnung, die automatisch greifen würde.
Auf der anderen Seite scheinen sich in Griechenland derzeit die Ereignisse zu überschlagen. Verschiedene Medien berichten von einem landesweiten Bank-Run. Bis Donnerstag hätten Bankkunden rund 3 Mrd. Euro von ihren Konten geräumt. Die griechische Nationalbank brauche dringend frisches Geld. Erst am Mittwochabend erhöhte die EZB Agenturmeldungen unter Berufung auf Insiderkreisen zufolge die Obergrenze für ELA-Hilfskredite an griechische Banken um 1,1 Mrd. Euro auf 84,1 Mrd. Euro. Eine offizielle Bestätigung hierfür gibt es jedoch nicht.
Die Beschlüsse über die milliardenschweren ELA-Kredite, die von Kritikern als verbotene Staatsfinanzierung mit der Notenpresse angesehen werden, trifft der EZB-Rat hinter verschlossenen Türen. Angesichts der Zuspitzung der Lage würden Bankenschließungen in Griechenland in den nächsten Tagen nicht überraschen. Hiervon würde der Goldpreis vermutlich deutlich profitieren. Auf der anderen Seite könnte der Euro gegenüber dem USD etwas nachgeben, wodurch der Euro-Goldpreis prozentual sogar stärker zulegen würde. Aber auch ohne Eskalation ist eine höhere Volatilität aufgrund der gestiegenen Unsicherheit wahrscheinlich.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.
Wie erwartet, beschloss die US-Notenbank auf ihrer Sitzung in dieser Woche, die Zielrate für den Geldmarktzinssatz unverändert bei 0% bis 0,25% zu belassen. Vermutlich wird die erste Erhöhung seit 2006 erst auf der übernächsten Sitzung am 17. September in die Wege geleitet werden. Darüber hinaus gab es dennoch Neuigkeiten auf dem Treffen der US-Notenbanker, die den Goldpreis innerhalb kurzer Zeit um mehr als 20 USD steigen ließen. Damit erreichte die Notierung wieder die Marke von 1.200 USD je Feinunze.
Die Federal Reserve reduzierte ihre volkswirtschaftlichen Projektionen für die kommenden Quartale. Demnach werden zwar weiterhin höhere Zinsen als jetzt für Ende 2015 und für 2016 als angemessen angesehen. Aber der Zinspfad soll flacher ausfallen. Das heißt, der Anstieg der Zinsen soll gemächlicher ablaufen. Die Opportunitätskosten von Goldanlagen werden somit langsamer steigen.
Zu spärliche Zinserhöhungen?
Mit Blick auf die fernere Zukunft stellt sich die Frage, ob die US-Fed eventuell versäumen könnte, die Leitzinsen rechtzeitig und durchgreifend genug zu erhöhen. Mit Rücksicht auf die Konjunktur und die hohe Verschuldung von Verbrauchern und öffentlichen Haushalten besteht ein großer Anreiz, die Zinsen möglichst lange niedrig zu halten.
Das billige Geld könnte deshalb einerseits zu neuen Marktverwerfungen führen. Andererseits ist es auch denkbar, dass die Notenbank bei Beginn der nächsten Rezession die immer noch niedrigen Zinsen kaum noch senken kann. Dann würde sie vermutlich wieder zu quantitativen Maßnahmen greifen, womit die Geldschwemme in eine neue Runde ginge.
Zuspitzung der Lage in Griechenland
Die Deadline "Ende Juni" für eine Lösung im Schuldenstreit mit Griechenland wurde in den letzten Wochen in den Medien herauf- und heruntergebetet. Ob ohne neuen Kompromiss (oder ein unwahrscheinliches Einlenken einer Seite) Ende Juni wirklich eine Zuspitzung droht, ist allerdings fraglich. Schließlich gibt es keine internationale Insolvenzordnung, die automatisch greifen würde.
Auf der anderen Seite scheinen sich in Griechenland derzeit die Ereignisse zu überschlagen. Verschiedene Medien berichten von einem landesweiten Bank-Run. Bis Donnerstag hätten Bankkunden rund 3 Mrd. Euro von ihren Konten geräumt. Die griechische Nationalbank brauche dringend frisches Geld. Erst am Mittwochabend erhöhte die EZB Agenturmeldungen unter Berufung auf Insiderkreisen zufolge die Obergrenze für ELA-Hilfskredite an griechische Banken um 1,1 Mrd. Euro auf 84,1 Mrd. Euro. Eine offizielle Bestätigung hierfür gibt es jedoch nicht.
Die Beschlüsse über die milliardenschweren ELA-Kredite, die von Kritikern als verbotene Staatsfinanzierung mit der Notenpresse angesehen werden, trifft der EZB-Rat hinter verschlossenen Türen. Angesichts der Zuspitzung der Lage würden Bankenschließungen in Griechenland in den nächsten Tagen nicht überraschen. Hiervon würde der Goldpreis vermutlich deutlich profitieren. Auf der anderen Seite könnte der Euro gegenüber dem USD etwas nachgeben, wodurch der Euro-Goldpreis prozentual sogar stärker zulegen würde. Aber auch ohne Eskalation ist eine höhere Volatilität aufgrund der gestiegenen Unsicherheit wahrscheinlich.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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