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Sinkende Goldkurse durch steigende Zinsen? - Ganz im Gegenteil!

10.09.2015  |  Adam Hamilton
Die zukünftigen Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Federal Reserve bildeten das Epizentrum der hartnäckigen Schwäche des Goldkurses in den letzten Jahren. Alle Welt scheint davon auszugehen, dass höhere Zinsen den Goldkurs noch weiter nach unten drücken werden, da das Edelmetall selbst keine Zinsen abwirft und damit im Vergleich zu anderem Anlageoptionen an Attraktivität verliert. Diese Annahme veranlasste die Investoren dazu, Gold wie die Pest zu meiden, und die Spekulanten zu Gold-Leerverkäufen von beispiellosem Ausmaß. Doch provokanterweise beweist die Geschichte, dass Gold während der Zinserhöhungszyklen der Fed in Wirklichkeit eine gute Performance hinterlegt.

Es ist verständlich, dass die erste angekündigte Zinserhöhung der Fed seit mehr als 9 Jahren die Aussichten der Goldhändler überschattet. Aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften ist das Edelmetall zwar von sehr hohem Wert für die Diversifizierung jedes Portfolios, aber es generiert keinen Cashflow. Gold wird niemals Dividenden oder Zinsen abwerfen und ist daher eine unproduktive Kapitalanlage. Da Zinserhöhungen aber selbstverständlich zum Anstieg der Anleihenrendite führen werden, nimmt man an, dass die Nachfrage nach Assets ohne Rendite zurückgehen wird.

Diese pessimistische Theorie erscheint auf den ersten Blick vollkommen logisch, doch ihre Grundannahme ist fehlerhaft. Gold brachte zwar noch nie Rendite ein, aber seit Menschengedenken haben die Investoren weltweit das Edelmetall gekauft. Sie waren dabei sicherlich nicht auf der Suche nach einem Asset mit hohen Renditen, sondern entschieden sich aufgrund seiner enormen Stärken in anderen Bereichen für Gold. Wenn die Rendite jemals das entscheidende Kriterium für Goldinvestitionen gewesen wären, wäre Gold tatsächlich mehr oder weniger wertlos.

Gold wurde zwar hinsichtlich der Rendite von buchstäblich allen Anlageprodukten übertroffen, die überhaupt eine Form der Kapitalerträge generierten. Doch in dem Jahrzehnt bis zum August 2011 verzeichnete das Edelmetall dennoch einen Kursgewinn von 638%. Verglichen mit dem S&P 500 war dieser Gewinn gewaltig, denn während der Index zwar ganz nette Dividende abwirft, verlor er im selben Zeitraum von 10,4 Jahren 1,9%. Und in dem zum Januar 1980 geendeten Jahrzehnt schoss der Goldkurs sogar um 2332% in die Höhe, Null-Rendite hin oder her! Und das, obwohl die Anleihenrendite damals ebenfalls extrem hoch waren.

Gold wurde noch nie wegen seiner Kapitalerträge gekauft, und wird es auch in Zukunft nicht. Die Rechtfertigung der heutzutage weitverbreiteten Antipathie gegenüber diesem führenden alternativen Investment mit der Theorie, dass steigende Zinsen den Goldpreis in den Keller drücken werden, ist nur eine fadenscheinige Rationalisierung des allgemeinen Pessimismus. Bedenken Sie, wie naiv diese "Rendite-über-alles"-Einstellung an den Aktienmärkten wirken würde, wo auf viele der begehrtesten Wertpapiere, wie beispielsweise auf die von Amazon und Netflix, niemals Dividende ausgezahlt wurden.

Diese Aktien sind unproduktive Assets genau wie Gold, und dennoch stehen sie an der Wall Street hoch im Kurs. Ihre Preise werden - wie der Goldpreis - vom Verhältnis zwischen Angebots- und Nachfrageseite an der Börse bestimmt und haben mit der Tatsache, dass sie keine Dividenden abwerfen, nichts zu tun. Haben Sie jemals jemanden argumentieren hören, dass ein höheres Zinsniveau die Kurse der Aktien, auf die keine Dividenden ausgeschüttet werden, zum Absturz bringen wird? Natürlich nicht, und dieses Argument wird auch nicht intelligenter, wenn man es auf Gold anwendet.

Statt also blind die heute vorherrschende Ansicht zu akzeptieren, dass Gold angesichts der bevorstehenden Zinsanhebung durch die Fed dem Untergang geweiht sei, überprüfen wir lieber einmal die historischen Fakten. Die viel zu akkomodierende Fed hat die Zinssätze zwar schon seit vielen Jahren nicht mehr erhöht, doch in der neuen Geschichte gab es bereits genügend Beispiele für zyklische Zinsänderungen. Wie also hat sich das keinerlei Rendite bringende Gold in Zeiten der restriktiven Geldpolitik der Zentralbanken verhalten? Sind Zinserhöhungen wirklich eine Gefahr für Gold?

Um das herauszufinden, habe ich die täglichen Daten zum Zinssatz in den USA für den Zeitraum von fast einem halben Jahrhundert direkt von der Fed heruntergeladen. Die sogenannte Federal Funds Rate (FFR) ist der Leitzins, der direkt von der US-Notenbank kontrolliert wird und der durch Anheben oder Senken zur Einhaltung der geldpolitischen Ziele verwendet wird. Zu diesem Zinssatz können die amerikanischen Finanzinstitute untereinander über Nacht Geld leihen und verleihen, um ihre Mindestreserveanforderungen bei der Fed zu erfüllen. Die meisten anderen Zinssätze leiten sich von der FFR ab.

In einer todlangweiligen Übung in Monotonie habe ich jede Entscheidung des Offenmarktausschusses der Fed (Federal Open Market Committee, FOMC) seit 1971 studiert, in der der jeweils angestrebte Zinssatz festgelegt wurde. Und davon gab es eine Menge: Das FOMC hat den Leitzins in den vergangenen 46 Jahren genau 251 mal geändert. Für mich war diese hohe Zahl ziemlich verblüffend. Der Offenmarktausschuss hält jährlich acht die Geldpolitik betreffende Sitzungen ab, also insgesamt etwa 368 innerhalb der untersuchten Zeitspanne.

Das würde bedeuten, dass das FOMC die Zinsrate bei mehr als zwei Drittel seiner Sitzungen erhöht oder gesenkt hat, war mir viel zu viel erscheint. Das ist wahrscheinlich auch zu hoch gegriffen, da der Leitzins manchmal auch zwischen den Sitzungen geändert wird, wenn volatile Märkte den Mitgliedern des Ausschusses genügend Sorgen bereiten. Innerhalb des letzten halben Jahrhunderts gab es jedenfalls ausreichend viele Zinserhöhungen, um statistisch betrachten zu können, wie sich der Goldkurs in diesen Zeiten entwickelt hat.

Da die Spekulanten und Investoren derzeit vor allem besorgt darüber sind, wie sich Gold bei anhaltend höheren Zinsen verhalten wird, habe ich bei meiner Analyse isolierte Anhebungen ignoriert, die in eine Zeit des allgemein sinkenden Zinsniveaus fielen. In sechs Fällen wurde die Federal Funds Rate zudem zweimal hintereinander erhöht, dann aber wieder gesenkt. Ein oder zwei isolierte Erhöhungen sind aber mit Sicherheit noch kein Zyklus.

Ich habe mich daher entschieden, einen Zinserhöhungszyklus großzügig als drei oder mehr aufeinander folgende Zinsanhebungen ohne zwischenzeitliche Senkung zu definieren. Diese Zyklen beginnen mit der ersten Anhebung der FFR und enden mit der letzten, bevor die Fed wieder mit der Senkung des Leitzinses beginnt. Wenn man diese Definition zugrunde legt, gab es seit 1971 elf solcher Zinserhöhungszyklen. Die Performance von Gold in diesen Zeiten ist ausschlaggebend für die aktuellen Aussichten des Edelmetalls.


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