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China hält Märkte weiter in Atem

12.08.2015  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise gaben gestern kräftig nach. Brent fiel um 2,4% auf 49 USD je Barrel, WTI sogar um 4% auf 43 USD je Barrel, was bei WTI dem niedrigsten Schlussstand seit 6½ Jahren entsprach. Am Morgen können sich die Ölpreise dem neuerlichen Abwärtsdruck durch die Abwertung des Chinesischen Yuan allerdings weitgehend entziehen. Sowohl Brent als auch WTI handeln in etwa auf dem Schlussniveau des Vortages.

Die OPEC sieht den Ölmarkt weiterhin deutlich überversorgt. Der Bedarf an OPEC-Öl soll in diesem Jahr bei durchschnittlich 29,23 Mio. Barrel pro Tag liegen. Im nächsten Jahr soll dieser auf 30,12 Mio. Barrel pro Tag steigen. Derzeit produziert die OPEC laut eigenem Monatsbericht Sekundärquellen zufolge 31,51 Mio. Barrel pro Tag. Die OPEC macht für den Preisrückgang im Juli hauptsächlich das anhaltende Überangebot verantwortlich und damit quasi sich selbst.

Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die OPEC für 2015 ein nochmals höheres Nicht-OPEC-Angebot erwartet als bislang. Im Gegensatz dazu hat die US-Energiebehörde EIA ihre Schätzung für die US-Rohölproduktion in diesem und im nächsten Jahr weiter gesenkt. 2015 soll diese der EIA zufolge um 100 Tsd. Barrel pro Tag weniger stark steigen und 2016 um 250 Tsd. Barrel pro Tag stärker zurückgehen als bislang prognostiziert.

Laut EIA Drilling Productivity Report soll die US-Schieferölproduktion im September den fünften Monat in Folge sinken, wofür Rückgänge im Eagle Ford und Bakken verantwortlich zeichnen.

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Edelmetalle

Die erneute Abwertung des Chinesischen Yuan - die chinesische Zentralbank hat das Fixing von USD-CNY erneut höher angesetzt - gibt Gold am Morgen neuerlich Unterstützung. Der Preis markiert bei 1.120 USD je Feinunze ein 3-Wochenhoch. Auftrieb erhält Gold auch durch den Rückgang der Zinserhöhungserwartungen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Fed-Zinserhöhung im September ist laut Fed Fund Future auf nur noch etwa ein Drittel gesunken. In Euro gerechnet handelt Gold über der Marke von 1.000 EUR je Feinunze.

Unseres Erachtens könnte das Verhalten der chinesischen Zentralbank zu einem Abwertungswettlauf der Währungen vor allem im asiatischen Raum führen, wovon Gold profitieren sollte. Die industriellen Edelmetalle Platin und Palladium hängen aktuell offenbar stärker an Gold, denn sie können sich dem Abverkauf bei den Industriemetallen weitgehend entziehen.

Platin handelt am Morgen bei rund 990 USD je Feinunze, Palladium kostet knapp 610 USD je Feinunze. Die Preisschwäche beider Edelmetalle im Juli - Platin und Palladium verloren jeweils etwa 9% - erklärt sich im Nachhinein zumindest ansatzweise durch schwache chinesische Autoabsatzzahlen. Denn wie der Verband der Automobilproduzenten gestern mitteilte, wurden in China im letzten Monat nur 1,27 Mio. Autos verkauft, 6,6% weniger als im Vorjahr. Dies waren zum einen die geringsten Absätze seit zwei Jahren und zum anderen der stärkste Jahresrückgang seit Februar 2013.

Dieser konnte auch trotz hoher Rabatte und weiterer Kaufanreize nicht verhindert werden. Seit Jahresbeginn liegen die Autoverkäufe nur noch 3,4% über Vorjahr, womit sich die Dynamik hier spürbar verlangsamt hat.


Industriemetalle

Die chinesische Zentralbank hat überraschend den zweiten Tag in Folge den Chinesischen Yuan abgewertet. Dies führt zu einem massiven Abverkauf bei den Industriemetallen, nachdem die Preise schon gestern deutlich gefallen waren. Der LME-Industriemetallindex rutschte um über 3% ab. Heute Morgen handelte Kupfer kurzzeitig nur noch knapp über der Marke von 5.000 USD je Tonne, Aluminium fiel auf rund 1.550 USD je Tonne und Nickel notierte zeitweise deutlich unter 10.000 USD je Tonne. Dies entspricht jeweils mehrjährigen Tiefständen.

Am Morgen veröffentlichte Konjunkturdaten des Nationalen Statistikbüros deuten auf eine aktuell schwache chinesische Wirtschaft hin - die Industrieproduktion ist im Juli nur noch um 6% gestiegen und die Investitionen in Sachanlagen lagen auf dem tiefsten Stand seit Dezember 2000.

Wir halten den Verkaufsdruck bei den Industriemetallen für überzogen. Denn der Effekt des schwächeren Yuan auf die Rohstoffimporte dürfte relativ gering sein, da die Rohstoffpreise selbst deutlich stärker gefallen sind und die Rohstoffnachfrage wenig preiselastisch ist. Der positive Stützungseffekt für die Konjunktur und die Exporte dürften die Abwertung der Währung mehr als kompensieren.

Der Abverkauf bei den Metallen dürfte durch den Rückzug spekulativer Finanzanleger verstärkt worden sein. Diese hatten in der letzten Woche gemäß LME-Statistik mehrheitlich wieder Netto-Long-Positionen aufgebaut und wurden damit nun auf dem falschen Fuß erwischt.


Agrarrohstoffe

In den letzten zwei Handelstagen verteuerte sich Kaffee Arabica um 10% auf gut 137 US-Cents je Pfund, Kaffee Robusta in etwa halb so stark. Neue Nachrichten gab es nicht, außer dass der Brasilianische Real zuletzt nicht mehr weiter gefallen ist. Offensichtlich brauchten die Marktteilnehmer eine Weile, um die verschlechterten Prognosen für die Kaffeeernte in Brasilien zu verarbeiten.

Nachdem die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ihre Netto-Short-Positionen bei Arabica-Kaffee zuvor auf den höchsten Stand seit Ende 2013 aufgestockt hatten, begann in der Woche zum 4. August eine Reduktion, die sich in den letzten Tagen massiv fortgesetzt haben dürfte. Denn zunehmend wird deutlich, dass das tatsächliche brasilianische Ernteergebnis wohl eher im unteren Bereich der bisherigen Prognosespanne von 40 Mio. Sack bis 52 Mio. Sack liegen dürfte.

Einzelne, wie die Analysten von Procafe, gehen sogar unter die 40 Mio. Sack-Marke, der Nationale Kaffeerat liegt gerade darauf. Denn die Nachwirkungen der Dürre 2014 und früh im Jahr 2015 führen zu schlechter entwickelten, kleineren Bohnen. Gleichzeitig warnte die Internationale Kaffeeorganisation ICO, dass bei den weltweit niedrigen Lagerbeständen negative Ernteüberraschungen zu einem massiven Preisanstieg führen könnten.

Auch wenn abzuwarten ist, ob die Preisbewegung nachhaltig ist: Sie gibt einen Vorgeschmack darauf, was möglich ist, wenn die ICO mit ihrer Prophezeiung richtig liegt.



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