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Ist Bares schon bald nicht mehr Wahres? (Teil 1/2)

27.08.2015  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Retter in die Enge getrieben

Den tödlichen Riss in der weltweit eng verwobenen Kette des Derivate(un)wesens mit akut drohendem Zusammenbruch des Welt-Finanzsystems vermochten die Eliten 1998 noch relativ einfach zu kitten: Der durch zwei Nobelpreisträger geführte Hedgefond "Long Term Capital Management", kurz LTCM, verlor innert Stundenfrist rund 110 Milliarden $, nach heutigen Maßstäben eine Art Taschengeld für Bankster, deren Boni (ohne Gehälter versteht sich) pro Jahr derzeit der globalen Gesamtsumme von 270 Milliarden $ zügig entgegenstreben.

Für einen derartigen Totalverlust braucht man schon zwei Nobel-Laureaten. Jedes Schulkind hätte ein Postsparbuch eröffnet und vielleicht mit 3% im Plus und nicht mit 110 Mrd. $ im Minus gestanden.

Die wichtigsten Wall Street Banken, deren Sinnen und Trachten nicht nach Postsparbüchern stand und steht, hatten eine Art Notsitzung mit Aktien-Kaffeeklatsch und Bond-Gesundheitstorte unter Führung von Goldman Sachs und J P Morgen, wobei eine gewisse Hektik im Zusammentrieb des Bankviehs auf die Rettungsalm nicht ganz abzustreiten war. Nach nur 24 bangen Stündchen hatte man aber die notwendige Kleinigkeit von 110 Milliarden $ im gemeinsam beschickten Kollektenbeutel schon zusammen. Jeder der Anwesenden spendete seinen Notgroschen, und die Welt war gerettet.

Ob eine derartige Rettung dieser Art künftig ebenfalls so einfach möglich ist, darf bezweifelt werden, denn LTCM war nur ein relativ kleiner Hedgefond und es gibt heute weltweit angeblich etwa 7.200 Branchengeschwister, darunter viele wahre Riesen, deren Bilanzsummen in die Billionen $ gehen. Nur ein einziges bis dahin unbedeutendes Familienmitglied brachte das globale Finanzsystem damals an den Rand des Zusammenbruchs.

Was wäre, wenn nicht einer sondern gleich 720 (also nur lächerliche 10%) dieser Fonds in Schwierigkeiten geriete? Dann wären rein theoretisch das 720-fache der damaligen 110 Milliarden $ fällig. Eine nicht mehr lösbare Situation. Die Retter trieben sich selbst in die Enge. Wann reißt die Kette?


Viel zuviel Riss und viel zuwenig Kitt

Das Auffüllen eines Kittungstopfes dieser Größenordnung triebe selbst die Goldman-Männer, den Vatikan, die Londoner City, das Frankfurter Bankenviertel, das Großkapital in Shanghai und Peking sowie die Wall Streeter in der gemeinsam betriebenen Rettungssauna in heftige Schweißausbrüche. Immerhin beläuft sich die echte bzw. wahre Gesamt-Kapitalisierung aller Hedgefonds dieser Erde laut Schätzungen auf angeblich 4 Millionen Milliarden $, was sich jeder Vorstellungskraft entzieht.

Offiziell wird zwar nur ein Bruchteil dieser Summe zugegeben. Man nimmt jedoch zwecks Veröffentlichung nur die offiziell angegebenen Zahlen. Den genauen Wert aller viel, viel größeren heimlichen Deals und nicht registrierten Beträge kennt aus gutem Grund niemand, denn er könnte das gemeine Volk tatsächlich erschrecken. Die wahre Zahl spielt auch längst keine Rolle mehr.

Reißt die Derivatekette, bleibt nicht einmal mehr etwas finanzielle Atemluft für einen Grabgesang übrig. Dann könnten schon mal die guten alten Zeiten der Tauschwirtschaft das tägliche Leben spürbar erleichtern. Kaffee gegen Schnaps, Kartoffeln gegen Garn, Munition gegen Speck, und in manchen Ländern Ehefrau mit gerade mal sichtbarer Augenpartie gegen 1 Milchkuh, 2 Trampeltiere, 48 Hühner oder 5 Ziegen.

Den folgenden "dot.com-Crash" im Jahre 2000 und den dadurch drohenden Zusammenbruch des Welt-Finanzsystems vermochten die Eliten ebenfalls noch relativ einfach abzuwenden. Diesmal reichte die Macht der Großbanken-Kavalkade allerdings nicht mehr aus. Die Zentralbanken mussten einspringen, um den Karren wieder flott zu machen.

Nach der Argentinien-Krise 2002 mussten die Gläubiger 90% ihrer Forderungen abschreiben. So etwas darf uns, also der Elite, nicht noch einmal widerfahren, so der korrektive Grundgedanke. Die Planungen, dies künftig zu verhindern, laufen auf Hochtouren. Negativzins und Bargeldverbot gehören dazu.


Aus traurigem Minus mach flottes Plus

Als es dann 2008 wieder heftig im Finanzgebälk krachte und kriselte, durften die Banken sich selbst bewerten und ihre Bilanz-Tische nach dem Schlaraffenland-Prinzip völlig neu decken. Hunderte, wenn nicht Tausende von ihnen, legten zwei Nachtschichten ein, zeigten sich mit der Korrekturtinte recht großzügig, nach dem Motto: Nur nicht zu kleinlich, es wird nicht geknausert. Hier ein paar Nullen gestrichen, dort ein paar an den richtigen Stellen hinzugefügt, und schon strahlte die Bilanzsonne im neuen Glanze.

Mit ein wenig Nachhilfe wurden z. B. 350 Mio. € (oder $) Verlust einer Bank über Nacht per kreativer Buchführung in einen Gewinn von vielleicht 300 Mio. € (oder $) oder auch öfters etwas mehr "umgewandelt". Das Ganze wurde von den Politikern nicht nur geduldet, sondern diese stimmten den in Wahrheit kriminellen Machenschaften ihrer Busenfreunde freudig zu.

Diese geniale Methode der "Umwandlung", sprich: "Aus Schulden mach Gewinn", von der jeder defizitäre Unternehmer und jeder verschuldete Bürger träumt, bleibt vorerst leider nur den Banken vorbehalten. Wie jammer- jammerschade. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Schuldner aller Länder, vereinigt euch, verzagt nicht, sondern lernt endlich das finanzpolitisch korrekte "Umwandeln" auf der Banken- (oder Schlampen-?)Akademie, betrieben durch die Fortbildungsgesellschaft 'Täusch und Zock AG'.



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