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Goldpreis von Eskalation der Griechenland-Krise Athen unbeeinflusst

04.07.2015  |  Thorsten Proettel
Goldpreis hält knapp unter 1.200 USD

Der Goldpreis wurde in den vergangenen Quartalen wie von einer unsichtbaren Hand immer wieder in den Bereich von 1.200 USD je Feinunze geführt. In den letzten Monaten bewegte sich die Notierung überwiegend leicht unterhalb dieser Marke. Die Eskalation der Griechenland-Krise mit dem Abbruch der Verhandlungen zwischen der Athener Regierung und dem aus EU, EZB und IWF bestehenden Kreis der Geldgeber Ende Juni 2015 verhalf dem Edelmetall nur kurzfristig zu einem Plus.

Der Preis stieg um etwa 10 USD bis auf 1.186 USD an, fiel aber innerhalb kurzer Zeit wieder zurück und notierte im Laufe dieser Woche sogar bei 1.157 USD. Etwas Unterstützung kam dann am Donnerstag durch den schwachen US-Arbeitsmarktbericht auf.


In Griechenland scheint derzeit alles möglich

Aus Athen, Brüssel, Berlin und Washington werden derzeit ständig neue Nachrichten mit wechselnden Inhalten gemeldet. Aus heutiger Sicht ist es dabei kaum möglich abzuschätzen, ob es doch noch zu einer erneuten "Rettung" des überschuldeten Landes in den nächsten Tagen oder zu einem allmählichen "Grexit", also einem Ausscheiden aus dem Euroraum durch die Einführung einer Parallelwährung kommt. Der entscheidende nächste Schritt ist das Referendum am Sonntag. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit für ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone derzeit mit 50% ein.


Griechenland der erste Dominostein?

Die Entwicklung in Griechenland trifft die weltweiten Kapitalmärkte nicht völlig unvorbereitet. Vor diesem Hintergrund sind schwere realwirtschaftliche Verwerfungen wie nach der Lehman-Pleite im September 2008 weniger wahrscheinlich, auch wenn die Volatilität von Aktien, Anleihen und Wechselkursen im Falle eines "Grexits" zunächst vermutlich steigen wird. Entscheidend dürfte sein, ob es zu Ansteckungseffekten auf andere Krisenstaaten der Eurozone wie Portugal, Spanien und Italien kommt. Diese könnten sich in zunehmenden Bargeldabhebungen der dortigen Bevölkerung nach griechischem Muster materialisieren.

Das Ergebnis wäre eine Destabilisierung des jeweiligen Bankenmarktes. Möglich wären auch höhere Risikoaufschläge auf die Renditen der Anleihen dieser Staaten. Die Renditedifferenzen zu Bundesanleihen stiegen zuletzt leicht an. Ein neues Kapitel der Eurokrise könnte zudem mit der im Herbst anstehenden Parlamentswahl in Spanien aufgeschlagen werden, wo mit der Podemos-Partei die spanische Variante von Syriza antritt.

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Anleger reagieren kaum

Die Goldbestände der physisch besicherten und an der Börse handelbaren Fonds (ETCs) stiegen nach der Eskalation im Schuldenstreit nur minimal an (siehe Chart). Auch das Interesse an Münzen und Barren durch Privatanleger erhöhte sich nur mäßig.


US-Leitzinsanhebung im September

Trotz der Dramatik im griechischen Schuldendrama dürfte eine derzeit weniger beachtete Entwicklung den Goldpreis viel stärker beeinflussen: Wir rechnen im September dieses Jahres mit der ersten Leitzinsanhebung in den USA seit 2006. Zumindest theoretisch sind höhere Zinsen Gift für Gold, so dass Anleger aus dem USD-Währungsraum und auch viele Spekulanten derzeit lieber an der Seitenlinie des Marktes stehen, anstatt mit Käufen aktiv zu werden.

Ob der erste Zinsschritt der US-Notenbank tatsächlich zu einem sinkenden Goldpreis führt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Wir rechnen mit eher höheren Notierungen nach dem Eintritt dieses bereits seit langer Zeit erwarteten Ereignisses. Zuletzt war eine ähnliche Situation bei den Renditen deutscher Bundesanleihen zu beobachten, die nach dem Beginn der Anleihenkäufe durch die EZB entgegen der Lehrbuchmeinung deutlich stiegen.


Korrektur oder Platzen einer Blase?

Die für den Markt außerordentlich wichtigen Goldkäufe der chinesischen Privathaushalte wurden in den letzten Monaten durch den Anstieg der Aktienkurse an den Börsenplätzen in Shanghai und Shenzen gehemmt. Das Edelmetall büßte angesichts der Gewinnchancen mit Dividendentiteln erheblich an Attraktivität ein. Seit der zweiten Junihälfte brachen die Chinaaktien aber um mehr als ein Fünftel ein. Noch ist unklar, ob es sich hierbei um das Platzen der Blase oder eine größere Korrektur handelt.

Immerhin wirkt der Staat dem Kursverfall entgegen. Die Notenbank senkte den Leitzins und Unternehmen zahlten die Löhne und Gehälter für die kommenden drei Monate im Voraus aus, damit die Arbeitnehmer Aktienverluste besser ausgleichen können.

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Fazit

Die bevorstehende Leitzinserhöhung in den USA wirkt wie ein Hemmschuh für die Goldpreisentwicklung. Wir rechnen mit eher höheren Notierungen nach Wegfall dieses Belastungsfaktors. Auch wenn die Griechenland-Krise derzeit nicht die Notierungen bewegt, so spricht die Entwicklung der Europäischen Währungsunion insgesamt doch für eine Vermögensdiversifizierung mit Gold.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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